Letzte Sonnenstrahlen
Bernstein war ein Tag nach der Beerdigung daran ihren Bau aufzuräumen. Die Schamanin füllte Kräuter nach, sofern sie noch wuchsen. Der Herbst war definitiev nicht ihre lieblings Jahreszeit. Sie hatte es schwer Heilpflanzen zu finden und sie hatte auch nicht immer die Zeit dafür. Ihre Assistentin fehlte ihr. Rot trainierte wieder. Sie wollte wieder Soldatin werden und hatte das Heilen für sich aufgegeben. Vermutlich war sie wohl noch sauer auf Bernstein... Sie würde sich deswegen nicht unterkriegen lassen. Sie schaute auf und wollte aus Gewohnheit nach Rabe sehen. Als sie sah das der Platz leer war, versetzte es ihr wieder ein Stich ins Herz. Er war nicht mehr da... Und er würde es auch nicht mehr sein. Rabe fehlte ihr so sehr. Sie durfte einfach nich daran denken wenn es ja so schmerzte. Dann würde es sicher leichter gehen. "Hallo? Bernstein bist du da?" fragte eine Stimme von draussen. Bernstein drehte den Kopf zum Ausgang. "Ja, komm nur herein" antwortete sie dem Fuchs. Wirbelwinds Kopf tauchte beim Ausgang auf. "Stör ich?" fragte er schüchtern. "Überhaupt nicht. Was gibt's?" fragte die Füchsin. Wirbelwind zögerte kurz. "Naja, ich sehe, dass es dir nicht gut geht... Möchtest du drüber reden? Mir schien als ob es dir vor der Beerdigung gut getan hätte" antwortete er. Bernstein seufzte. "Ich weiss zu schätzen, dass du dich sorgst, aber ich möchte das lieber ein Bisschen vergessen." Wind setzte sich. "Darüber zu reden hilft. Schweigen bewirkt das Gegenteil." Bernstein konnte ihn nicht mehr ansehen. Eine Weile blieb es still bis Wind sie brach:"Was machst du da?" Bernstein sah ihn wieder an. "Ich bringe mein Lager in ordnung." Wirbelwind sah sehr neugierig aus. "Ich interessiere mich insgeheim eigentlich mehr für die Heilkunst und generell Soziale arbeit als im Dreck zu fühlen oder zu Kämpfen" gestand der weissgraue Fuchs. "Aber du hattest niemanden der dir die Heilkunst zeigt?" erriet Bernstein. Wirbelwind nickte. "Du könntest mit mir mit, Kräuter sammeln" lud die Füchsin ein. Wind lächelte. "Gerne!" Bernstein ging mit dem Fuchs hinaus und führte ihn aus dem Dorf. Schneejäger führte vorerst die Anführeraufgaben weiter aus. Ihr Vater redete nicht mehr mit Ahorn. Sie hatten wieder gestritten. Bernstein gefiel das nicht. Auch wenn sie ebenfalls wütend auf Ahorn war wollte sie doch nicht, dass sich ihre Familie so verstritt. Dies hatten sie doch mit Sonne schon durch gemacht. "Du warst nicht seit deiner Geburt eine Lynca, oder?" fragte Wind. Sie schüttelte den Kopf. "Eine Komplizierte Geschichte" seufzte sie. "Achso... Ich habe Zeit, falls du es erzählen willst" bot der weissgraue Fuchs freundlich an. "Vielleicht ein andermal... Aber was hast du denn vor deiner Suche gemacht?" fragte die Schamanin um abzulenken. Bernstein war viel zu sehr in Gedanken versunken, als dass sie sich auf das Gespräch hätte konzentrieren können. Nach Rabes Beerdigung hatte sie auch an ihre Schwester gedacht. Sie war nach all der Zeit noch nie an ihrem Grab gewesen, weil sie vermeiden wollte Sonne zu begegnen. Bernstein sah auf und sah den Westwald in der Ferne hinter der Insel der ewigen Ruhe. Sollte sie gehen? Und was war mir Sonne? Wollte Bernstein ihre Mutter überhaupt sehen? Sie musste gestehen, dass sie es eigentlich nich wollte. Aber sie konnte auch für Funke gehen. "Hallo? Bernstein?" riss Wirbelwind sie aus ihren Gedanken. "Was?" fragte sie erschrocken. "Ich hab mit dir geredet... anscheinend war es nicht sehr spannend was ich erzählt habe..." erklärte er ihr und wirkte ein Bisschen niedergeschlagen. Ihr tat Wind so leid. Er war so schüchtern und unsicher bei anderen Füchsen. Es war ein Wunder, dass er sich immer wieder traute auf Bernstein zu zu kommen. "Es tut mir leid, Wind. Ich habe nur gerade an etwas wichtiges gedacht. Erzähl bitte nochmal, diesmal höre ich dir auch zu, es interessiert mich ja wirklich" entschuldigte sich Bernstein schnell. "Ich nerve dich auch wirklich nicht?" fragte er unsicher. "Nein, überhaupt nicht, nur hör auf sowas zu denken, ja?" bat sie den Fuchs sanft. "Okay... Also... ich war eigentlich nichts..." fing er nochmal an. "Wie meinst du das?" fragte Bernstein. "Ich war bei Menschen... Ein Haustier nennen sie es" erklärte Wind. "Du hast bei Menschen gelebt?" staunte Bernstein. Bei dem Gedanke an Menschen lief es ihr schon kalt über den Rücken. Wegen diesen Monstern war Rabe nun tot. "Ja, sie haben mich im Frühling, als ich noch ein Welpe war zu sich genommen. Aber... nicht alle Menschen behandeln Füchse gut... Ich hatte wohl Pech..." sagte der Wächter. Bernstein konnte nicht glauben, dass Füchse bei Menschen lebten. "Was haben sie dir angetan?" fragte Bernstein vorsichtig. "Ich konnte kein Welpe sein, wenn ich spielen wollte wurde ich bestraft, wenn ich zeigen wollte das ich Hunger habe, wurde ich bestraft. Ich wurde für alles bestraft" Bernstein konnte sich nun ahnen warum er so scheu war. "Und wie bist du entkommen?" erkundigte sich Bernstein. "Bin ich nicht, sie haben mich in eine Kiste gesteckt und aus dem Auto geworfen..." erklärte er abgebrochen. "Was ist ein... Auto?" fragte Bernstein. "Eine Blechkiste auf runden Beinen. Die Menschen nutzen sie um voran zu kommen. Diese Dinger gehen echt schnell" antwortete Wirbelwind. "Und sie haben dich einfach hinausgeworfen?" fragte Bernstein geschockt. Wind nickte. "Ich hatte keine ahnung wie man in der Natur überlebt. Ich musste es mir selbst beibringen. Dann stiess ich auf Rabes Vorhaben" schloss er seine Geschichte. "Es tut mir Leid, was du durchmachen musstest. Auch wenn es diese schlimme Zeit nich rückgängig macht will ich, dass du das weisst. Du hast jetzt eine Familie und wir werden dich nicht einfach weg werfen" versprach die Schamanin. Wirbelwind sah ihr fest in die Augen. "Du bist echt nett, weisst du das eigentlich?" Bernstein wich seinem Blick verlegen aus. "Für mich ist es Selbstverständlichkeit alle mit einzubeziehen. So habe ich... Rabe näher kennengelernt..." erklärte sie ins Gespräch vertieft. Doch Bernstein stockte als Rabes name fiel. "Zu früh zum drüber reden, hm?" fragte Wind. Bernstein nickte. "Ja... ich glaube schon... Ich kann es einfach nicht glauben, dass ich ihn nie mehr sehen werde." Der gefleckte Fuchs schüttelte den Kopf. "Wenn es die Sonnenseelen wirklich gibt, wirst du ihn sehen" ermutigte der Wächter entschlossen. "Das hoffe ich" murmelte sie und trottete zielstrebig Richtung Westwald. "Wo gehen wir eigentlich hin? Wachsen diese Heilpflanzen wirklich so weit weg?" fragte Wirbelwind. "Ich möchte das Grab meiner Schwester besuchen" gestand Bernstein schüchtern. "Oh... verstehe... Ich wusste nicht, dass du eine hattest... wie lange ist sie schon... nicht mehr da?" fragt Wirbelwind abgebrochen. Bernstein seufzte und überlegte. "...Wann war das... jedenfalls mehr als drei Wochen ungefähr. Ich glaube das müsste stimmen." Bernstein sah schon den Fluss, der sie erschaudern liess. "Verstehe. Das tut mit leid..." sagte Wind mitfühlend. "Muss es nicht. Es war gut, dass sie gehen konnte. Wie bei Rabe, sie hat gelitten." Der weissgraue Fuchs überquerte mit ihr den Fluss. Bernstein überwand sich zum schwimmen. Tiefes Wasser erinnerte sie nun immer an diesen einen Tag. Zu ihrem erstaunen, war Wirbelwind ein ziemlich guter Schwimmer. Nun waren sie sicher drüben angekommen. Beide schüttelten sich das kalte Wasser aus dem Pelz. "Wo hast du so schwimmen gelernt?" fragte sie ihn überrascht. "Die Menschen haben es mir beigebracht. Sie waren nicht immer schlecht, manchmal konnte ich auch Spass haben" Bernstein entgegnete nichts und lief zum Wald. Sie schlug den Weg zu ihrem alten Heim ein. Ob Sonne da nun alleine lebte? "Wo ist eigentlich ihr Grab?" fragte der Fuchs. "Ich habe keine Ahnung" antwortete Bernstein schlicht. Wind fragte nicht und schaute nur verwirrt. Sie ging voraus in den Wald. Der Wald war so seltsam still. Nur wenige Vögel sangen vor sich hin. Blätter fielen von den Bäumen. Die Farben waren so schön. Wie konnte etwas, was starb so schön wirken? Die Blätter raschelten unter ihren Pfoten, als sie durch den Wald liefen. "Hast du hier gelebt?" fragte er. Lächelnd nickte sie und dachte an ihre schöne Kindheit zurück. Sie traten vor die Höhle wo sie geboren wurde. "Sonne?" fragte sie. Keine Antwort. Doch sie rocht, dass sie kürzlich da war. "Scheint niemand da zu sein" murmelte Wirbelwind. Bernstein sah auch kein Grab. Vielleicht war Sonne dort. Nur wo mochte Funkes Grab wohl sein? "Sie ist da lang" meldete sich Wind. Bernstein wandte den Kopf zu ihm. Er deutete auf den Pfad, den Sonne immer zum Jagen genommen hatte. Auch Bernstein prüfte die Luft und stellte fest, dass er recht hatte. Schnell folgte sie dem Pfad, der sie weiter westlich führte. "Du magst deine Mutter nicht, oder?" fragte der Fuchs scheu. "Na ja, sie hat Dinge getan und gesagt, die nich unbedingt okay waren..." versuchte Bernstein zu erklären. "Meine Mutter war sehr sanft und fürsorglich, bei ihr fühlte ich mich sicher. Nur musste ich sie früh verlassen." Die Schamanin mochte es, wenn Wind über sich erzählte. Bei anderen fiel es ihm wohl schwerer etwas über sich zu erzählen. "Warum... vertraust du eigentlich nur mir solche Sachen an?" fragte sie zögernd. Er sah scheu zu Boden. "Ich vertraue dir mehr als den Anderen. Eigentlich erzähle ich gerne über mich, aber nicht jedem" sagte er als sie aus dem Wald auf den Wiesenstreifen traten. Der Boden erhob sich langsam und ganz oben sass Sonne. Die Füchsin sass vor einem Stein. Die jungen Füchse sahen sich kurz an, bevor Bernstein dann zu ihrer Mutter ging. Die hellrote Füchsin drehte den Kopf nur leicht zu ihr zurück. Bernstein blieb stehen. "Warum bist du gekommen?" fragte sie mit niedergeschlagenen Stimme. Sie wollte ehrlich sein. "Ich wollte Funke besuchen..." Sonne schaute wieder auf den Stein. "Und? Hast du deine Antworten? Bist du jetzt zufrieden?" fragte die Füchsin schroff. "Ja, und es wird sich nun vieles ändern. Das hat es eigentlich schon..." antwortete Bernstein und erinnerte sich wieder an Rabes Tod. "Hm... Ich hätte mehr von euch erwartet... Von dir" schnaubte sie nur. Bernstein kniff die Augen genervt zusammen. "Was