Kapitel 20

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Es stellte sich heraus, dass die Reinigungsprozedur tatsächlich funktioniert hatte.

Auf Yi Ling's großspurigen Kommentar, das er eben ein Genie sei, rollte Wen Qing nur mit den Augen, doch hatte er das seichte Lächeln auf ihren Lippen gesehen, als sie endlich wieder zurück in das Dorf kehren konnten.

A-Yuan hatte die gesamte Situation wirklich wie ein Großer gemeistert und das ließ er diesen auch gerne wissen, als er ihn in eine feste Umarmung nahm und sich ein paar Mal mit ihm im Kreis drehte, dass es diesen freudig quieken ließ.

Kleiner Apfel hatte sich ebenso eine Belohnung verdient gehabt und steckte seinen gesamten Kopf übereifrig in die Schale mit süßem Apfelbrei, die Großmutter Wen extra für ihn zubereitet hatte.

Yi Ling gab ein zufriedenes Raunen von sich, während er im Gras auf einem der Hügel nahe des Dorfes lag und im Schatten der Bäume döste.

Lan Zhan hatte sich angeboten den Sonnenbrüter zu untersuchen, was dessen Yin-Infektion anbelangte, und die Waldseelen schienen nun Vertrauen genug in sie zu haben, das sie es zuließen.

Es waren erst zwei Tage, von denen er vor Erschöpfung eineinhalb verschlafen hatte, doch gab der See schon eine wesentlich gesündere Aura von sich und er war guter Hoffnung, das sich das Leben darin wieder ausbalancieren würde.

Allerdings war die Ursache für die Verseuchung damit nicht abgestellt.

Sein Siegel war nur eine Gegenmaßnahme.

Um wirklich sicher zu gehen, sollten sie versuchen den Ursprung dafür zu finden und wenn möglich ihn auch beheben.

Es sollte nicht so schwierig sein.

Wenn sie herausfinden konnten, wo der Fluss an der Oberfläche entlangfloß, bräuchten sie ihm nur weiter Stromaufwärts folgen.

Lan Zhan konnte sicherlich bei den Waldseelen erfragen, ob sie ihnen den richtigen Weg weisen könnten.

Seine Finger streiften gedankenverloren über die Drachenblut-Perlen, die ihm Lan Zhan umgelegt hatte.

Ihre Wirkung war nicht zu leugnen und es ihm klar, dass diese Kette einen ungemeinen spirituellen Wert besaß.

So etwas kaufte man nicht an einem Straßenstand, noch gab man es einfach so weg.

Das Emblem das die Mala-Münze zierte ließ ebenso darauf schließen, dass es ein Clan Wertstück war.

Es war amüsant sich vorzustellen, das Lan Zhan es, wie ein rebellischer Quertreiber, klangheimlich entwendet haben könnte.

Aber Lan Zhan hatte darauf bestanden, dass er sie behalten solle, als er angesetzt hatte sie ihm zurückgeben zu wollen.

Vielleicht fühlte er sich damit auch etwas entspannter, wenn es um seine yuàn qì Kontrolle ging.

Es war ein Bonus, das die Perlen in seiner Lieblingsfarbe waren.


***


A-Yuan und Kleiner Apfel schauten gleichwertig unglücklich, als sie sich wenige Tage später, nun wieder auf den Weg machten, um dem Fluss zu folgen.

Besser sie kümmerten sich bei Zeiten um dieses Problem, bevor es noch anderweitig zu einem unkontrollierbaren Ärgernis werden würde.

Sie ließen Kleiner Apfel im Dorf, war nicht abzusehen, was für Gefahren ihnen auf ihrer Mission bevorstanden.

Hier wäre es sicher und ein guter Spielkamerad für A-Yuan, waren die beiden nur noch unzertrennlicher geworden.

Yi Ling wuschelte A-Yuan zum Abschied liebevoll durch die dunklen Haare und tätschelte den Kopf von Kleiner Apfel in derselben sanften Geste.

Dann straffte sich seine Haltung und er legte seine Hände auf den Rücken, während er wie ein General vor seiner Armee auf und ab schritt.

„Ihr zwei habt die Aufgabe auf das Dorf Acht zu geben, verstanden?", wies er in einem ernsten Ton an, der anzeigen sollte, wie wichtig dieser Auftrag war und es war schon allerliebst zu sehen, das sich A-Yuan nun ebenso etwas grader hinstellte und eifrig auf seine Worte nickte.

„Ihr zwei habt großen Mut bewiesen; Lan Zhan und ich sind gewiss, das wir uns auf euch verlassen können. Also haltet die Stellung, bis wir wieder zurückkommen." A-Yuan gab ein seriöses „Verstanden, Yi gē ge!", von sich und es ließ Yi Ling innerlich hingerissen jauchzen.

„Wir verlassen uns auf euch.", meinte Lan Zhan darauf ebenso gewichtig, das es Yi Ling ein leichtes Lächeln auf die Lippen trieb, das dieser in seine kleine Ansprache mit einstieg.

Dann wandte sich Yi Ling an Wen Qing und Wen Ning, die sie ebenso bis an die Grenze des Dorfes gebracht hatten.

„Passt auf euch auf." Wen Qing knuffte ihn darauf etwas derb gegen den Oberarm. „Das solltest du dir selbst zu Herzen nehmen.", meinte sie bedeutungsschwer und mit einem kritischen Blick, dem er mit einem überspielenden Räuspern auswich.

„Wenigstens brauchen wir uns nun keine allzu großen Sorgen mehr machen, mit Lan lǎo ye (respektvolle Anrede; Lord oder Meister) in deiner Nähe." Yi Ling grinste albern darüber.

„Was nicht heißt, dass du seine Geduld überstrapazieren sollst!", wies sie ihn sogleich wieder zurecht und kniff ihn in die Seite, dass es ihn leidlich japsen ließ.

„Ich doch nicht." Ihr ergebenes Raunen sprach für sich, doch zog sie ihn dennoch in eine kurze Umarmung.

„Wen Ning, nun schau nicht so. Ich bin schneller wieder zurück, als dir lieb sein wird.", richtete er sich schließlich an ihn und umarmte diesen fest und mit einem freundschaftlichen Klopfen auf den Rücken.

„Ich freue mich auf eure Rückkehr Meister Yi." Yi Ling raunte begrüßend über diese Worte. „Wenigstens einer, der es ehrlich ausspricht.", meinte er mit einem verstohlenen Blick zu Wen Qing.

Diese schnalzte genervt mit der Zunge und gab ihm einen Schubs.

„Nun geh schon, du wirst schließlich auch nicht jünger."

„Aber dafür attraktiver, stimmt's nicht Lan Zhan?" Wen Qing raunte erneut.

Lan Zhan wandte sich mit einer verabschiedenden Verbeugung an die Geschwister und ließ ihn ohne einen Kommentar stehen.

„Āi, Lan Zhan! Ich weiß du bist nur zu schüchtern um mir zuzustimmen.", rief er, bevor er ihm nachsetzte, sich aber noch einmal umdrehte um zurückzuwinken.

„Bist du sicher, dass du schon wieder gehen solltest? Ich könnte allein nach dem Fluss suchen.", hörte er Lan Zhan sich bei ihm erkundigen, als das Dorf außer Sichtweite geriet.

„Sie kommen klar. Wen Qing und Wen Ning können kleineren Ärger gut allein regeln."

„Wēn Qiónglín. Du vertraust ihm uneingeschränkt?" Yi Ling schwieg einen Moment, hatte er sich denken können, das Lan Zhan dieses Thema trotz allem nicht einfach zur Seite geschoben hatte.

„Er ist ein guter Kerl. Ich denke, das hast du selbst erkennen können." Yi Ling scheute sich nicht, sich verteidigend zu zeigen. „Auch bevor...bevor er zu dem wurde. Er war der liebenswerteste und schüchternste junge Mann der mir je begegnete. Das komplette Gegenteil von seiner dominanten Schwester. Aber sag ihr nicht, das ich das gesagt habe, ok?" Lan Zhan erwiderte nichts darauf, doch war klar, dass er noch immer eine erklärende Antwort erwartete.

„Das Dorf der Wens, bevor sie hierhergekommen sind, wurde geplündert und niedergebrannt. Es passierte über Nacht, und kostete viele Leben. Darunter auch das der Eltern von A-Yuan. Ich kannte das Dorf. Besuchte es, wenn ich wieder einmal in der Gegend war, da man einen stets willkommen hieß. Es war der Morgen, nach dem Angriff, als ich es in Schutt und Asche vorfand.

Ich suchte nach Überlebenden, fand aber nur noch die verbrannten Überreste einiger Bewohner.

Doch ich wollte die Hoffnung nicht aufgeben und suchte in den umliegenden Wäldern weiter.

Ich fand Wen Qing und die anderen, in einer Höhle.

Sie waren alle in schlechter Verfassung, körperlich wie auch mental. Wen Ning war zu jener Zeit kaum noch am Leben. Er hatte versucht seinen Leuten, die Flucht zu ermöglichen, und dafür wurde er übel zugerichtet.

Ich habe Wen Qing keine große Hoffnung gemacht, ihm noch helfen zu können, egal wie sehr sie mich auch anflehte etwas zu tun." Yi Ling schaute einen Moment stumm in den azurblauen Himmel.

„Sie ist eine clevere Frau. Sie wusste, dass ich nicht der simple Wanderer war, der ich immer vor gab zu sein. Spätestens, als sie eine Verletzung von mir hatte behandeln wollen. Es war dasselbe wie mit Lìn Pòsuǒ.

Ihr konnte ich auch nichts vormachen.

Am Ende versuchte ich was ich konnte, selbst nicht sicher, was das Ergebnis sein würde, doch es war besser als ihn einfach nur sterben zu lassen.

Wen Ning erzählte mir später, das die Plünderer auf der Suche nach etwas gewesen waren. Gingen sie davon aus, das ein Dorf mit Wen Familien, wenigstens eines von Wen Mao's oder Wen Ruohan's Artefakten versteckt halten könnte.

Eine völlig widersinnige Annahme, doch gingen sie gnadenlos mit den Bewohnern vor.

Es hat Monde gedauert, doch es hat sich ausgezahlt.

Wen Ning hat selbst meine Erwartungen übertroffen. Er ist der erste seiner Art, etwas das für ihn gefährlich werden kann, sollte herauskommen was er ist. Ich zweifle nicht daran, dass es genug machtgierige Finger gibt, die ihn nur zu gern, ihr Eigen nennen möchten. Nichts weiter in ihm sehen würden, als eine emotionslose Waffe.

Wen Ning ist viel zu gutmütig, doch wird er nicht zögern die, die ihm wichtig sind, mit allem zu verteidigen, was er hat.

Und wie ich schon erwähnte; sollte etwas mit ihm passieren, merke ich es sofort. Sein Yin, ist das meine und somit steht er auch unter meiner Obhut." Er hoffte seine Worte reichten aus, um Lan Zhan soweit zu beruhigen, das er nicht dennoch darauf bestand, Wen Ning unter Verschluss stellen zu müssen.

„Ich werde dir damit vertrauen.", hörte er ihn nach einer Weile des Schweigens sagen und es machte Yi Ling das Herz überraschend leicht, hatte er zuvor gar nicht gemerkt, wie wichtig ihm dessen Zuspruch wirklich war.


***

Qīngshuǐ Tāodài (Clear water silk ribbon) war eine beschauliche kleine Stadt, nicht unweit vom Fuß des Berges den sie herabgekommen waren und die ihren Namen zurecht trug.

Ein schmaler Wasserlauf, wie ein seidenes Band, zog sich durch die Mitte des Ortes, über welchen sich halbrunde hölzerne Brücken bogen, die mit bunten Bändern geschmückt waren und Qīngshuǐ Tāodài damit einen eigenen Charme verliehen.

Es ging keine Yin Präsenz vom Wasser hier aus, dass dessen Quelle nicht mit dem unterirdischen Fluss in Verbindung gebracht werden konnte.

Die Seiten des Wassers waren mit weißem Stein befestigt worden, welche einen angenehmen Kontrast zu den dunkel gehaltenen Häuserfronten bot.

Lotus-Mond war in den Orchideen-Mond (1) übergegangen, ohne das es Wangji wirklich für sich wahrgenommen hatte, doch war die ansteigende Hitze und Schwüle Zeichen dafür, das der Sommer sich voll entfaltet hatte.

Man schöpfte Wasser auf die trockenen Straßen, um den Staub zu bändigen, der sich sonst über Waren und Kleidung legte, ging es um diese Tageszeit recht rege zu.

Yi Ling gab ein weiteres Jammern über seine zerrissenen Hanfu (chin. Gewandung) von sich und zupfte unglücklich an diesem herum.

„Er war mein liebstes Stück, wo finde ich einen Ersatz, der so gekonnt meine Figur betont und trotzdem robust genug ist, für all die wilden Abenteuer die uns noch bevorstehen?" Yi Ling seufzte theatralisch über sein Schicksal.

