Mit brummendem Kopf komme ich wieder zu mir. Noch bevor ich meine Augen öffne, fallen mir die Geschehnisse auf der Skipiste ein. Genervt frage ich mich, ob auf meiner Stirn ‚Bitte entführen' steht – immerhin ist das schon meine Zweite. Zunächst lauere ich, doch da ich keinerlei Geräusche wahrnehme, schlage ich meine Augenlider auf. Ein zweites Déjà-vu ereilt mich am heutigen Tage – oder ist es schon der Nächste? – als ich ein modriges, renovierungsbedürftiges Kellerloch erblicke, dessen Ausgang mit einer Gittertür gesichert ist. Ich selbst liege auf einer schäbigen Matratze nahe der grauen Betonwand. Eine Lampe in der Mitte des Raumes baumelt an einem sichtbaren Kabel und spendet unangenehmes Licht. Ein Fenster besitzt dieses Loch leider nicht. Ich rappele mich trotz Schmerzen auf und kontrolliere die Gittertür. Leider ist sie wie bei Aiden mit einem Vorhängeschloss gesichert. Ich versuche, einen kühlen Kopf zu bewahren, doch es fällt mehr schwer. Meine Kopfschmerzen treiben mich in den Wahnsinn, mein rechter Arm schmerzt bei jeder Bewegung. Mühevoll entkleide ich mich der Skijacke und raffe den Ärmel meines Wollpullovers nach oben und erkenne das Unheil: Mein halber Arm ist blau, ein riesiges Hämatom hat sich dort wohl in Folge des Sturzes gebildet. Unter Schmerzen bewege ich ihn, um zu kontrollieren, ob nichts gebrochen ist. Dem scheint nicht so zu sein, doch kämpfen kann ich erst einmal mit dem Arm nicht. Nichtsdestotrotz möchte ich dieses Verließ so schnell wie möglich verlassen, egal welches Wetter draußen herrscht. Mittlerweile wärmt die Sonne tagsüber bereits ganz gut, im Tal schmilzt bereits der Schnee. Daher sollte eine Flucht temperaturmäßig machbar sein, zumal ich meine Skikleidung trage. Wütend rüttele ich an der Gittertür, um ihre Aufmerksamkeit zu gelangen.Tatsächlich kommt auch wenig später ein schmieriger Typ mit einem Schlüssel angelaufen. „Oh, Dornröschen ist wach", begrüßt er mich.
„Mach die verdammte Tür auf, ich muss auf Klo", knurre ich ihn an. Ich muss wirklich diesen Ort aufsuchen, allerdings möchte ich diese Gelegenheit auch nutzen, um mich hier umzusehen.
Mein Gegenüber schnaubt, schließt die Tür aber auf. Mit seiner Hand hält er mich an meinem unverletzten Arm fest, wobei ich erkenne, dass seine Fingernägel ziemlich lang sind. Allgemein macht er einen ungepflegten Eindruck, seine labbrige Kleidung weist Flecken auf und seine Haare sehen so aus, als wären sie seit mehreren Tagen nicht gewaschen worden. Anders als bei Aiden befindet sich wohl ein Klo im Keller, da wir keine Treppe nach oben gegangen sind. Der Typ stößt eine Tür auf, schubst mich unsanft hinein und schließt diese sofort wieder. Kaum fällt sie ins Schloss, höre ich auch schon einen Schlüssel. Nicht weiter auf die verschlossene Tür achtend schaue ich mich in dem kleinen Raum um. Dieser besitzt ein kleines Fenster direkt unter der Decke, aus dem ich unmöglich hinausklettern könnte, selbst, wenn ich es erreichen würde. Ansonsten befindet sich hier eine Toilette, die einer Öffentlichen von der Sauberkeit her gleicht, genau wie das Waschbecken nebenan. Dennoch entleere ich angewidert meine Blase und wasche mir im Anschluss meine Hände. Zu meinem Glück gibt's hier immerhin ein kleines Stück Seife. Ansonsten gibt es hier nichts – kein Schrank, kein Spiegel, einfach nur graue Wände. Weder der Gang hierhin noch der Raum selbst hilft mir bei einem Fluchtplan. Um zu signalisieren, dass ich fertig bin, trete ich zweimal gegen die Tür. Kurze Zeit wird diese geöffnet und ich in den Raum, indem ich aufgewacht bin, zurückgebracht. Als der Gangster die Tür wieder schließen möchte, halte ich ihn mit Worten auf: „Wieso habt ihr mich entführt?"
„Der Boss kommt gleich", antwortet dieser allerdings ausweichend.
Um eine Antwort auf meine Frage zu halten, muss ich wohl warten. Da mir relativ warm ist, entledige ich mich, nachdem der Typ verschwunden ist, meiner Skihose, da ich darunter noch eine Leggings trage. Anschließend lege ich mich noch ein wenig hin, in der Hoffnung, es würde meine Kopfschmerzen lindern. Kurz darauf höre ich aber Schritte und ich setze mich auf. Gebannt starre ich auf die Gitterstäbe, wohinter augenblicklich eine Person tritt. Diese Person ist männlich, groß und mir in schlechter Erinnerung. Ich lasse ihn gar nicht zu Wort kommen, sondern frage sofort: „Was soll das hier, Lorenzo?"
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HELenA
Teen FictionKurz nachdem Helena entführt wurde, lernt sie ihren Entführer kennen - ein alter Bekannter. Sein Plan: sie zu verkaufen. Helena aber denkt gar nicht daran, den skrupellosen Menschenhändlern zu gehorchen, auch nicht dem, der sie kauft und nach Italie...