Kapitel 28

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"Fuck, fuck, fuck.", brüllte West.

Ich hörte seine Stimme nur gedämpft, da ich mich am andern Ende der Etage befand. Er begann gegen die Wand zu hämmern. Es war erst kurz nach Mitternacht und ich war schon vor Stunden eingeschlafen. Ich rubbelte meine Augen und raufte meine Haare, bevor ich mich erhob. Ich zog den samtenen Morgenmantel über und schlurfte in Richtung Wests Zimmer. Ich klopfte. Als sich nichts regte, öffnete ich die Tür einfach so.

Der Anblick, der sich mir anbot, entlockte mir ein schweres Schlucken. West saß mit einem Laptop auf seinem Schoß in seinem Bett. Neben ihm standen mehrere lehre Flaschen - ich musste kein Experte sein, um zu erkennen, dass es sich um Alkohol handelte. Er trug nur Boxershorts, die mir einen Blick auf seine ausgeprägten Bauchmuskeln und die glänzende, braune Haut gewährten. Wild tippte er auf der Tastatur herum und fluchte immer wieder.

"West?", flüsterte ich.

Er schreckte auf. "Oh, Tami. Habe ich dich geweckt?", fragte er besorgt.

"Ja, irgendwie schon. Aber das ist jetzt egal. Was ist los?"

"Fuck, das tut mir so leid."

"Mach dir keine Sorgen. In einer Stunde wäre ich ohnehin wach geworden."

"Das wollte ich nicht."

"Was ist los? Warum warst du so wütend?"

"Ach, nichts. Kleiner Anfall."

Ich zog die Braue hoch. "Komm schon. Da war doch noch irgendwas. Du kannst mir alles erzählen. Ich weiß, dass unsere Beziehung nicht immer so prickelnd war, aber du kannst mir vetrauen. Ich schwöre."

"Mein Dad.", murmelte er.

"Dein Dad?"

"Er dreht durch."

"Was ist passiert?"

"Er will das ich ihm einen Gefallen tue."

"Oh. Welchen Gefallen denn?"

"Nichts Wichtiges.", meinte er. "Willst du dich nicht setzen?" Er deutete auf die leere Bettseite neben ihm.

Ich zuckte mit den Schultern und entschied mich schließlich dafür, sein Angebot anzunehmen.

"Also, um welchen Gefallen hat dein Dad dich gebeten?", fragte ich erneut.

"Können wir bitte über etwas anderes sprechen?", fragte er.

"Klar", willigte ich ein, obwohl es mich brennend interessierte, was sein Dad von ihm wollte.

***

Wir plauderten bis spät in die Nacht. Lachten und weinten. Dann schliefen wir ein. Am nächsten Morgen lag ich schief auf seiner Schulter. Sofort löste ich mich von ihm, woraufhin er aufwachte und blinzelte. Sonnenlicht drang schwach durch die kleine Lücke, die die Vorhänge nicht verdecken konnten.

"Morgen", murmelte er und erhob seinen nackten Oberkörper. Kurz hob ich meine Decke, um zu checken, ob zwischen uns nichts Intimes vorgefallen war.

"Guten Morgen", entgegnete ich und stand auf.

"Wo willst du denn hin?", fragte er.

"Ich denke, es ist besser, wenn ich zurück auf mein Zimmer gehe."

"Das ist die dümmste Idee, die ich je gehört habe. Komm wieder her.", sagte er mit seiner noch leicht verschlafenen Stimme, die mein Herz zum Pochen brachte. 

Ich krabbelte zurück unter die Decke, die noch warm von meiner Körperwärme war.

"Tami, ich hab gestern literweise Alkohol getrunken und bin jetzt wahrscheinlich sturzbetrunken. Und ich bin noch im Halbschlaf. Also werde ich jetzt wahrscheinlich was Saublödes sagen.", murmelte er vor sich her.

"Okay?"

"Ich liebe dich."

Von dem schnellen Pochen wechselte mein Herz auf Stillstand. Ich wusste, dass West Gefühle für mich gehabt hatte, doch ich dachte, sie wären verschwunden, seit wir gut befreundet waren. Und dieses Mal würde ich es bestimmt nicht vergeiegen und weglaufen. Denn dieses Mal konnte ich etwas, das ich vor einem Jahr nicht konnte ... seine Gefühle erwidern.

Es war schwer, mir das einzugestehen, doch ich empfand dasselbe für ihn. Es war, als hätte uns das Schicksal zusammengeführt. Mein Verschwinden, der Unfall, Desmonds Tod - hatte es diese erschütternden Ereignisse etwa gebraucht, um zu erkennen, dass ich West an meiner Seite brauchte? Ich würde es nie erfahren, doch eines wusste ich:

Ich wollte, würde und konnte ihn nicht noch einmal verlieren.

"Ich denke, ich liebe dich auch, Weston."


Toxic SparksWo Geschichten leben. Entdecke jetzt