Kapitel 19

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"Pst. Bist du da, Callahan?"

Er biss sich auf die Lippen, während er versuchte seinen rechten Arm zu bandagieren, den Hall heute mit einer Peitsche erwischte. Dennoch stöhnte er leise, als er ihre Stimme hörte und zwar nicht nur vor Schmerz.

"Geh weg, Rachel! Wenn dich Hall hier bei mir erwischt, bin ich tot! Er wird mich auspeitschen und dein Verlobter wird mich verprügeln, wenn er wieder hier ist."

Die Büsche teilten sich und Callahan verdrehte genervt die Augen. Was hatte er auch anderes erwartet? Rachel war schon immer stur und tat das, was sie wollte.

Sie stellte einen Korb neben dem Baumstamm, auf dem er saß und nahm vorsichtig seinen rechten Arm in ihre Hände.

"Was war es dieses Mal?", fragte sie leise.

Er schnaubte böse.

"Braucht Avery Hall einen Grund, um mir zu beweisen, dass ich nur ein Sträfling bin, während er ein freier Mann ist, der Sträflinge bestrafen kann?"

Sie senkte den Kopf.

"Ich würde mit Vater reden, aber..."

Callahan schnaubte erneut.

"Das wäre für ihn doch nur ein weiterer Grund, mir wieder seine Gerte oder einen Rohrstock über zu ziehen. Nein, Rachel, ich werde es weiter aushalten und nach Weihnachten wieder nach Sydney übersiedeln. Dann habe ich wenigsten wieder eine Weile Ruhe vor ihm."

Sie seufzte und holte dann einen sauberen Verband aus dem Korb.

"Ich werde Vater bitten, dass er dich vor Weihnachten nach Sydney schickt. Errol kommt bald hier her um mit uns Weihnachten feiern zu können. Wenn du hier bleibst und Glück hast, wird er sich nicht mit dir beschäftigen, weil du unter seiner Würde bist. Wenn nicht, dann wird es dir noch übler ergehen, als jetzt schon."

Sie legte ihm den Verband an und hielt danach ihre Finger länger als nötig auf seinem Arm.

"Es tut mir unendlich leid, Callahan. Ich wollte nicht, dass du so behandelt wirst."

Er zog den Arm langsam zurück.

"Hast du denn deinem Verlobten erzählt, dass wir uns geküsst haben?"

Sie runzelte die Stirn.

"Was? Nein! Ich habe dich nicht vor Errol erwähnt. Wenn ich ehrlich sein soll, haben wir noch nie viel miteinander geredet."

Callahan hob skeptisch eine Augenbraue.

"Ach nein? Aber ihr wollt heiraten."

Sie lächelte müde.

"Das wurde so beschlossen. Errol hat viel mit Vater gesprochen und Vater ist mit Errol als Schwiegersohn einverstanden. Mich hat er nur einmal mit seinem Wagen zu einer Spazierfahrt mitgenommen, um mir zu erzählen, was er sich für unsere Zukunft vorstellt. Irgendwann wurde mir mitgeteilt, dass ich mit Captain Errol Hadley verlobt sei."

Callahan hob nun beide Augenbrauen.

"Er hat dich nicht einmal gefragt? Und du hast das einfach so hingenommen?"

Rachel zuckte mit den Schultern.

"Mir war zu dem Zeitpunkt alles recht, denn ich habe kurz zuvor den Mann, den ich glaubte zu lieben, in den Armen einer anderen gesehen. Wahrscheinlich fragte mich Vater, ob ich Errol haben wollte, aber ich kann mich nicht daran erinnern."

Er sah sie ernst an.

"Nun, vielleicht weiß dieser andere Mann gar nicht, dass du ihn liebst."

Sie nickte.

CallahanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt