Kapitel 33
Der Schnee taute nur sehr langsam, weshalb sie sich dazu entschieden, diese mit den schaufeln und per Magie wegzuräumen, um den Boden frei zu legen.
Das musste sein, denn sonst würden sie Ewigkeiten warten oder ertrinken.
Luana wunderte sich nicht einmal mehr darüber, dass Amon mit anpackte. Auch nicht, dass Sienna im Baum auf einem Ast saß und döste. Es musste sehr anstrengend gewesen sein und sie hatte sich die Ruhe eindeutig verdient. Vor allem, da sie die Gruppe ohne Pause geführt hatte. Lediglich einmal hatte sie sich für ein paar Stunden von Amon Huckepack tragen lassen.
Es war rührend, wie sich der Vampir um sie kümmerte.
Luana schaufelte den Schnee in den Behälter, bis dieser voll war. Dann brachte Seiden ihn nach draußen, um ihn dort zu entleeren. Andere nutzten Magie und ließen ganze Blöcke Eis und Schnee schweben, doch das konnte Luana nicht. Noch nicht. Sie nahm sich fest vor, es zu lernen. Schon allein, um ihre Liebsten schützen zu können.
Ragnar war in ihrer Nähe und nutzte seine Magie. Oft erwischte sie sich dabei, wie sie ihn anstarrte und ihre Arbeit vergaß. Niemand schien es ihr Übel zu nehmen, denn im Grunde konnte sie ohne Magie nicht so viel beitragen. Dennoch gab sie ihr Bestes.
"Willst du versuchen, es zu lernen?", fragte Sienna, die so plötzlich neben ihr auftauchte, dass Luana zusammenzuckte und den Schnee auf ihrer Schaufel herumwarf.
Sienna kicherte belustigt, blickte die aber fragend an.
Langsam nickte Luana. Es war sicher gut, wenn sie es lernte.
"Dann schließ dich uns an", bot Sienna an. Luana bemerkte, dass es neben ihr auch noch andere Interessenten gab. Darunter sogar Seydon, der nachdenklich bei ihnen stand. Luana erkannte sogar ein leichtes Funkeln in seinen Augen. War er aufgeregt?
Luana schloss sich der Gruppe an und wenig später versuchten sie gemeinsam zu lernen, wobei sie in der Nähe des Baumes blieben. Um die herum wurde weiter gearbeitet und nach und nach die Erde freigelegt. So weit, dass die ersten Kutschen und Tiere auf festem Grund stehen konnte. Zudem bemerkte Luana, dass es irgendwann, als es schon längst dunkel war, aber noch keiner daran dachte zu schlafen, nach frisch gebratenem Fleisch roch.
Irgendwo musste ein kleines Lagerfeuer sein.
Sienna schnupperte in der Luft. "Sieht so aus, als wäre das für uns das Zeichen, Pause zu machen", entschied die mit einem zufriedenen Lächeln. "Ihr habt wirklich viel gelernt heute."
Luana lächelte zögerlich. So ganz stimmte sie mit Sienna nicht überein, denn sie hatte bisher immer noch keinen Schnee bewegen können, doch ihr Körper sagte, das sie erst einmal genug getan hatte. Die Reise war immerhin auch sehr anstrengend gewesen.
"Sienna? Darf ich sich etwas fragen?", wollte Luana zögerlich wissen, als die anderen langsam zum Feuer schlenderten und sie mit Sienna zurückblieb.
"Klar", antwortete die Itari mit einem herzlichen Lächeln.
"Wie kann es sein, dass du uns direkt hierherführen könntest?", wollte sie wissen, denn darüber möchte sie sich schon sehr lange Gedanken.
Sienna lächelte schief. "Das hier war einst ein wunderschönes, fruchtbares Land. Damals, als die Itaris hier noch lebten. Meine Familie ist mit diesem Land verbunden. Meine Urgorßmutter hat es fruchtbar gemacht. Als der Krieg, der am Ende die Itaris versklavt, ausbrach, vergingen die Zauber und die Kälte nahm das Land in Besitz. Dieser Baum wurde von all meinen Vorfahren mit ihrer Magie getränkt. Ich kann ihn spüren. Über ihn bin ich mit der Umgebung verbunden."
"Du weißt viel über die vergangenen Tage", bemerkte Luana skeptisch. "Dabei dachte ich, dass du gar nicht so alt bist."
Sienna lachte leise. "Nein, ich bin nicht alt, aber ich bin bei meiner Mutter aufgewachsen und hatte das Privileg ihr Blut trinken zu dürfen. Damit habe ich ihre Erinnerungen mit der Zeit übernommen. So wie sie die meiner Großmutter. Damit geht unser Gedächtnis sehr weit zurück."
Luanas Augen wurden groß. "Das geht?", fragte sie überrascht. Das hörte sie zum ersten Mal.
Sienna grinste. "Darum weis ich auch, dass hier Magie eigentlich nicht so leicht einsetzbar ist, wenn man nicht ... gewisse Voraussetzungen erfüllt."
Jetzt wurde Luana neugierig. Was waren das für Voraussetzungen? Und warum formulierte Sienna das so seltsam? Wollte sie nicht darüber reden?
Luana wollte gerade dazu ansetzen zu fragen, als sie gerufen wurden. Es gab Essen. Zudem mussten sie weiter machen, damit sie bald genug Platz hatten, um das erste Gebäude zu errichten.
Als sie losgezogen waren, hatte Luana geglaubt, dass sie sich verstecken wollten. Das war jedoch nicht der Plan. Sienna und Amon wollten eine Stadt aufbauen, in dem jeder leben konnte. Ob ehemals Sklave oder nicht.
Eine schöne Idee, bei der jedoch Vorsicht geboten war. Man musste sie verteidigen können, was im Moment noch nicht gegeben war. Bisher hatten sie nur den Schutz der Eiswüste.
Jeder, der hier war, wusste, dass sie viel arbeiten mussten, wenn sie es schaffen wollten. Die Wahrscheinlichkeit, dass andere ihnen in die Eiswüste folgten, war gering. Allerdings wusste Luana auch, dass man sie nicht als eigene Stadt anerkennen würde.
Bis sie eine Stadt waren, qürde es jedoch sehr lange dauern.
Als sich alle um das Feuer herum versammelt hatten, begannen Sienna und Amon dami, die Aufgaben zu verteilen.
Sienne bot sich sogar an, über die weite Schneelandschaft zu fliegen und Ausschau nach Verfolgern zu halten.
Luana fand die Idee gut, da sie wohl die Einzige war, die heil zurückfinden würde.
"Schlechte Idee. Wenn dich jemand angreift und fängt, verlieren wir deinen Schutz", bemerkte Amon. "Ohne deine Gabe können wir hier noch lange nicht überleben", erinnerte er sie, was dafür sorgte, dass Sienna die Schultern hängen ließ. Es schien, als würde sie ihm stumm zustimmen.
"Aber eine Verteidigung wäre wichtig", bemerkte Ragnar, der nachdenklich wirkte.
"Wie gut könnt ihr Wölfe im Schnee euere Spuren finden?", fragte Amon nachdenklich.
"Das sollte machbar sein, würde aber auch Feinde anlocken", gab Ragnar zu bedenken.
Luana lauschte den Gesprächen und Diskussionen. Auch andere mischten sich ein und so erzielten sie keine Einigung.
Es gab so viel zu bedenken, dass Luana der Kopf schwirrte. Gleichzeitig war sie unglaublich glücklich und stolz Teil dieses Neuanfangs zu sein.
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Luana-Tochter des Mondes (Leseprobe)
مستذئبBEENDET Als die Werwölfin Luana im Dunkelwald einen fremden Mann findet, der ganz eindeutig nicht zu ihrem Rudel gehört, beginnt für sie eine Reise, die ihr einiges abverlangt. Sie deckt das Geheimnis ihres Rudels auf und alles, was sie kennt, brich...