Erste Lektion

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Schläge prasseln unentwegt auf meinen entblößten Körper. Noch bevor ich durch die Panikattacke das Bewusstsein verlor, kam Eliandro mit einem süffisanten Grinsen in den Raum marschiert. Das von ihm angeschaltete Licht ließ mich wieder klar denken, wobei ich meine Situation nicht verbesserte. Statt irgendwie reumütig zu reagieren, klammerte ich mich mit meinen Händen an die Kette, mobilisierte meine Kräfte und stieß ihn mit beiden Füßen an der Brust zu Boden, als er nah genug stand. Verdutzt saß er erst mal auf dem Boden, doch dann packte ihn die Wut. Er fesselte meine Beine mit einem Seil und befestigte des Seilende irgendwo hinter mir. Danach öffnete er seinen Gürtel und ich befürchtete bereits das Schlimmste, vor allem als er mein Shirt und meine Hose zerschnitt. Stattdessen zog er ihn sich aus und seitdem hageln Schläge auf meinen zierlichen Körper. Ich habe während der letzten Tage abgenommen, meine unteren Rippen sind schon sichtbar. Die Genugtuung zu schreien, gebe ich ihm jedoch nicht, ich beiße meine Zähne fest aufeinander. Kein Wort sagt er zu mir, während mein Vater mich vorher immer als ‚nutzlose Schlampe' titulierte. Genau wie ich das immer ertragen habe, tue ich es jetzt auch. Trotzdem gibt es einen gewaltigen Unterschied: Bei ihm wollte ich mich nicht wehren, da er immer noch mein Vater ist, aber Eliandro würde ich am liebsten auf der Stelle umbringen. Mein Bauch und Rücken brennen wie Hölle, meine Arme schmerzen, meine Hände sind bereits eingeschlafen. Einen kurzen Moment denke ich darüber nach, aufzugeben, aber nicht indem ich ihm gehorche, sondern indem ich Dave in den Tod folge. Aber dann denke ich wieder an Mina und schwöre nicht aufzugeben. Nach unzähligen Schlägen stoppt er meine Folter und rauft sich die Haare. „Perché stai facendo così?", murmelt er auf italienisch. Er wirkt verzweifelt, dabei hätte er es ganz einfach, wenn er mich gehen lassen würde. Wieder gefasst kündigt er mir an: „Das ist deine erste Lektion, ich hoffe keine weiteren folgen lassen zu müssen. Jede weitere wird härter!"

Ich reagiere gar nicht auf seine Aussage, sondern hänge relativ schlaff in den Fesseln. Meine Beine fühlen sich wie Pudding an und wollen jeden Moment nachgeben, aber dann verstärken sich die Schmerzen auf meinen Schultern, die allmählich sowieso unerträglich werden. Zu meinem Glück löst Eliandro erst die Fußfessel und dann die Handschellen, woraufhin ich zu Boden sacke. Meine Arme beginnen unangenehm zu kribbeln und sind nicht zum Abstützen geeignet. Ein Arm legt sich um meine Taille und bewahrt mich so vor dem unmittelbaren Aufprall auf den Boden. Mir ist es unangenehm, mich gegen die Person lehnen zu müssen, die mich eben noch geschlagen hat, aber ich habe keine Kraft, ohne Hilfe zu stehen. Mühelos hebt er mich hoch, während ich wie ein nasser Sack in seinen Armen liege. Anders als erwartet trägt er mich nicht zurück zu meiner Wohnung einen Stock drüber, sondern legt mich auf eine völlig vergilbte, versiffte Matratze in einer der Gitterzellen bei den Mädchen. Mein Wunsch, mich gleich bei kühlem Wasser in die Wanne legen zu können, zerplatzt wie eine Seifenblase.

„Du wirst alles aufessen, was ich dir bringen lasse!", weist er mich noch an, bevor er die Zelle verlässt und das Vorhängeschloss mit einem Klick schließt.

Alles erinnert mich an Adrians Zellen und die nächste Frage sprudelt nur so aus mir heraus: „Wie geht es Daria?"

Entgeistert schaut mich Eliandro an. „Ich habe dich geschlagen und hier eingesperrt und alles, was du wisse möchtest, ist, wie es Daria geht; einem Mädchen, das du nur ein paar Stunden kanntest?"

Ich nicke entschlossen, soweit das in meinem kraftlosen Zustand machbar ist.

Kopfschüttelnd seufzt er, antwortet dann aber: „Ihr geht es gut, sie ist nicht so aufsässig wie du."

Diesmal nicke ich aus Dank und schließe erschöpft meine Augen. Ich höre noch, wie sich Eliandros Schritte entfernen und drifte in den Schlaf ab.

Stimmengewirr weckt mich wieder auf. Vor mir steht ein Tablett, darauf ein ähnliches Frühstück, was mir Sara immer zubereitet hat, allerdings mit zwei Brötchen. Ich richte mich etwas auf und blicke zu den übrigen Mädchen, die mich mittlerweile verstummt anstarren. „Was ist los?", frage ich sie ahnungslos.

HELenAWo Geschichten leben. Entdecke jetzt