Dabei war er selbst daran schuld, dass ihn dieses Malheur passiert war.

Kurz bevor sie Qīngshuǐ Tāodài erreichten, hatte dieser einen Baum mit wildwachsenden Pfirsichen ausgespäht und war entschlossen, ihnen welche als Reiseproviant zu pflücken.

„Sie mögen nicht besonders schön aussehen, aber ich garantiere dir, dass sie ausgezeichnet schmecken." Mit diesen Worten war er auch schon auf seiner Mission, den Stamm hinaufzuklettern, als er ihm sagte, dass es einfacher wäre, würde er auf seinem Schwert dieses Hindernis übergehen.

„Wo liegt denn da der Spaß drin?!", hatte dieser regelrecht empört gemeint und er ihn schließlich seinen Trotz ausleben lassen.

Der Baum war hoch genug, das es etwas Geschick bedurfte sich durch das Geäst zu bewegen, um an die vollsten Früchte heranzukommen.

Yi Ling ignorierte seinen Einwand, dass sie nicht so viele würden mitnehmen können, wie dieser einsammelte, schien ihn aber in seinen nahezu kindlichen Eifer komplett zu ignorieren.

Am Ende waren dessen Ärmel voll und schwer genug, das der Ast der ihn trug aufgab und dieser sich nicht mehr rechtzeitig hatte irgendwo festhalten können, mit all den Früchten die seine Arme ebenso nach unten zogen.

Einzig ein, „Lan Zhan! Fang mich!", war zu hören gewesen.

Und als er diesen dann gefangen hatte, war dessen erheitertes Lachen etwas, das den gesamten Wald um sie herum ausgefüllt hatte.

Erst als er den Schaden an seinem Gewand mitbekam, wechselte seine überschwängliche Stimmung in Weinerlichkeit.

So gesehen war dessen Hanfu schon recht abgetragen gewesen, was den Stoff dünn und anfällig gemacht hatte und es wohl nur eine Frage der Zeit darstellte, bis er ihm zerrissen wäre, das auch das Flicken nicht mehr viel ausrichten würde.

Abermals hörte er ihn seufzen, bevor dieser mit einem mürrischen Gesicht in einen der Pfirsiche biss, die er aus seinem Beutel gefischt hatte.

Sein Ausdruck nahm darauf etwas Zufriedenes an, bevor dieser ihm den Pfirsich vor die Nase hielt.

„Hier probiere, der ist wirklich gut. Selbst eure Götter-Pfirsiche werden da nicht mithalten können.", gab dieser überzeugt von sich und schob ihm die angefangene Frucht etwas näher ins Gesicht.

Es war eine flegelhafte Geste etwas bereits Angebissenes weiterzureichen, wenn es nach den Sitten seines Clans ginge, was ihn weiter unwillig auf die Frucht schauen ließ, ohne dass er sie entgegennahm.

„Lan Zhan, nun stell dich nicht so an, oder hast du Angst das man uns für ein Liebespaar halten könnte? (2)" Dieser wippte albern mit den Augenbrauen und grinste süffisant.

Wangji schenkte ihm einen Blick der ausdrücken sollte, dass er sein Gerede für Nonsens hielt.

„Warum sollte man das tun?", hakte er mit irritierter Stimme nach, was Yi Ling mit einem leicht überraschten Ausdruck quittierte, er aber schnell wieder zu seinem breiten Feixen zurückfand.

„Ach Lan Zhan, so rein und unverdorben." Er lachte folglich in dieser aufziehenden Art.

„Nun? Immerhin habe ich dafür mein Leben riskiert." Wangji seufzte innerlich über dessen nervige Beharrlichkeit.

„Einen anderen.", forderte er und hielt Yi Ling eine offene Hand vor.

„Der Herr ist sich nur zu fein, huh?", moserte dieser, aber reichte ihn schließlich eine neue Frucht.

Yi Ling hatte Recht. Der Pfirsich war süß und aromatisch, etwas das ihr blasses und etwas fleckiges Äußeres nicht vermuten ließ.

„Akzeptabel.", war seine Antwort auf dessen erwartungsvollen Ausdruck, doch schien Yi Ling sein Zuspruch nicht der richtige zu sein, schnaufte dieser ungläubig.

„Genussblinder Schnösel.", murrte dieser und stapfte voran.

In another life the sea is in the sky - Searching for the smile of the moonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt