Kapitel 21

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Ein weiteres Mal strich Kakashi nervös über die glatte Oberfläche des Rings, während er ihn betrachtete. Einige Wochen trug er ihn nun bereits bei sich. Er hob den Blick und ließ ihn über die mondbeschienene Lichtung, an deren Rand er an einem Baum lehnte, gleiten. Der weiße Himmelskörper spiegelte sich im plätschernden Becken des Wasserfalls.

Er hatte viel nachgedacht und war sich mittlerweile nicht mehr so sicher, ob seine spontane Idee, den Ring zu stehlen, so brillant gewesen war. Vielleicht wäre es tatsächlich besser gewesen, an jenem Morgen einen Schlussstrich zu ziehen. Er wusste, dass er den Abschied ohnehin lediglich hinausgezögert hatte. Außerdem war er mehr als verunsichert. Wie würde Itachi auf ihn reagieren? Würde ihre Verbundenheit auch außerhalb der damals gegebenen Situation Bestand haben? Er selbst war sich ja seiner eigenen Gefühle nicht einmal mehr vollkommen sicher.

Plötzlich hörte er ein Rascheln hinter sich und fuhr herum. Eine dunkle Silhouette stand hinter ihm. Kakashi konnte das Gesicht nicht erkennen, aber die Körperhaltung war eindeutig. Schnell ließ er den Ring in seine Tasche gleiten und schluckte den Kloß, der sich in seinem Hals bildete, hinunter.

Itachi trat noch einige Schritte auf ihn zu, bis das Mondlicht auch seine Züge erreichte. Er trug wieder den Akatsuki-Mantel. Auch Kakashi hatte seine normalen Tagesklamotten übergestreift. Überwältigt betrachtete er den Uchiha.

Seine helle Haut bildete im Mondlicht einen starken Kontrast zu seinem dunklen Haar. Eine leichte Brise fuhr durch es hindurch und trug seinen sauberen Duft zu Kakashi herüber. Dieser atmete ihn tief ein. Ihm war gar nicht klar gewesen, wie sehr er ihn vermisst hatte. Sein Herzschlag beschleunigte sich aufgeregt, während sie einander wie damals in einer anderen Nacht minutenlang anstarrten.

Schließlich machte auch Kakashi einen zögerlichen Schritt auf Itachi zu und streckte ihm zurückhaltend seine Hand entgegen. In dessen dunklen Augen lag ein scheuer Glanz, als er ebenfalls seine Hand ausstreckte und ihre Finger sich ineinander verschränkten.

Automatisch zog Kakashi ihn sanft zu sich heran und legte die Arme zögerlich um ihn. Itachi erwiderte die Umarmung schweigend. Sein warmer Körper drückte gegen Kakashis. Dieser ließ den angestauten Atem, den er wohl unwissentlich angehalten hatte, aus seinen Lungen entweichen, während sie schweigend am Rand der Lichtung standen.

Der aufgeregte Knoten, der seit Wochen in Kakashis Magen gelegen hatte, schien etwas abzuflauen. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Itachi ihm noch immer so offen gegenübertreten würde, hatte nicht damit gerechnet, dass er selbst noch immer so offen sein konnte. Die Zweifel von vorhin lösten sich in Luft auf und er war unendlich froh, den Ring gestohlen zu haben.

Nach einer Weile ließ Kakashi seine zitternden Hände zu Itachis Kopf wandern und drückte sich etwas von ihm weg, um in seine Augen zu schauen. Der Vollmond spiegelte sich in ihnen. »Itachi«, murmelte Kakashi mit rauer Stimme und legte die Stirn an seine. Ihre Nasenspitzen berührten einander.

Itachis Körper schien sich ein wenig anzuspannen. Sein warmer Atem strich über Kakashis Gesicht, als er leise sagte: »Dieses Treffen war ein Fehler.«

Diese Worte hatte Kakashi nicht erwartet. Er spürte einen Stich, der seine Hochmut etwas dämpfte, und rückte von ihm ab. »Wolltest du mich nicht mehr sehen?«, fragte er verunsichert. Ein verletzter Nachhall lag in seiner Stimme.

»Doch«, erwiderte Itachi. Es war fast nur ein Flüstern. »Mehr als du dir vorstellen kannst.« Er wandte den Blick ab. »Aber dennoch ...«

Kakashi unterbrach ihn: »Ist schon in Ordnung. Ich verstehe, was du sagen willst.« Er legte seine Hand an Itachis Wange und richtete dessen Augen wieder auf sich aus. »Ich habe auch viel nachgedacht und verstehe jetzt, dass wir nicht zusammen sein können.« Er musste bei diesen Worten schwer schlucken. »Aber zumindest diese eine Nacht können wir noch miteinander verbringen, nicht wahr? Und vielleicht ja auch noch einige weitere ...« Kakashi brach den Satz ab und schaute Itachi hoffnungsvoll an. In seiner Vorstellung materialisierte sich ein Bild. Itachi und er, wie sie sich in jeder Vollmondnacht hier trafen.

Itachis dunkle Augen glänzten. Eine plötzliche Sehnsucht lag in ihnen, aber auch ein Hauch von Bedauern. Als Antwort legte er beide Hände an Kakashis Gesicht und ließ seine Finger unter den Stoff der Maske gleiten. »Darf ich?«

Kakashi hielt überrascht die Luft an, während sein Kopf bereits automatisch nickte. Ohne weitere Umschweife striff Itachi die Maske herunter und zog Kakashi dann zu sich heran. Ihre Lippen legten sich aufeinander. Kakashi stellte fest, dass sie noch weicher als in seiner Erinnerung waren.

Mit seinen Fingern strich er Itachis dunkle Haare aus dessen Gesicht. Dann fing Itachi langsam an, einige Schritte ⁷nach vorne zu machen, sodass Kakashi rückwärts mitgehen musste, um nicht hinzufallen. Plötzlich spürte er einen Baumstamm in seinem Rücken, gegen den Itachi ihn mit seinem eigenen Körper presste. Er umfasste Kakashis Handgelenke und hielt sie neben dessen Kopf fest, während er seine Kinnlinie mit Küssen nachzeichnete. Kakashi stöhnte leise.

Plötzlich zog Itachi sich ein wenig zurück. Seine Pupillen waren geweitet. Etwas außer Atem fragte er ohne große Umschweife: »Möchtest du vielleicht mit mir baden?«

Kakashi starrte ihn aus großen Augen an, während sein ganzer Körper anfing zu kribbeln. »Ja.« Seine Stimme schien aus weiter Ferne zu kommen.

Itachi lächelte und strich einmal über Kakashis Handfläche. »Gut.« Dann ließ er eines seiner Handgelenke los. Das andere noch immer festhalten, zog er Kakashi sanft über die vom Mond ausgeleuchtete Lichtung bis zu dem kleinen Wasserfall.

Dort angekommen warf er einen prüfenden Blick über seine Schulter. Kakashi schaute ihn scheu an. Itachi fuhr ihm mit seinen warmen Händen durch sein Haar und lächelte ihm ermutigend zu. Dann drehte er sich von ihm weg und ging einige Schritte auf das Wasserbecken, das sich um den Wasserfall sammelte, bevor es schließlich abfloss, zu.

Mit großen Augen beobachtete Kakashi, wie er, den Rücken zu ihm, seinen Akatsuki-Mantel auf die Wiese legte. Dann zog er sich sein Shinobi-Shirt über den Kopf. Die schlanken Muskeln zeichneten sich deutlich unter seiner glatten Haut ab. Zum ersten Mal bekam Kakashi seine ANBU-Tätowierung zu Gesicht. Sie schlang sich in ihren eleganten Linien über seinen definierten Oberarm. Als er nach dem Bund seiner Hose griff, wandte Kakashi schnell den Blick ab. Das Herz schlug ihm bis zum Hals.

Erst als er das leise Platschen des Wassers hörte, wagte Kakashi es wieder, nach Itachi zu sehen. Er stand bis zu den Schultern in dem klaren Wasser und tauschte einen erwartungsvollen Blick mit Kakashi. Seine Haare waren nass. Dann drehte er sich etwas weg und starrte auf den schimmernden Wasserfall.

Dankbar über diese Privatsphäre begann Kakashi ebenfalls mit zitternden Fingern ungeschickt an seiner Weste herumzufummeln. Als er es geschafft hatte, sie abzulegen, zog er auch sein Oberteil und schließlich seine Hose aus. Die Klamotten legte er neben Itachis ab.

Dann schritt er zögerlich zum Wasserrand und ließ sich vorsichtig hineingleiten. Das klare Wasser kühlte seinen überhitzten Körper ein wenig ab und machte es ihm leichter zu denken. Ebenfalls mit dem Wasser bis zu den Schultern stehend, watete er auf Itachi zu, bis er schließlich direkt neben ihm stand.

Itachi wandte ihm leicht sein Gesicht zu und lächelte ihn an. Auch Kakashis Mundwinkel zogen sich automatisch nach oben und er legte eine Hand vorsichtig in Itachis Nacken, mit der anderen berührte er das ANBU-Zeichen, das auch seinen eigenen Körper zeichnete. Er konnte die Konturen seiner Muskeln klar spüren. Bei der Berührung der nackten Haut breitete sich eine Gänsehaut auf Kakashis Körper aus.

Er zog Itachis Kopf zu sich herum und drückte ihre Lippen aufeinander. Itachi schlang seine Arme um Kakashi, sodass ihre Körper einander berührten. Kakashi wurde heiß und kalt zugleich und er versteifte sich etwas.

Itachi zog den Kopf leicht zurück und schaute ihn fragend an. Dann zeichnete sich Erkenntnis auf seinem Gesicht ab und er lächelte sanft. »Ist das dein erstes Mal?«

Kakashi spürte, wie ihm die Röte auf die Wangen schoss und wandte den Blick ab. »Ist das so offensichtlich?«

Itachi griff nach seinem Kopf und küsste ihn wieder. Dann ließ er seinen Mund an Kakashis Wange bis zu seinem Hals herabgleiten. »Nur ein wenig«, murmelte er dabei. 

Kakashi x Itachi (Roman-Edition) - DeutschWo Geschichten leben. Entdecke jetzt