[chapter 3]

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[Harry p.o.v.]

Es waren nun einige Tage vergangen seit wir endlich wieder einmal einen ganzen Morgen verbracht hatten und ich hatte das Gefühl, dass Louis versuchte, mir um jeden Preis aus dem Weg zu gehen. Beispielsweise war er heute noch nicht einmal erschienen und es war schließlich schon 21:00 Uhr. Ich saß neben Niall und wir waren dabei, eine Popcorn Tüte in rekordverdächtiger Zeit zu verschlingen, als ich wieder einmal quengelte: „Man, wo ist er? Hab ich etwas falsch gemacht? Wisst ihr etwas?"

Liam war gerade ins Wohnzimmer gekommen und wollte sich soeben – zufälligerweise – wieder aus dem Staub machen. „Hier geblieben, Freundchen!!", motzte ich. Als sich dann immer noch niemand angesprochen fühlte, stöhnte ich: „Wenn ihr es mir nicht sagt, können wir dann wenigstens fernsehen?"

Ihr müsst verstehen, eigentlich bin ich ja nicht so launisch. Aber der Louis-Entzug setzte mir so langsam zu. Niall verdrehte die Augen und erwiderte genervt: „Zum 1000-sten Mal: der Fernseher ist kaputt. Und jetzt rück die blöde Popcorn Tüte raus... bitte?"

Ich reichte sie ihm.

Plötzlich brach das Glas der Fensterfront im Wohnzimmer mit einem lauten Krachen. Danach lagen etliche Rauchbomben auf dem Boden verstreut. „RAUS HIER!", schrie Liam und sogleich sprangen Niall und ich vom Sofa auf. Ich fühlte noch, wie etwas aus dem Rauch heraus nach mir griff, doch ich redete mir ein, ich hätte es mir eingebildet. So schnell wie gerade, war ich wahrscheinlich noch nie gelaufen – wobei vielleicht das eine Mal, als ich versucht habe abzuhauen, aber das spielte gerade keine Rolle. „Schnell in den Keller!", kreischte Niall, der mich hinter sich herzog. Wir rannten gemeinsam in den Keller und verriegelten die Türe. Ich traute mich nicht einmal, zu atmen, in Angst die Einbrecher auf uns aufmerksam zu machen. Nach 5 Minuten angespannter Stille, seufzte Niall: „Oh Mann, das war knapp. Und das Popcorn haben wir auch vergessen!"

„NIALL!", flüsterten Liam und ich entsetzt. Wie konnte er jetzt noch an sein Popcorn denken? „WAS?! Du hattest ja schon reichlich, Harry!", verdrehte er die Augen. „Wie lange denkt ihr, müssen wir hier bleiben? Ich habe so Angst. Es hat nach mir gegriffen, versteht ihr?!", fragte ich, während mir die Tränen über die Wangen liefen. Mein Atmen ging viel zu schnell dafür, dass ich flach atmete und schon bald tanzten kleine schwarze Punkte mit weißem Rand vor meinen Augen. Ich fühlte mich als umklammerte etwas meinen Brustkorb, es schnürte mir die Luft ab.  „Was hat nach dir gegriffen, Haz?", fragte Niall, während er mir beruhigend über den Rücken strich. Ich schluchzte laut auf und stammelte: „Ich – Ich weiß es nicht. Au- Aus dem Rauch hat es mich festhalten wollen!"

„Hey, es ist alles gut. Ich kontaktiere Louis gleich und er wird wissen, was zu tun ist.", meinte Liam aufmunternd. „Wenn Louis da wäre und sich nicht verkrochen hätte, wäre das alles nicht passiert.", presste ich heraus und die Wut wuchs in mir. Mein Kopf fühlte sich leicht an, zu leicht. „Das stimmt nicht und das weißt du, Harry. Ich rufe ihn jetzt an. Niall, du kümmerst dich um ihn."

Ich wollte einfach nur zu Louis, obwohl ich ja eigentlich sauer auf ihn sein wollte. Aber bei ihm fühlte ich mich immer am sichersten. Zum Telefonieren war Liam in eine hintere Kammer gegangen und hatte die Türe angelehnt. Dennoch verstand ich beinahe alles -

„Louis! Wo verdammt nochmal bist du?!", schnaufte Liam.

-

„Nein, das geht mich wohl etwas an. Hast du überhaupt im Geringsten eine Ahnung, was hier los ist?!"

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„Ja, das habe ich erwartet! Hier wurde soeben eingebrochen. STELL DIR VOR!"

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„Nein, es geht Harry soweit ganz gut. Er ist nur sehr verwirrt, schockiert und stammelt die ganze Zeit davon, dass scheinbar nach ihm gegriffen wurde."

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„WIR SOLLEN IN DIE STADT? BIST DU VON SINNEN?! Hast du den Brief vergessen?!"

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„Nein, vergiss es. Wir machen uns auf den Weg."

-

Welcher Brief? Was meinte er damit? Doch bevor ich weiter grübeln konnte, trat Liam mit einem erschöpften Gesichtsausdruck heraus. In der Zwischenzeit hatte Niall es geschafft, mich zu beruhigen und ich fragte – unsicher, ob das der richtige Zeitpunkt war, um Fragen zu stellen: „Wird Louis kommen?"

Obwohl mir sehr wohl bewusst war, dass dies nicht der Fall war, hoffte ich auf ein einfaches ‚Ja'. Doch dieses ‚Ja' kam nie, nur ein enttäuschtes Kopfschütteln. „Kommt, wir fahren in die Stadt. Im Auto sind glücklicherweise noch 3 Hoddies für uns. Wir müssen undercover bleiben.", Niall und ich nickten. Auf wackligen Beinen und auf Niall gestützt gingen wir durch einen Gang, den ich zuvor noch nie gesehen hatte. Vom Keller zur Garage. In dem Moment, in dem wir zum Auto gelangten, wünschte ich mir nichts sehnlicher als Louis und ein warmes Bett. Das alles sollte nur ein blöder Albtraum sein, aus dem Louis mich wach küsst und mir versichert, dass alles gut ist. Das war es aber nicht.



In der Stadt angekommen, zogen wir alle unser Kapuzen auf. Die Frage warum wir uns verhüllen mussten, wenn in Schweden doch sowieso keiner von meiner Entführung gehört hatte, schwebte über mir. Selbst wenn jemand von der Entführung gehört hatte, kannte er sicher nicht mein Gesicht. Nach all den Monaten. Ich irrte Liam wie ein verlorenes Entenbaby hinterher. Ich wusste nicht wohin oder wo wir uns überhaupt befanden. „Harry, Kopf unten halten.", wies Liam mich an. Das befolgte ich auch eine Zeit lang, doch als wir an einem Kiosk vorbei kamen, konnte ich nicht mehr. "Wartet, ich kann nicht mehr.", hustete ich. "Nein, Harry. Lauf weiter!", schrie Liam unterdrückt. Doch ich blieb stehen, ich konnte nicht mehr. Und als ich meinen Blick auf den Zeitungsstand richtete, hatte ich das Gefühl, ich müsste umfallen. Auf der Titel war groß ein Bild meiner Familie und ein offener Brief. Wie in Trance schritt ich auf die Zeitung zu, aus der Ferne hörte ich Liam meinen Namen schreien, doch das interessierte mich herzlich wenig. Meine Finger umklammerten die Zeitung, als ich die ersten Zeilen des Briefes las:

Lieber Harry,

wir vermissen Dich sehr und hoffen inniglich, dass du – egal wo du sein magst – unseren Brief an Dich lesen wirst. Wir haben die Hoffnung, dich wieder zu sehen, und dich nicht aufgegeben. Das werden wir auch niemals. Und wir wünschen uns nichts sehnlicher als dich wiederzusehen..."

Dann wurde mir die Zeitung entrissen. Und ich ließ mich willenlos mit Niall mitziehen, dabei waren meine Gedanken ganz wo anders. Ich wollte sie auch wiedersehen. War das, warum Louis so seltsam war? Werde ich sie jemals wiedersehen?

Ich wusste es nicht, doch was ich wusste, war: Ich brauchte Antworten!

Und diese sollte ich auch bekommen.


S T A Y « l.s.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt