Kapitel 19

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Den restlichen Tag verbrachten sie sitzend auf dem Bett, während sie einander besser kennenlernten. Kakashi erzählte von seinen Eltern, Obito und Rin. Auch Itachi gab einige Geschichten aus seiner Kindheit weiter. Wann immer in jenen Sasuke vorkam, nahm seine Stimme einen sanftren Klang an. Einmal sagte er Kakashi, dass er froh war, dass sein kleiner Bruder einen Sensei wie ihn bekommen hatte.

Zum Mittagessen gab es erneut die Reissuppe und dieses Mal aß Itachi auch etwas mehr als zuvor. Wie viel Zeit verstrichen war, bemerkten sie erst, als es in dem Zimmer wieder dunkel wurde.

»Der Tag ist schon fast vorbei«, murmelte Kakashi mit einem Seitenblick auf den rot gefärbten Himmel.

Auch Itachi schaute aus dem Fenster. »Scheint so.« Seine Stimme klang abwesend. Das rote Dämmerungslicht, das in das Zimmer fiel, spiegelte sich in seinen Augen.

Schweigend betrachtete Kakashi ihn in den sanften Schattierungen des Sonnenuntergangs. Zum ersten Mal in seinem Leben wünschte er sich, er wäre künstlerisch begabt. Dann hätte er sich dieses Bild einprägen und daheim in Konoha auf eine Leinwand bringen können. Denn nur in seinen Gedanken gespeichert, wird die Erinnerung mit der Zeit unweigerlich verblassen und verschwimmen. Je öfter er es abrufen würde, desto schneller würde dieser Prozess vonstatten gehen.

»Ich möchte nicht fortgehen«, flüsterte er leise.

Itachi lächelte ihn traurig an, beugte sich dann zu ihm und gab ihm einen sanften Kuss auf seinen Mundwinkel. Es war der erste seit heute morgen. »Ich möchte auch nicht, dass du gehst«, erwiderte er. Kakashi spürte eine dumme Hoffnung in sich aufkeimen, die aber gleich darauf wieder zerschlagen wurde. »Aber wir wissen beide, dass du musst.«

Kakashi öffnete den Mund, aber er kam nicht dazu, etwas zu sagen. Itachi hatte seinen Zeigefinger auf seine Lippen gelegt. »Lass uns nicht die letzten Stunden, die uns bleiben, mit aussichtslosen Diskussionen verschwenden.«

Kakashis Verstand wollte protestieren und weiter nach einer Lösung dieser verzwickten Situation suchen, aber er unterbrach sich selbst. Es war offensichtlich, dass Itachi aus vermutlich nur ihm bekannten Gründen die Trennung von ihnen gewählt hatte und Kakashi konnte ihn zu nichts anderem zwingen. Das Beste, was er nun tun konnte, war Itachis Rat zu befolgen.

»Was willst du stattdessen tun?«, fragte Kakashi. Seine Stimme war plötzlich etwas heiser und sein Herz schien die Leistung auf das Doppelte erhöht zu haben. Er hätte wirklich nicht so viele Bücher von Jiraiya-sama lesen sollen.

Itachi lächelte verlegen und blickte auf seine Hände. »Mir ist etwas kalt.« Auf seinen Armen lag tatsächlich eine leichte Gänsehaut. Die kühle Abendluft drang ungehindert durch das geöffnete Fenster in den Raum.

»Soll ich das Fenster schließen?«, fragte Kakashi zögerlich.

Itachis Lächeln wurde etwas breiter. »Nein.«

Auch Kakashis Mundwinkel zogen sich unwillkürlich nach oben. Er gab Itachi einen flüchtigen Kuss, dann rutschte näher an die Wand, sodass er sich mit seinem Rücken an das Kopfteil des Bettes lehnen konnte. Er umfasste Itachis Taille von hinten und zog ihn, mit dem Rücken zu sich, zwischen seine Beine. Dafür erntete er einen etwas verwirrten Blick über die Schulter. Diesen ignorierend, legte er seine Hand an Itachis Wange und drückte seinen Kopf nach hinten, sodass dessen Hinterkopf auf Kakashis Brust auflag. Dann griff er nach der Decke und breitete sie etwas unbeholfen über Itachi und sich selbst aus. Seine Arme ließ er schließlich um Itachi geschlungen liegen. Sein dunkler Haarschopf hob sich mit jedem seiner Atemzüge. »Hast du noch einen Wunsch?«, fragte er sanft. Eine hoffnungsvolle Erwartung schwang in seiner Stimme mit.

»Nein«, murmelte Itachi und er atmete entspannt aus, während er seine Hände auf Kakashis legte. »Danke.«

Plötzlich war ein leisen Grollen zu hören und ein gleichmäßiges Rauschen setzte ein. Ein Blick aus dem Fenster verriet Kakashi, dass es wohl angefangen hatte zu gewittern. Durch den unerwarteten Wetterumschlag fühlte er sich noch behaglicher mit Itachi unter der warmen Decke. Der saubere Geruch des Regens erfüllte den Raum.

»So hat Mutter mich immer gehalten, während wir darauf gewartet haben, dass Vater von einer Mission zurückkehrt«, erzählte Kakashi und wiegte Itachi leicht hin und her.

»Wie alt warst du damals?«, fragte Itachi leise. Es war kaum mehr als ein Flüstern in dem immer dunkler werdenden Raum.

»Noch bevor ich auf die Akademie gekommen bin«, murmelte Kakashi an seinem Ohr. Er hatte die Geschichte, wie seine Eltern schließlich gestorben waren, bereits vorhin erzählt. Vorsichtig drückte er einen Kuss auf Itachis Scheitel. »Gute Nacht.«

Als Erwiderung strich Itachi mit dem Daumen über seine Hand. Kakashi lehnte den Kopf zurück an die Wand. Er würde sicherlich keine dieser letzten kostbaren Sekunden mit Itachi an Schlaf verschwenden. Er würde wach bleiben und jeden einzelnen Moment der Nähe bis ins Letzte genießen. Der grollende Donner schien mit ihm einer Meinung zu sein.

Kakashi x Itachi (Roman-Edition) - DeutschWo Geschichten leben. Entdecke jetzt