Vorbereitung

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Ich schrecke aus dem seichten Schlaf – oder doch eher aus der Bewusstlosigkeit? – auf, als ich Stimmen höre. Trotz der Beschwerden und Darias besorgtem Nachfragen bin ich irgendwie weggetreten. Ich bin solche Schmerzen zwar gewöhnt, aber in der Regel konnte ich sie hinterher versorgen und im Notfall auch Schmerzmittel einnehmen. Hier scheint man von dem Brauch Verletzungen zu behandeln jedoch nichts zu halten. Ich schiele zu meiner etwa 4cm langen Wunde am Unterarm, auf ihr hat sich größtenteils ein dicker Wundschorf gebildet, an einem Ende nässt sie jedoch noch etwas. Aus dem Augenwinkel erkenne ich einen kleinen Blutfleck auf meinem Oberteil. Den Kopf etwas hebend betrachte ich die Stelle genauer. Mein Shirt hat dort einen langen Riss, zwischen dem mein nackter Bauch hervortritt. Dieser wird von einer weiteren kleinen Wunde und einem großen blauen Fleck verziert.

„Na, wie geht's dem Miststück?"

Ich zucke zusammen, als Aiden mich anspricht. Dieser steht vor der Gittertür und funkelt mich wütend an. In dem Moment bin ich froh, dass er durch die Tür von mir getrennt ist. So habe ich ihn nicht kennengelernt. „Wir haben uns beide verstellt." Auf seine Frage, die er sicher nicht aus Höflichkeit gestellt hat, antworte ich nicht. Stattdessen lege ich meine Stirn in Falten und töte ihn mit meinen Blicken. „Wenn das doch funktionieren würde..."

Aiden wirft ein trockenes Stück Brot auf mich und stellt einen Becher mit Wasser auf meine Seite der Tür. Die Hand zieht er schnell zurück, als wäre ich ein Tiger, der sie sofort abbeißen würde. „Mehr gibts für dich als Frühstück nicht!", knurrt er noch und wendet sich zum Gehen hin.

Das Brot liegt auf meinem Bauch, sodass ich es mit meinen gefesselten Händen erreiche, aber ich habe keine Chance, an den Becher zu kommen. „Halt!", rufe ich, was ihn in der Bewegung innehalten lässt. „Wie soll ich an den Becher gelangen?" Den zynischen Unterton kann ich nicht ganz ablegen.

Aiden blickt abwechselnd von dem Becher zu mir und wieder zu dem Becher, dann murmelt er etwas unverständliches und schließt die Tür auf. Schnell stellt er den Wasserbecher neben mich und flüchtet dann quasi aus meiner Zelle. In ebenso rasanter Geschwindigkeit verriegelt er die Tür wieder mit dem Vorhängeschloss und verlässt den Keller. Das Licht im Flur erlöscht – der endgültige Beweis, dass Daria und ich wieder alleine sind.

Mühsam richte ich mich auf und lehne mich mit dem Rücken gegen die Betonwand. Als ich dann nach dem Wasser greife und trinke, merke ich erst, wie durstig ich doch bin. Mit großen Schlucken leere ich den Becher bis zur Hälfte und esse das mein Brot. Dieses kann man aber als solches gar nicht mehr bezeichnen, es ist so hart wie ein Stein. Daher tunke ich es im Wasser, um es wenigstens essbar werden zu lassen. Auch wenn sich alles in mir sträubt zu essen, so weiß ich, dass ich jede Kleinigkeit für einen erneuten Fluchtversuch brauche. An Daria gerichtet, frage ich: „Ist dein Brot auch so hart?"

„Es geht, allerdings tauche ich es in den Kaffee ein, sodass es genießbar ist."

„Kaffee – ich habe sicher nur wegen meiner Aktion Wasser bekommen. Aber egal, Kaffee ist heißes Wasser mit Geschmack." „Ja, ich tunke auch ins Wasser."

„Darf ich dich was fragen?", erkundigt sich Daria mit zarter Stimme.

„Na klar."

„Was ist passiert, als du da oben warst?"

„Ich habe Aiden überwältigt und eingeschlossen. Blöderweise hat er mehrere menschliche Wachhunde. Mit zweien kam ich zurecht, mit der Horde leider nicht mehr."

„Wow, das könnte ich niemals."

„Doch, Daria, auch du könntest es, wenn du mit einer Freundin jahrelang trainiert hast." „und Beihilfe zu Mord geleistet hast", füge ich in Gedanken zu.

HELenAWo Geschichten leben. Entdecke jetzt