Kapitel 18

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"Ich hätte nicht gedacht, dass wir dich noch einmal zu sehen bekommen."

Hamish klopfte Cal nun schon gefühlt hunderte Male auf die Schulter, dass es beinahe schon peinlich war und er befürchtete, sein Arm würde bald abfallen unter den gutgemeinten Schlägen des Schotten. Das Begrüßungsritual am Morgen war schon seltsam gewesen, weil wirklich alle ihn umarmten, als ob er eine verdammte Puppe wäre. Erst als Hall sie anschnauzte, die Arbeit würde sich nicht von alleine machen, hörte es auf. Doch nun, nach getaner Arbeit, ging es wieder von vorne los.

"Ich bin immer noch ein Sträfling, Hamish. Der Master hat jedes Recht, mich auf die Farm zu holen, um mich arbeiten zu lassen."

Duncan nickte.

"Das ist richtig, aber er weiß auch, dass du gut lernst. Ich hoffe, du hast weiterhin Französisch gelernt?"

Callahan nickte und lachte leise.

"Natürlich habe ich das. Einer meiner Lehrmeister empfahl mir sogar die chinesische Sprache zu lernen. Warum auch immer. Ich habe auch damit angefangen, aber es ist schwerer als Französisch."

Gale fuhr ihm grob durch das kurze Haar.

"Ich wusste ja schon immer, dass du ein schlauer Welpe bist." Er rümpfte die Nase und schnüffelte etwas. "Aber du stinkst auch wieder wie früher. Wir sollten runter zum Fluss und uns baden. Das ist das Einzige, was uns der verfluchte Hall zugesteht."

Einen Moment wunderte sich Callahan, dass alle ruhig ihre Tücher und Seifen nahmen und keiner ein Wort sprach, bis sie am Fluss angekommen waren, denn eigentlich hörte man sie schon auf den Weg dahin reden und lachen. Doch auch das schien nicht mehr erwünscht zu sein. 

Er packte die Seifen aus, die er in Sydney für sie besorgte und die Hall nicht gefunden hatte. Am Ufer verteilte er die Stücke. Wie er erwarten konnte, nahmen sie die Seife sehr dankbar an und nach einer Weile wurden die Gespräche auch wieder lauter und die Scherze derber. Callahan hörte irgendwann auf zu zählen, wie oft er mit dem Kopf voran ins Wasser getunkt wurde. Nach einer Weile ertönte ein schriller Pfiff und Sean zog Callahan aus dem Wasser.

"Bleib jetzt ruhig. Hall ist im Anmarsch. Wir erklären dir wenn es dunkel ist, warum du jetzt acht geben musst."

Callahan hätte am liebsten gefragt, woher sie wussten, dass Hall kam, doch kaum dachte er diesen Gedanken zu Ende, als die Büsche, welche die kleine angestaute Stelle umzäunten, sich teilten und Hall zu ihnen trat. Dieses Mal hatte er die aufgerollte Neunschwänzige in der Hand, als ob er sie alle jederzeit damit schlagen wollte. Er schien damit zu rechnen, dass eine Bestrafung nötig war, doch als er bemerkte, dass sich alle ruhig anzogen und keiner sprach, wirkte sein Gesichtsausdruck enttäuscht.

"Was geht hier vor?", knurrte er.

Alle senkten ihre Köpfe und es war Hamish, der antwortete, aber um einiges leiser, als man es sonst von ihm gewohnt war.

"Wir haben uns gewaschen. Die heutige Arbeit war schweißtreibend und Misses Mullan mag es nicht, wenn wir stinkend an den Tisch kommen."

Hall ließ seinen Blick über die Männer schweifen und er blieb bei Callahan hängen.

"Der Junge stinkt also auch? Er war doch nur kurze Zeit im Stall."

Nun stellte sich Bryan zu Callahan.

"Callahan hat nicht vergessen, was zu tun ist und die kurze Zeit, die er uns half, war uns er eine große Erleichterung."

Hall betrachtete sie weiterhin argwöhnisch, doch dann schnalzte er mit der Zunge, als ob er etwas zwischen den Zähnen hätte.

CallahanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt