[chapter 20]

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Louis p.o.v.

Ich war zu spät da gewesen und doch hatte ich ihm einst geschworen, ihn stets zu beschützen. Ich hatte mein Versprechen gebrochen, das Versprechen, das ich der wichtigsten Person in meinem Leben gegeben hatte. Und ich feuerte noch lange auf die Stelle endlos Kugeln ab, an der ich diesen scheiß Typen das letzte Mal gesehen hatte. „FUCK!", ich schmiss meinen Kopf in den Nacken. „Louis! Hör auf zu schießen. Der Typ ist schon lange weg!", knurrte Liam. „Denkst du ich weiß das nicht?", herrschte ich ihn an. Im selben Moment stieg etwas in mir auf, das ich schon lange nicht mehr gefühlt hatte. Nicht Wut oder Freude, sondern Trauer. Ich war unendlich traurig. Dieses Gefühl kroch unter meine Haut und verblieb. Ich hatte gehofft, es wäre nur ein flüchtiges Gefühl. Doch scheinbar lief in letzter Zeit nichts mehr so, wie ich es hoffe. Obwohl ich es mir und erst recht nicht den anderen eingestehen konnte, wusste ich, dass ich überfordert war mit diesem Gefühl. Doch anstatt diesem Gefühl durch Wut und einem Tobsuchtsanfall Luft zu machen, füllten sich meine Augen mit Tränen. Sämtliche Selbstkontrolle schien vergessen, wenn es um ihn ging. Meinen Haz.

Die ersten Tränen liefen mir über die Wangen, ich sank zu Boden und gestand verzweifelt: „Ich weiß nicht, was ich tun soll!"
Ich hatte es gar nicht beabsichtigt, dass diese Worte meine Lippen verließen. Es war einfach geschehen. Sonst wusste ich immer was zu tun war, doch hier nicht. Das war anders. Es zerriss mir die Seele zu wissen, dass Harry nicht bei mir war. Und ich wollte erst gar nicht an die Dinge denken, die sie ihm antun werden. „Was soll ich tun?", schluchzte ich und Liam umarmte mich. Das hatte er noch nie getan, aber es war genau, was ich gerade brauchte. „Louis, atme durch.", wies Liam mich an, doch ich hatte das Gefühl, zu ersticken. Ich brauchte Harry, dann kann er doch jetzt nicht einfach weg sein, oder? Meine Gedanken drehten sich in Kreisen und im Mittelpunkt stand alleine er. Mein Haz.

Doch ich hatte Pflichten und Verantwortung, die nicht warteten. Stück für Stück beruhigte ich mich dann also, da mir Liam immer wieder sagte, dass Harry mich jetzt brauchte und es ihm nichts brachte, wenn ich weinte. Man mag denken, dass so einen Antwort ziemlich kalt war, doch genau das brauchte ich. Ich musste wissen, dass es nun an mir lag, wie schnell Harry wieder bei mir war. Nach weiteren Minuten, die sich wie Stunden anfühlten, rannte ich ins Haus, um Niall zu rufen. Für das, was ich plante, brauchte ich alle Kräfte, die ich mobilisieren konnte. Im Waffenraum sammelte ich sämtliche Informationen, die ich über die Icarus in der Vergangenheit gesammelt hatte. Niall setzte sich sofort an die Recherche, um herauszufinden, wo sie ihren Sitz hatten und wie wir dort eindringen konnten. Liam besorgte neue Waffen und machte sich sofort daran herauszufinden, welche Waffen sie benutzen. Ich grübelte die ganze Zeit, wie ich meinen Plan verbessern konnte. Doch allmählich ergriff mich das Gefühl, beobachtet zu werden. Ich konnte mich noch genau an die vielen Male, an denen Harry es mir gesagt hatte, dass er sich beobachtet fühle. Doch ich hatte nie auf ihn gehört. Wäre er vielleicht noch bei mir, wenn ich auf ihn gehört und gehandelt hätte? Es brach mir das Herz, warten zu müssen und nicht sofort diesen scheiß Sitz der Icarus, stürmen zu können. Wo Harry wohl war? Hasste er mich dafür, dass ich mein Versprechen gebrochen hatte?

Ich fühlte mich schrecklich. Und in meinem restlichen Leben, hatte ich schon oft das Privileg eines Rauschs ausgenutzt. Genau das plante ich auch jetzt zu tun, weshalb ich mir einen Joint anzündete. Ich brauchte die Ablenkung und musste meine Sinne benebeln. Ob es schlau war? Sicher nicht. Aber nur herum sitzen, machte mich verrückt. Der saure Rauch wurde in meine Lunge gesogen, es brannte. Ich hoffte, den Schmerz in meiner Brust betäuben zu können und nahm einen weiteren hastigen Zug. Eine Träne floss mein Gesicht hinunter als es mir bewusst wurde: es brachte nichts. Ich wollte Schmerzen, damit ich nicht diesen scheiß Schmerz ertragen musste, der durch Harrys Abwesenheit verursacht wurde. Es war ja eigentlich bescheuert so ein Theater zu machen, ich war ja auch schon in England ohne ihn und hatte nicht solche Schmerzen, also warum jetzt?
Ich wusste warum. Es war alles anders, ich nicht wusste, wo er war. Geschweige denn, wann ich ihn wiedersehen würde. Dieser scheiß Joint funktionierte nicht, ich drückte ihn in meiner Hand aus. Für einen kurzen Moment überschattete der Schmerz in meiner Hand den in meiner Brust, doch bald kehrte der wieder ein. Meine Gedanken drehten sich wieder nur noch im Kreis, ich hasste es. Ich war scheinbar plötzlich nicht mehr fähig wie ein normaler Mensch zu denken. Was war falsch mit mir? Ich stand voller Wut auf und trat gegen den Glastisch, der in meinem Arbeitszimmer stand. Das gehörte wohl nun der Vergangenheit an, da dieser in tausende Teile zersprang. Es gab mir einen kurzen Moment Erlösung, bald löste der Schmerz in meiner Brust diese jedoch wieder ab. „Verdammt!", schrie ich auf und die Tür flog auf, ich zog meine Waffe. „Sag mal, hast du gekifft?", Niall stand im Türrahmen. Seine Augen waren weit aufgerissen. „Und wenn schon!", ich zuckte mit den Schultern und steckte meine Waffe zurück. Ich versuchte zu klingen, als bedeute mir alles nichts. Meine Reaktion war verzögert, doch es konnte mich nicht weniger interessieren.

Es interessierte mich nichts mehr, nur Harry war in meinen Gedanken. „Reiß dich zusammen verdammt! Wir alle geben unser Bestes, weil wir alle Harry so schnell wie möglich wieder hier haben wollen und du? Du kiffst?! Hast du sie noch alle?! Ich dachte du hättest dich geändert in der Zeit, in der Harry da war, doch scheinbar hab ich mir das nur eingebildet! Du bist der gleiche kalte, selbstsüchtige Bastard wie davor!", spuckte Niall. So kannte ich ihn nicht und bevor ich etwas erwidern konnte, war er verschwunden. Doch er hatte recht. Lange sah ich ihm nach und seine Worte hallten in meinem Kopf wider. Ich war ein kaltes Arschloch, das vermutlich nicht einmal Harry lieben könnte. Die Schmerzen in meiner Brust wurden stärker und ich musste mich setzen. Mit dem Gedanken, dass Harry mich vielleicht hasste, schlief ich ein. Ich wachte einige Zeit später wieder auf und mein Kopf brachte mich um. So wie heute, hatte ich mein Leben noch nie gehasst. Warum haben Harry und ich uns nicht unter normalen Umständen kennenlernen können? Dann wäre er noch bei mir. Dieser Gedanke schmerzte und die Tage verflogen wie Sand im Wind. Bald schon waren zwei Wochen vergangen und wir hatte kaum einen richtigen Plan.

An dem Tag, an dem ich mich versucht hatte, zu betäuben, hatte Niall versucht, sich zu entschuldigen. Ich sagte ihm jedoch, dass er recht hatte, was ihn überraschte. Zudem erzählte ich ihnen von meinen Schmerzen und Gedanken, was ich auch noch nie getan hatte. Seither versuchten sie mich weniger alleine zu lassen. Mit jedem Tag, der verging, wurden die Schmerzen schlimmer, die Blicke der Anderen wurden mitleidiger. Doch ich brauchte kein Mitleid, ich brauchte Harry. Mehr nicht.
Die Woche, die die dritte seit Harrys Entführung markierte, war schwer, doch wir hatten nun das Grundgerüst für einen Plan. Die Augen, über die auch Harry berichtet hatte, ließen mich keinen Moment alleine, bis es mir irgendwann reichte. Aus meinem Schlafzimmer hatte ich einen Schatten im Baum gegenüber gesehen und stürmte hinaus. „Wo bist du verdammt? Zeig dich!", schrie ich. Meine Augen waren weit aufgerissen, mein Atem ging schnell und flach. Ich musste aussehen wie ein Verrückter. Doch nichts regte sich. Ich hatte die Nase gestrichen voll, also nahm ich meine Waffe und schoss ziellos in den Baum, in dem ich den Beobachter vermutete. Und wie zu erwarten war, kam irgendwann ein relativ großer Mann aus dem Baum gefallen, genau vor meine Füße. „Was haben wir denn da?", ich grinste siegessicher und zielte auf die Stirn des Mannes. Er hatte schwarze Haare und schien relativ dünn, was mich verwunderte.Doch egaler konnte es mir nicht sein, wie er aussah. Dann traf es mich, wie ein Blitz: das war der Mann, der Harry entführt hatte. Meinen Harry. Die Erkenntnis traf mich unerwartet, ich verlor meine Fassung. Ich trat auf ihn ein und er hob seine Hände in die Luft als Form der Kapitulation. „Wo ist er?", bellte ich und presste meine Zähne auf einander, bis es weh tat. „WO ist er?", schrie ich.

S T A Y « l.s.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt