Kapitel 14

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Ich schaute ihm viel zu lange tief in die Augen. Er hielt meinen Blicken ebenfalls stand, doch plötzlich war er weg vom Bild. Erst der harte Aufprall ließ mich realisieren, dass er am Boden lag. Er sah aus, als würde er friedlich schlafen, doch ich musste kein Arzt sein, um zu erkennen, dass dem nicht so war.
"Scheiße", stieß ich aus. Dann noch mal lauter: "Shiit!" Einige Blicke wandten sich zu mir. Ich holte mein Smartphone aus der Tasche und wählte den Notruf.
... "Ja, W. Anderson Street." ... "Ja, Puls ist noch da." Ich legte mein Ohr auf sein Herz. Es pochte wild. Einige Schaulustige waren gekommen, aber niemand kam auf die Idee, mir zu helfen. "Bringen Sie ihn in die stabile Seitenlage.", befahl mir die Dame an der Leitung. Ich drehte ihn und schlagartig übergab er sich. Der Geruch stieg mir in die Nase und ich drückte meine Nasenflügel zusammen.
Wenige Minuten später traf ein Krankenwagen ein. Um uns hatte sich ein Kreis gebildet. Die Leute tratschten und kicherten. Die Sanitäter luden ihn auf eine Trage und schoben ihn in den Wagen.
"Gehören Sie zu ihm?", erkundigte sich einer der Sanitäter.
"Ähh..."
"Steigen Sie in den Wagen." Ich tat, was der Sanitäter mir befohlen hatte, obwohl ich mit nicht sicher war, ob ich richtig handelte. Der Wagen fuhr los. Ich mit drin. Die Fahrt war holprig und jedes Mal, wenn der Wagen bremste, fiel ich fast vom Stuhl. Weston war nicht mehr bei Bewusstsein, doch als ich meine Hand auf seine Brust legte, spürte ich es, wenn auch nicht ganz regelmäßig, schlagen. Seine Barbie-Puppen-Freundin hatte sich allem Anschein nach verpisst. Wahrscheinlich hatte Weston sie bezahlt, um mich eifersüchtig zu machen. Und da er das jetzt geschafft hatte, war sie weg.
Sein Puls begann zu rasen, doch dann beruhigte er sich wieder. Der Wagen hielt an und eine Rampe wurde ausgezogen, über die Weston, in der Trage liegend, geschoben wurde.
"Ma'am, ich muss sie bitten, im Wartezimmer zu bleiben, solange die Untersuchungen angestellt werden.", sagte eine Krankenschwester, die beim Schieben der Trage half.
Ich folgte einer jüngeren Krankenschwester ins Wartezimmer. "Na, Ihr Freund?"
"Der?"
"Wer den sonst?"
"Weston? Niemals. Ich war nur grad da, als er umgefallen ist."
Sie nickte und führte mich zu einer Bank.
"Nehmen Sie Platz. Ich hole Sie ab, sobald wir mit den Untersuchungen fertig sind."
Ich setzte mich auf einen freien Platz. Anderthalb Stunden starrte ich Löcher in die Luft und begann immer wieder von neuem die Sekunden zu zählen. Bei dreihundert musste ich immer wieder von Neuem anfangen, da ich mich verzählte. Dann kam endlich die Krankenschwester aus einem Zimmer und sagte mir, ich könne kommen.
Weston lag, ein paar Schläuche angeschlossen auf einem Krankenbett.
"Hallo", sagte ich leise und setzte mich auf den Stuhl neben seinem Bett.
"Danke, dass du das gemacht hast. Ich hab das echt nicht verdient, nach alldem was passiert ist.", sagte er müde.
"Nicht der Rede wert."
"Wieso musst du so verdammt nett sein?"
Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte, also schwieg ich.
"Ist alles in Ordnung mit dir?", fragte ich ihn stattdessen.
"Ja. Nur Alkoholvergiftung. Bin ja selber schuld dran. Die haben meine Leber und meinen Magen auf alle möglichen Sachen untersucht und haben festgestellt, dass ich Alk nicht wirklich vertrage." Ich nickte.
"Ist es jetzt wieder besser."
"Nein.", sagte er und grinste verschmitzt.
"Soll ich eine Krankenschwester holen?"
"Ich brauch keine Krankenschwester!"
"Ein Medikament?"
"Nein. Nur dich."
"Was...was meinst du?"
"Küss mich, Tamika Castile. Und diesmal so, als würdest du es wollen. Du sollst mich wollen."

Toxic SparksWo Geschichten leben. Entdecke jetzt