[chapter 27]

363 28 9
                                    

Harry p.o.v
[TW: Folter, Gewalt]

Ich war noch gar nicht richtig wach von meiner letzten Tracht Prügel, als ich spürte, dass ich an meinem Arm durch verschiedene Gänge geschleift wurde. Weder Lust noch Kraft konnten mich überzeugen, meine Augen zu öffnen. Es würde doch sowieso nur wieder auf Gewalt rauslaufen, also warum sollte ich mich noch wehren? Ob Louis noch an mich dachte oder ob er sich jemand neuen gesucht hatte? Das fragte ich mich oft. Der Ring, den er mir vor einigen Wochen oder gar Monaten, ich hatte wirklich kein Zeitgefühl mehr, geschenkt hatte, saß fest an meinem Finger und war so ziemlich das einzige, das mir noch Stärke spendete. Auf seiner Innenseite stand ‚Quos amor verus tenuit, tenebit'. Eine Türe wurde aufgeworfen und dieses Geräusch war mir in der letzten Zeit sehr bekannt geworden, ich zuckte nicht einmal mehr. „Ich bin zurück und ich habe eine Überraschung mitgebracht!", rief jemand. Vermutlich der Typ, der mich soeben durch das halbe Gebäude geschliffen hatte. Doch mit wem sprach er? Schwach schien ein Licht in dem Zimmer und ich wurde hereingezogen. Mein blaues Auge hinderte mich mein Auge zu öffnen, also versuchte ich es erst gar nicht, auch nur ein Auge zu öffnen. Irgendwann blieb er stehen, platzierte mich, wie er es haben wollte, was meistens darauf heraus lief, dass ich auf meinen Knien mit hinter dem Rücken verschränkten Armen herum stand. Ich machte mich auf den ersten Schlag bereit. Doch er riss meinen Kopf an meinen nun etwas längeren Haaren nach oben und meine Augen öffneten sich ganz von alleine, ich zischte auf. Ich sah wie Louis seine Augen aufriß. Trotz der Schmerzen machte mein Herz einen Satz, als ich ihn erblickte. Er war gekommen, um mich zu befreien, da war ich mir sicher. „Nein!", schrie er und so viel Schmerz wie jetzt, hatte ich noch nie in seiner Stimme gehört. „Lass ihn in Ruhe. Du hast ein Problem mit mir, er hat damit nichts zu tun!", erneut versuchte er den maskierten Mann von mir abzulenken, doch dieser lachte nur gehässig. „Oh Tomlinson, hast du es noch nicht verstanden? Darum geht es ja!", er sagte es als sei es eine Spielregel, die man seit der Kindheit kennen sollte. Louis war auf einem Holzstuhl in der linken Ecke neben der Türe des quadratischen Zimmers gefesselt. Die Wände waren aus Beton, eine Lampe hing von der Decke. Eigentlich war es ein reines Klischee, zum Lachen. Doch in dieser Situation gab es so wirklich gar nichts zum Lachen. Ich kniete inmitten des Raumes und meine Hände waren hinter meinem Rücken verschränkt. Die Überstreckung meines Halses schmerzte und auch das schwache Licht der kleinen Glühlampe, die in der Mitte von der Decke hing, stach. „Einen echten Adonis hast du dir da als Toy-Boy ausgesucht. Ich frage mich, was ich als erstes mit ihm anstellen soll. Ich bin einfach zu kreativ, zu viele schöne Ideen!", bei seinen Worten lief es mir kalt den Rücken hinunter. Louis senkte nur erschöpft den Blick. Er hatte sein Leben riskiert, um mich zu retten, das war mir bewusst. Plötzlich platze die Türe schwungvoll auf und ein weiterer Mann stand in der Türe. Wortlos deutete er, dass der andere Mann, der momentan noch hinter mir stand, mit ihm kommen sollte. Er befolgte die Anweisung und war gerade dabei zu gehen, als er sich mit einem teuflischen Grinsen, das ich sogar durch seine Maske sehen konnte, zu mir umdrehte. „Lasst es uns noch ein wenig lustiger machen!", gluckste er. Er kam auf mich zu, blieb viel zu nahe vor mir stehen. Mein Kopf auf Höhe seines Schritts – mir graute Furchtbares. Aus seinem Gürtel zog er ein Messer und ließ es über meinen Kiefer gleiten. Meine Augen füllten sich erneut mit Tränen. Auch der Mann, der noch immer in der Türe stand, begann zu lachen. Er schritt hinter mich und schnitt – zu meiner Überraschung – meine Handfesseln auf. Verwirrt schoss mein Kopf zu ihm nach oben und er lachte noch mehr. Daraufhin ging er zur Türe und zwinkerte: „Aber schön anständig bleiben!"

Kaum war die Türe geschlossen, krabbelte ich zu Louis. Zum Gehen hatte ich einfach keine Kraft mehr. „Louis!",weinte ich. Ich blieb vor ihm sitzen, er lächelte auf mich hinab. Ich schloss meine Hände um seinen Kiefer. „Es wird alles gut, Baby! Das verspreche ich dir.", redete er beruhigend auf mich ein, doch auch seine Augen füllten sich mit Tränen. Er beugte sich leicht zu mir herunter und forderte einen Kuss, den ich ihm bereitwillig gab. „Louis, ich liebe dich. Lass mich dich los machen, wir können doch fliehen!", bettelte ich und platzierte einen Kuss auf eine Stelle seines Kiefers. Doch er schüttelte nur seinen Kopf, aber lächelte mich stets an. „Bitte, Louis.", flüsterte ich. Er küsste mich, um mich zum Schweigen zu bringen. „Ich liebe dich, Haz. Du bist das Beste, das mir in meinem verkorksten Leben passiert ist. Ich bereue keinen Moment mit dir, keinen!", sagte er und küsste mich ein letztes Mal, bevor die Tür wieder aufflog. „Na, Na, Na. Habe ich gesagt, du sollst deinen Arsch zu ihm bewegen?", fragte er mit bedrohlicher Ruhe in seiner Stimme. „Ich liebe dich.", flüsterte ich ein letztes Mal, bevor er mich am Kragen packte und quer durch den Raum mit sich zerrte. „Ich rede mit dir!", brüllte er mich an, als er mich dann wieder in der Mitte des Raumes platziert hatte. Ich senkte den Kopf ohne ihm zu antworten, was aber auch nicht richtig war. Er grabschte in meine Locken, zog meinen Kopf nach oben, damit ich ihn ansehen musste. Ich zischte leise. „Achso, also werde ich jetzt mit Schweigen bestraft.", er grinste. Und bevor ich es überhaupt registriert hatte, dass er seine erhobene Hand zu einer Faust geformt hatte, landete diese schon auf meinem Kiefer. Danach weitere Schläge auf meine Wangenknochen und meinen Kiefer, ich schrie. Abrupt verstummten seine Schläge und ich stöhnte schmerzerfüllt auf. Sein Griff in meinen Haaren lockerte sich und bevor ich meinen Kopf senken konnte, griff eine seiner Hände um meinen schmerzenden Kiefer. Er verließ mein Blickfeld, doch sein Griff bleib hart wie ein Schraubstock. „Schau dir an, was du ihm angetan hast.", sagte er tadelnd in Louis Richtung. „Nein.", krächzte ich. „Louis, hör ihm nicht zu. Er lügt!", meine Stimme brach, ich war am Ende. „Jetzt stellst du mich als Lügner dar? Wir hatten doch so einen tollen Start, Harry.", mokierte er. Ich hasste wie mein Name aus seinem Mund klang. Die schwere Türe öffnete sich in weiteres Mal und eine Frau trat ein. Ihr teuflisches Lachen machte gar dem des Mannes hinter mir Konkurrenz. Als Louis sie erblickte, verließ die Farbe sein Gesicht. „Lass ihn. Was willst du denn noch?", hörte ich Louis' gebrochene Stimme. Er war tatsächlich gebrochen. Ich fragte mich, was sie ihm wohl angetan hatten. „Was ich noch möchte? Tz, tz, tz. Tomlinson, das weißt du ganz genau. Wie hast du nicht früher zu sagen gepflegt, bevor du meinen Sohn eiskalt ermordet hast? Ein Leben für...", spottete sie. Louis sagte nichts, doch wir alle wussten, wie dieser Satz enden musste. Impulsiv zog sie ihre Waffe, schritt um mich herum und löste den Trigger, sie zielte auf meinen Kopf. Ich konnte das kalte Metall an meinem Hinterkopf spüren. „Sag es!", knurrte sie. „Ein Leben- für ein Leben.", krächzte Louis. „Gut, nun da wir das hätten. Irgendwelchen letzten Worte?", sie schubste die Waffe härter gegen meinen Kopf und ich wusste, dass ich gemeint war. Ich stand mit dem Rücken zur Wand, ich kam nicht mehr aus dieser Situation heraus. Ich würde sterben. So hatte ich mir das nie vorgestellt, doch jetzt war es scheinbar soweit. „Mach schon!", knurrte sie ungeduldig. Meine Stimme zitterte. „Ich werde im nächsten Leben auf dich warten, Louis. ‚Quos amor verus tenuit, tenebit', ich liebe dich.", schluchzte ich und konnte ein leises ‚ich liebe dich auch' vernehmen.

Es fielen zwei Schüsse. Dann kam die Stille.

S T A Y « l.s.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt