Kapitel 6

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«Dann sind wir ihr gefolgt. Sie sprang von Baum zu Baum und dann habe ich mein Messer gezogen und auf sie geschossen. Ich glaube ich habe sie getroffen. Doch dann ist sie wie ein Tier durch die Bäume und davon. Sie ist bestimmt verletzt und hat sich in eine Höhle verkrochen. Sie ist wie ein Tier durch die Bäume. Ich vermute, dass sie als Waisenkind, verstossen von den Eltern, aufgewachsen ist. Deshalb war sie so flink auf den Bäumen, da das ihr zuhause ist.» Die rothaarige Zicke lacht. Ich schnaube bloss.
Erstens, hat sie mit keinem Messer geschossen und mich schon gar nicht verletzt. Und zweitens bin ich kein ausgestossenes Waisenkind. Wobei doch ein Waisenkind bin ich mehr oder weniger. Oder?

Ich schaue zu meinem zweiten Verfolger, der anscheinend keine Lust hat die Lüge aufzudecken. Stattdessen reisst er irgendwelche Witze und lässt hier und da einen Kommentar ab.

«Was sitzt auf dem Baum und sagt Aha? Ein Uhu mit Sprachfehler.» Es lacht niemand über den Witz, doch wenigstens grinst der einte oder andere.

«Vincent halt die Klappe. Niemand findet diene Witze lustig. Schauen wir lieber, wie wir diese Göre finden können. Ich habe keine Lust, dass sie uns irgendwie auffliegen lässt.» Schnaubt ein muskulöser Junge, der ganz in schwarz gekleidet ist. Er fasziniert mich irgendwie, auch wenn er mich Göre genannt hat. Göre?!

Ich habe gar nicht gemerkt, wie ich mich vom Baum hervor gebeugt habe. Ich muss einfach. Doch dabei knacks der Ast ein wenig und ich ziehe mich ruckartig zurück. Gerade noch rechtzeitig, denn der Junge, der gerade noch zu Vincent gesprochen hatte, schaut mit seinen leuchtend grünen Augen in meine Richtung. Diese Augen! Ich könnte diese niemals vergessen. Es scheint, als würde man ins Universum schauen.
«Was ist Arek. Hast du etwas gesehen.» Fragt die Rothaarige. Arek also.

«Nein. Ich dachte etwas gehört zu haben. Doch ich muss mich getäuscht haben.» Sagt Arek.
«Und in übrigen glaube ich nicht, dass diese Göre uns noch stören würde. Sie wimmert irgendwo in einer Ecke und versauert. » spricht die rothaarige weiter. Was haben die denn alle gegen mich. Ich bin doch keine Göre!
«Was habt ihr eigentlich alle gegen sie. Sie hat euch doch gar nichts getan. Nur weil sie nicht gejagt werden möchte und euch davongekommen ist, ist das noch lange kein Grund sie Göre zu nennen.» Sagt ein Junge, der sich bisher aus der Diskussion rausgehalten hatte. Aber ich mag ihn irgendwie. Natürlich nur, weil er mich verteidigt hat. Er bringt es einfach auf den Punkt!
«Miko, uns ist sie davongekommen, uns. Verstanden!» Arek sieht ihn mit zusammen gekniffenen Augen an.
«Auf jeden Fall ist das jetzt unwichtig. Wir müssen uns lieber auf unsere Aufgabe fokussieren.» Sagt die rothaarige, deren Namen ich noch nicht weiss. Alle in der Runde brummen zustimmend.

Ich lehne mich am Stamm zurück und geniesse den Sonnenuntergang, während ich die Nacht abwarte.


Ich muss eingeschlafen sein, denn als ich aufwachte, war die Sonne schon lange verschwunden und die Maskierten am Schlafen. Wobei einer immer Wache hält. Zum Glück war ich nicht laut während dem Schlafen, was bei mir eigentlich nicht üblich ist.

Was ist jetzt für Zeit? Wird es womöglich bald Morgen sein? Wenn schon dann muss ich mich beeilen.

Ich schaue mich um und entdecke Arek, der gerade die Wache schiebt. Bei ihm muss ich besonders leise sein, denn von allen sechs sieht er mir als der stärkste, tapferste und aufmerksamste aus.

Leise klettere ich am Baum hinunter. Als ich unten ankomme, ziehe ich meine Mundbedeckung hoch, um erstens meinen Atem abzudämpfen und um zweitens mehr mit der Nacht verschmelzen zu können. Die Nacht! Ja die Nacht ist wie für mich geschaffen. Ich bin quasi der Schatten der Nacht. Niemand wird mich erkennen.

Ich schleiche von Baum zu Baum, immer näher an das Lager heran. Arek macht seine Aufgabe gut und macht immer schön runden um das Lager.

Nun bin ich schon ganz in der Nähe des Pferdegeheges. Ich muss nur noch das Pferd befreien.

Ich warte bis Arek an mir vorbei ist und dann renne ich hinter seinem Rücken auf das Gehege los und springe leichtfüssig darüber. Ich habe kein einziges Geräusch verursacht und so hat er es auch nicht bemerkt. Nun schleiche ich zwischen den schlafenden Pferden umher, um Echec ausfindig zu machen. Das Gehege ist sehr gross und deshalb brauche ich lange, bis ich ihn endlich gefunden habe. Er war der Einzige, der nicht geschlafen hatte.

«Pst. Bist du wach.» flüstere ich in die Nacht hinein.
«Na endlich kommst du. Ich dachte schon, du hättest mich vergessen.» Echec schnaubt beleidigt.
«Jetzt bin ich ja da. Dann können wir verschwinden.»
«Das befürchte ich. Einer dieser Idioten hat mit seinen Messern nach mir geschossen. Es ist tatsächlich schon beim ersten Schuss in meinem Oberschenkel stecken geblieben. Ich glaube der Idiot heisst Arek oder so...? Ich blute zum Glück nicht mehr, doch ich befürchte trotzdem, dass ich überleben werde, geschweige denn abhauen kann.»
Mist! Mist, Mist, Mist, Mist! Das kann doch nicht wahr sein! Ich wollte lediglich ein Pferd haben, um schneller meine Aufgabe zu absolvieren. Doch stattdessen werde ich von Maskierten Menschen verfolgt und muss dann noch ein Pferdeleben retten. In was bin ich bloss da rein geraten.

«Bitte versuch doch wenigstens abzuhauen. Ich verspreche dir, dass ich dich danach gesund Pflegen werde. Du musst nur mit mir über diesen Zaun springen und dann wird alles wieder gut. Versprochen.» Bettle ich.
«Ich glaube nicht, dass ich das Schaffen werde.»
«Ich glaube aber schon.» Ich mache ein schmoll Mund, wobei Echec ohnehin nichts in dieser Dunkelheit sehen kann. Aber egal.
«Na gut. Ich werde es versuchen. Aber nur, damit ich nicht mehr mit all diesen anderen Hohlköpfen von Pferden sein muss.»
Na geht doch.
«Ich werde auf dein Rücken liegen. Und genau in diesem Moment, wo Arek uns den Rücken zukehrt und uns nicht anschaut, schiesse ich ein Pfeil in ein Gebüsch, sodass seine Aufmerksamkeit dahin gerichtet ist. Dann sprintest du los. Verstanden?» Echec schnaubt leise. Ich deute das als Zustimmung.

Leise lege ich mich auf den Rücken von Echec. Ich muss vorsichtig sein, dass ich nicht mit der Wunde in Kontakt komme.
Sobald ich auf dem Rücken bin, lege ich mich flach darauf. Sofort steigt mir der Geruch nach Pferd und Heu in die Nase. Ich atme den Duft ein und geniesse den Moment.

Und dann bin ich so weit.

Gefährliche Liebe/ The forces that slumbers in meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt