Kapitel 39

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Callahan zügelte sein grauen Hengst, den er von einem hohen chinesischen Beamten geschenkt bekommen hatte und stieg ab.

Nach seinem letzten Wutanfall war er wieder eine Woche ans Bett gefesselt gewesen, doch dann hatte er tatsächlich eine Reise durch China unternommen, um sein Handelsimperium zu erweitern.

Über ein halbes Jahr war er unterwegs gewesen und hatte sehr viel gelernt und auch Verbindungen geknüpft, die er nur Chen Lu zu verdanken hatte, die ihn selbstverständlich begleitete.

Auch sie stieg von ihrer Stute und bog ihren Rücken durch.

"Endlich Zuhause. Ich kann es kaum erwarten, endlich wieder in meinen eigenen Räumen zu schlafen."

Callahan lachte leise, was Chen Lu zum Schnauben brachte.

"Du brauchst nicht zu lachen. Du hast ja nie dein Zimmer teilen müssen. Ich wurde zu anderen Frauen gesperrt, welche beinahe die ganze Nacht schnatterten und mich über dich ausfragten. Dein Ruf eilte dir voraus und die Damen waren alle sehr neugierig auf den großen Mann, der wie ein Engländer sprach aber keiner ist."

Callahan führt den Hengst in den Stall und war froh, dass die Botschaft seiner Ankunft wirklich angekommen war, denn man hatte sich auf die Pferde vorbereitet und der Hengst ging sofort zum Wassertrog, um seinen Durst zu stillen.

Callahan nahm ihm den Sattel ab und rieb ihn trocken.

"Du bist auch froh, dass du endlich etwas Ruhe hast, was mein Freund?"

Chen Lu lachte, als sie ihre Stute trocken rieb.

"Du redest immer mit ihm, als ob er ein Mensch wäre."

Callahan schlug sanft auf den Hals des edlen Tieres.

"Manchmal sind Tiere die besseren Menschen."

Chen Lu seufzte.

"Manchmal muss man aber auch die Menschen wie Menschen behandeln, Callahan. Du hast dich verändert, das merke ich schon lange. Dass du dich hier nicht mehr wohlfühlst, weiß ich noch länger, aber du verschließt dich jedem, als ob deine Seele zu Eis erstarrt wäre."

Callahan seufzte, denn diese Unterhaltung hatten sie schon sehr oft geführt.

"Du weißt auch, wie es um mich steht."

Sie nickte.

"Du willst wieder auf den anderen Kontinent. In dieses unwirkliche Land, dass nichts für dich zu bieten hat, außer den Tod am Strick. Ich kann nicht verstehen, dass du dich so zu diesen Engländern hingezogen fühlst, welche sich wie Heuschrecken verteilen."

Ein tiefer Seufzer entfuhr Callahan.

"Es sind nicht die Engländer, die ich vermisse. Nun, es gibt da doch den ein oder anderen, den ich gerne wieder sehen würde, aber es sind meine Kameraden, die zu meinen Brüdern geworden sind und die ich nun schon seit über zwei Jahren nicht mehr gesehen habe. Ich verdanke ihnen mein Leben, Chen Lu und ich würde alles tun, damit sie nach der Strafe das Leben leben können, dass sie verdienen. Die Mittel dazu habe ich, aber ich bin hier gefangen und kann gar nichts unternehmen. Das ist sehr frustrierend."

Chen Lu nickte langsam.

"Willst du mir von ihnen erzählen? Vielleicht kann ich dir so etwas von dem Schmerz nehmen."

Callahan schüttelte den Kopf.

"Nicht heute, Chen Lu. Ich will nur noch baden und dann die Ruhe genießen."

Sie lächelte ihn an und nickte.

"Ich bin immer hier, wenn du es dir anders überlegst."

Das wusste Callahan und er war ihr dafür sehr dankbar. Während der Reise hatte sich zwischen den beiden eine noch tiefere Freundschaft entwickelt und er wusste, dass wenn er tatsächlich irgendwann wieder nach Sydney zurückkehren konnte, er Chen Lu genauso vermissen würde, wie nun Sean und die anderen.

CallahanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt