[chapter 21]

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„WO ist er?", schrie ich. „Erstens, schrei mich nicht so an. Zweitens, wo ist wer? Red doch in ganzen Sätzen, Alter.", grinste er lässig. Selbst als er Hände erhoben vor mir auf dem Boden lag, hatte er den Nerv, mich provozieren zu müssen. Und dabei tat er noch so, als hätte er alles unter Kontrolle. „Du weißt genau, wen ich meine, also rück raus mit der Sprache oder du bist tot.", knurrte ich.

„Und was bringt es dir, wenn ich tot bin? Dann weißt du ja auch nicht, wo er ist.", provozierte er mich. Das Grinsen verließ sein Gesicht keinen einzigen Moment. Ohne zu überlegen, stellte ich zunächst einen Fuß auf seinen Brustkörper und übte Druck aus. Da ihn das nicht zu kümmern schien, platzte mir die Hutschnur und ich trat mit Druck auf seinen Hals. Er rang überrascht nach Luft, umschloss mein Bein mit beiden Händen und versuchte, mich weg zu drücken. Ich lachte bitter auf ihn hinunter: „Hast du doch nicht mehr so eine große Fresse, huh?" Zudem füllte ich die Projektile in meiner Waffe auf und löste den Trigger, ich zielte auf seinen Kopf. „Okay, okay.", krächzte er und ich verringerte den Druck. „Ich bin ganz ehrlich, ich habe keine Ahnung, wo er ist. Mein Job war nur Beobachten und ihn entführen.", hustete er vor sich hin und genoss, wieder atmen zu können. „Und was sitzt du jetzt immer noch in meinem Baum, huh?", er nervte mich jetzt schon und eine Ahnung, was er mir jetzt noch bringen sollte, hatte ich auch nicht. Plötzlich schien ihn zu erschießen eine echt tolle und attraktive Lösung, da mich das Verlangen nach Rache schon lange gepackt hatte. Er zuckte nur seine Schultern, so gut er konnte. „Okay, wenn du nicht reden magst. Mir scheiß egal. Viel Vergnügen in der Hölle. Irgendwelche letzten Worte?", ich rollte meine Augen. „Fick di-", krächzte er grinsend. Ich drückte ab, doch bevor das Projektil aus der Waffe schoss, wurde mein Arm abgelenkt. „Sag mal, spinnst du?!", schrie Liam mit weit aufgerissenen Augen. Meine Augen verdrehten sich schon fast automatisch: „Was ist denn jetzt schon wieder? Wie du siehst, war ich beschäftigt."

„Erstens werde ich die Sauerei nicht wegputzen, das Blut geht ja nie wieder aus dem Rasen! Das darfst dann du machen. Und zweitens, ich verstehe, dass du rot siehst, aber denk doch mal nach. Er könnte doch nützlich sein.", er versuchte nicht zu forsch aufzutreten, obwohl, das wusste ich, ihn meine Aktion ziemlich angepisst hatte. Ich sah auf den Mann unter meinem Fuß hinunter, der zu mir hoch grinste. Oops, da hatte ich wohl versehenentlich den Druck auf seinen Brustkorb verstärkt! Das Grinsen fiel kurzzeitig von seinem Gesicht und er begann, zu husten. „Wofür willst du sowas brauchen?", fragte ich Liam abwertend. „Wir werden sehen. Aber bevor du den Rasen versaust, kannst du ihn ja noch in den Keller sperren. Vielleicht bringt er uns ja doch was, sonst kannst du ihn immer noch im Keller erschießen. Da gibt es weniger Flecken!", Liam hatte ständige über die Flecken im Rasen geredet, sodass mich das Gefühl beschlich, dass es hier tatsächlich nicht um den Rasen ging. Außerdem versickerte Blut doch früher oder später – also irgendwer wollte mich hier verarschen. Aber mein Kopf brummte mittlerweile, also überließ ich den Mann Liam. Ein letztes Mal trat ich mit Kraft zu, was dem Mann jedoch kaum mehr als ein Husten entlockte. „Aber du kümmerst dich um ihn. Das mach ich sicher nicht!", ich verdrehte die Augen. Wenn es ihm Spaß machte, sollte er halt. Als Liam dem Mann aufhalf, breitete sich ein schelmisch dreckiges Grinsen in dessen Gesicht aus, was sicher auch kein Zufall war. Dann wurde er in den Keller verfrachtet. Ich trommelte alle zusammen, um sämtliche Informationen aus zu tauschen. Das Ergebnis dieser Sitzung war ernüchternd. Scheibar waren die Icarus abgetaucht und hatten sämtliche Spuren verwischt. Bevor ich nun die harten Geschütze auffahren wollte, ließ ich mich zu einer Befragung unserer Geisel überreden. Also platzten wir in den Raum hinein und als er Liam sah, legte sich ein Schleier über seine Augen. Ob Lust oder einfach Verzweiflung konnte ich kaum sagen, doch ich tendierte zum Ersten. „So, bevor wir anfangen: will mich mal jemand aufklären, was hier zwischen dir und Liam abgeht?", pampte ich. Meine Geduld war jetzt schon sehr begrenzt. Man konnte sich wohl schon denken, dass ich weniger Lust auf die Befragung hatte. Erstens war es strunz langweilig, zweitens war zu erwarten, dass man durchschnittlich eher weniger von den Geiseln erfuhr und drittens hatte ich keinen Bock auf dieses Hinter-meinem-Rücken-Angeschaue von Liam und dem Typen vor mir. Er machte keine Anstalten mit der Sprache raus zu rücken, also appellierte ich an die Loyalität von Liam. Doch auch er wollte mir nicht verraten, was hier vor sich ging. „Meine Fresse.", stöhnte ich genervt. Der Mann auf dem Stuhl musterte Liam immer wieder und konnte kaum seine hungrigen Augen von ihm lassen. Unter dessen errötete Liam, einer der stärksten Männer in meinem Team, und ich fragte mich, in welcher Komödie ich gerade lebte. „Wie heißt du?", ich rollte mit den Augen. So langsam verlor ich die Geduld. Schon wieder. „Zayn.", er grinste Liam an, der nicht einmal seinem Blick Stand hielt. „Meine Güte, Liam! Schüchtere den lieben Zayn mal ein, damit er danach redet wie eine Quasselstrippe.", ich grinste. Wenn mir niemand sagen wollte, was abging, würde ich es selbst herausfinden. Liam kam unsicheren Schrittes auf Zayn zu, so kannte ich ihn gar nicht. Dann baute er sich vor ihm auf, was ihm schon mal besser gelungen war, beugte sich vor und stützte sich auf die Stuhllehne mit beiden Händen, so dass Zayns und sein Kopf nur Zentimeter entfernt waren. Würde ich es nicht besser wissen, könnte man meinen, sie würden sich gleich küssen. „Mach schon.", zischte ich. Das konnte mir nicht schnell genug gehen und wir waren hier nicht in einer Romcom. Er öffnete den Mund, um zu reden, doch Zayn leckte sich lasziv die Lippen und reckte den Kopf so nah an Liams Gesicht, wie er nur konnte. Das mit dem Einschüchtern hatte Liam schon mal besser gekonnt. „Wir warten.", murmelte ich gelangweilt und bekam einen Seitenhieb von Niall verpasst, der scheinbar Mitleid mit seinem Kollegen hatte. Liam räusperte sich mit wackliger Stimme und setzte gerade zum Sprechen an, als es geschah. Zayns Kopf schoss nach vorne und ihre Lippen trafen auf einander. Jetzt verstand ich! Das Spektakel vor mir dauerte nicht einmal einige Sekunden lang, da Liam, als er realisierte, was geschah, zurückzuckte. Er wischte sich angewidert mit dem Ärmel über den Mund und verpasste dem Mann vor ihm eine schallende Ohrfeige. Damit ließ er uns alle verdattert stehen und stürmte aus dem Raum. Konnte dieser Tag noch kurioser werden?

S T A Y « l.s.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt