Wie angekündigt holt uns Aiden ab, mich jedoch in Begleitung zweier Bodyguards, was mir ein Grinsen entlockt. In der Zwischenzeit habe ich Daria versucht Mut zu zusprechen, da sie wirklich verzweifelt ist. Ich gebe zu, dass mich die Entführung auch nicht kalt lässt, aber im Gegensatz zu ihr habe ich Hoffnung. Diese stützt sich zum einen auf Minerva und zum zweiten auf meine Fähigkeiten. Genau wie sie kann ich Verbrecher skrupellos töten und verspüre dabei keine Emotionen. Für mich sind sie einfach nur Abschaum, die es nicht verdient haben zu leben. Dazu zählen Mörder und auch Vergewaltiger. Mina hingegen hat bisher zur Mörder getötet, sie findet die gleiche Strafe als angemessen, die ihre Opfer selbst verrichtet haben. Noch immer kann ich nicht verstehen, warum sie sich nicht an Jackson gerächt hat, aber ich bin mir sicher, das wird sie jetzt nachholen – genau wie sie den Komplizen ausfindig machen und töten wird. Indirekt gebe ich mir ebenfalls die Schuld an Daves Tod. Hätte ich Jackson trotz ihrer Bedenken getötet, wäre ihr Freund noch am Leben. Ich könnte mich dafür schlagen, dass ich seine Drohungen ihr gegenüber nicht Ernst genug genommen habe.
Feste Griffe an beiden Armen holen mich aus meinen Gedanken. Entgegen meiner Erwartung wurden mir keine Fesseln angelegt, stattdessen werde ich von den beiden Bodyguards abgeführt. Ich lasse es widerstandslos geschehen, da ich selbst unverletzt keine Chance hätte. Im Haus werde ich in einem Saal auf eine Bühne geführt, auf der sich bereits weitere Mädchen in derselben Kleidung befinden. Davor sitzen gierig blickende Männer auf Stuhlreihen, die teilweise miteinander diskutieren. Ich werde zwischen Daria und einem weiteren Mädchen gestellt und soll laut Anweisung dort stehen bleiben. Da je zwei Muskelprotze die Türen bewachen, wage ich keinen erneuten Fluchtversuch. Stattdessen starre ich in die Menge und versuche sie mit meinen Augen zu töten. Mit meinem Blick begegne ich auch dem tätowierten Mann, den ich ebenfalls mit einem bösen Blick bedenke. Diesen scheint das allerdings zu amüsieren, da er mich nun grinsend betrachtet. Leicht den Kopf schüttelnd wende ich mich ab und betrachte die anderen Männer. Alle tragen augenscheinlich teure Anzüge, manche sogar mit Krawatte oder Fliege. Es sind sowohl alte als auch junge unter ihnen, wo ich mich frage, warum sie so etwas hier unterstützen. „Die denken wohl, alles ist käuflich." Ich schiele zu den Mädchen, die allesamt ihre Köpfe demütig gesenkt halten. Das fällt mir nicht ein. Nur weil ich eine Frau bin, bin ich nicht minderwertig. Die aufkommende Wut lässt mich mein Kinn noch stolzer in die Höhe strecken, wobei ich meine Hände zu Fäusten balle.
Aiden tritt neben uns Mädchen an ein Rednerpult und begrüßt die Menge. Anschließend umwirbt er uns allgemein und schleimt, was das Zeug hält. Danach stellt er das äußert rechte Mädchen genauer vor: Name, Alter, Geburtsort, Augenfarbe. Wir werden also nur auf unser Äußerstes reduziert. Es folgen mehrere Gebote von Männern, wobei der Meistbietende den Zuschlag erhält. Dieser regelt das Finanzielle mit einem der Muskelprotze und zerrt das gekaufte Mädchen dann recht grob von der Bühne, während Aiden das Mädchen links daneben vorstellt. Dies geht immer so weiter, bis Aiden bei mir angelangt ist. Einige Herren waren aber deutlich netter als Nummer eins und haben den Frauen ihren Arm zum Einhaken angeboten. Das wiegelt aber nicht das Verbrechen auf, dass sie hier begehen.
Bevor Aiden mich vorstellen kann, übernehme ich das: „Ich heiße Helena Stone, bin 24 Jahre alt, in Colorado Springs geboren und habe eine braune Augenfarbe." Allerdings füge ich meiner Vorstellung noch einen Satz mit lauter Stimme hinzu, sodass Aiden mir nicht ins Wort fallen kann: „Wer mich käuft, stirbt." Meine Ernsthaftigkeit unterstreiche ich mit einem entsprechenden Gesichtsausdruck.
Ein Raunen geht durch die Menge, bevor Aiden sich räuspert und das Wort ergreift: „Sie ist etwas ungezogen, aber ich bin mir sicher, dass man sie mit harten Methoden erziehen kann." Währenddessen funkelt er mich wütend an.
Einige Männer beäugen mich nun ängstlich, was mich zum Lachen bringt. Dieses erstirbt allerdings schlagartig, als der tätowierte Mann ein Gebot für mich abgibt, dass im Verhältnis zu den Anderen sehr hoch liegt. Nun trauen sich auch wenig andere – vorzugsweise junge Männer – ein Gebot abzugeben. Jedoch überbietet Ersterer sie immer wieder, bis mein Preis über den anderen Mädchen liegt. Kurz darauf erhält dieser den Zuschlag und begibt sich wie die Anderen zu dem Muskelprotz. Die Gebote für Daria laufen schon, als mein Käufer mir seinen Arm anbietet.
DU LIEST GERADE
HELenA
Teen FictionKurz nachdem Helena entführt wurde, lernt sie ihren Entführer kennen - ein alter Bekannter. Sein Plan: sie zu verkaufen. Helena aber denkt gar nicht daran, den skrupellosen Menschenhändlern zu gehorchen, auch nicht dem, der sie kauft und nach Italie...