hättest du denn erwartet?" konterte Bernstein. Sonne drehte sich um und sah ihr ins Gesicht. "Die Stämme sind das Böse!" Bernstein schüttelte den Kopf. "Auch sie können sich ändern, wie wärs, wenn du das auch mal probierst?" schnaubte die Tochter mit stechendem Unterton. "Ich muss mich nicht ändern. Die Stämme werden immer Mörder bleiben, hinterlistig und Gemein, ich weiss wovon ich rede!" schnaubte ihre Mutter. "Sie werden sich ändern weil sie nun die Wahrheit kennen, anders als du!" Bernstein versuchte sie zu überzeugen, nur warum tat sie das? "Ich dachte du wärst nicht so dumm dich auf diese Mörder ein zu lassen! Ich habe dich für schlauer gehalten als du bist und dann bringt du auch noch so einen als deinen Freund nach Hause. Da kann man ja nur enttäuscht sein!" Bernstein erstarrt bei den Worten. Sie verlor die Kontrolle und schlug ihr eins über. "Du hast kein Recht so über Rabe zu reden! Ich liebte ihn! Und als Mutter hättest du dich für mich freuen müssen! Ich kann verstehen warum du die Stämme hasst, aber das sollte nicht zwischen deinen Welpen stehen!" schrie sie ihre Mutter verletzt an. Sonne sah auf. Auch sie schien verletzt und erschöpft. Aber Bernstein empfand kein Mitleid. Nein, Sonne war zu weit gegangen. "Du hast kein Recht wegen Funke zu trauern. Wenn sie gesund zur Welt gekommen wäre, wäre sie irgendwann auch zu den Corvas gekommen, weil dort ihre Familie ist!" Sonne schüttelte den Kopf. "Ich versteh schon. Ich wollte sowieso gehen. Mich hält hier nichts mehr" erklärte die hellrote Füchsin wieder ruhig und niedergeschlagen. "Nein, du verstehst es nicht, weil du es nicht verstehen willst. Du läufst lieber Weg als für deine Familie einmal einen Schritt entgegen zu kommen. Du fokusierst dich so sehr darauf die Verganhenheit zu vergessen, dabei steckst du immer noch in der Vergangenheit fest. Es ist nich mehr wie früher. Die Stämme werden wieder in Frieden leben" versuchte Bernstein Sonne klar zu machen. Doch sie schüttelte immer wieder den Kopf. "Ich bin nicht mehr deine Mutter, du hast mich längst durch deinen Vater ersetzt, ich habe keinen Platz mehr in dieser Familie. Wiedersehn, Bernstein" erklärte sie mit harter und fest überzeugten Stimme. Dann wandte sie sich ab und trottete die Senke hinab, weiter nach Westen. Bernstein war so wütend und frustriert. Warum verstand Sonne nicht? Warum wollte sie nich akzeptieren? "Alles okay, Bernstein? Das war echt heftig..." sagte Wirbelwind, der nun auch zu ihr hinauf gekommen war. "Nein, nichts ist okay... Was muss denn noch passieren?" fragte Bernstein zitternd. Wind sah ihr mitfühlend in die Augen. Seine blauen Augen glänzten traurig. "Es ist keine leichte Zeit... Aber du schaffst das, wir schaffen das, ich bin immer da wenn du mich brauchst" versicherte der Fuchs. Bernstein antwortete nichts und sah Sonne nach. "Schau nicht hin..." sagte er und stellte sich vor sie. Sie sah ihn an. Er zögerte kurz und berührte sie dann Nase an Nase. "Du hast den Stamm, du brauchst sie nicht." Bernstein sah ihm fest in die Augen. "Ja, ich weiss..."
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Legends Of The Sun
AdventureDies ist die Geschichte von Bernstein, einer jungen Füchsin die die Spuren ihrer Familie zurückverfolgen will. Doch dabei trifft sie auf viele Geheimnisse und Sünden, die beglichen werden müssen. Es ist ihr Schicksal all dies heraus zu finden. Wohin...