Alpträume

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L I S S Y

"Lissy, danke dass du gekommen bist", murmelte Sanna und drückte ihre Schwägerin an sich. Es tat Lissy gut, denn obwohl Samu sie verraten und verletzt hatte, konnte seine Schwester nichts dafür und Lissy mochte die junge Finnin sehr, auch wenn sie sich erst zu einem späteren Zeitpunkt dazu durchgerungen hatte, ihrer Einladung zu folgen.

"Ist er hier?" wollte Lissy wissen und übergab Kimi in die Obhut seiner Tante, damit sie aus ihrer Jacke schlüpfen konnte. "Dann geh ich wieder, sei so lieb und arrangiere kein Treffen, ich bin nicht bereit, ihm unter die Augen zu treten." 

Sanna seufzte resigniert und verschwand in der Küche, denn sie hatte für sich und Lissy eine finnische Spezialität vorbereitet, die noch immer vor sich hin köchelte. Sanna hoffte sehr, dass ihre Worte etwas bewirken würden und ihre Schwägerin bereit dazu wäre, Samu wenigstens zuzuhören, während sie in der schmackhaften Suppe rührte, um ein Anbrennen zu verhindern. 

Dem Sänger ging es seit der Trennung mit jedem Tag schlechter und er suchte immer mehr Trost und Zerstreuung im Alkohol. Nach dem Besuch bei ihrem Bruder hatte es nur wenige Tage gedauert, bis er wieder zur Flasche gegriffen hatte und Sannas Sorge um Samu wurde immer größer, doch das musste Lissy jetzt nicht erfahren. 

"Wie geht es dir", fragte die Schwägerin aufrichtig und stellte Lissy einen Espresso hin, um den sie zuvor gebeten hatte. Die junge Frau war gerade dabei Kimi das Fläschchen zu geben, welches der kleine junge schon kräftig mit anpacken konnte und mit jedem Tag wurde Samus kleines Ebenbild ein wenig selbständiger. 

Sanna fiel auf, wie sehr Kimi seinem Vater ähnelte und sie staunte über dieselben wachen, strahlend blauen Augen, dasselbe spitzbübische Lächeln und denselben blonden Schimmer in seinen Babyhaaren. 

"Ach Sanna" seufzte Lissy und wischte sich mit der Hand über das Gesicht. "Mich quält nur diese eine Frage: Warum? Ich dachte er liebt mich, warum betrügt er mich dann mit dieser Frau?" 

Sanna setzte sich neben sie und legte den Arm um Lissy: 

"Du vertraust mir oder?" 

Lissy sah zu ihr auf und wunderte sich über Sannas ernsten Tonfall. 

"Ich schwöre dir, beim meinem Leben und allem, das mir wichtig ist, dass er das nicht getan hat. Du weißt nicht alles. Meiner Mutter wurde der Schlüssel zu eurer Wohnung entwendet. Ich glaube dass Vivianne dafür verantwortlich war und sie die Aktion von langer Hand geplant hatte." 

Sie stand auf, öffnete das Fenster um die milde Frühlingssonne reinzulassen und fuhr fort: 

"Zuvor hat sie ihm eine mit Schlafmitteln versetzte Flasche Wein vor die Türe gestellt." In Lissys Augen lag die pure Verwunderung, aber auch ein Funken Skepsis: 

"Das klingt aber alles sehr an den Haaren herbeigezogen, Sanna" entgegnete Lissy ehrlich und war der festen Überzeugung dass ihn seine Schwester verständlicherweise nur in ein gutes Licht rücken wollte. "Das erklärt aber die Kerzen nicht und ihre Hände, ach Gott ..." Lissy schmerzte die Erinnerung "... in seiner Hose." 

"Er war weggetreten, Lissy, war mit Schlafmitteln vollgepumpt." 

"Er hat gestöhnt", widersprach Lissy mit wachsender Ungeduld. 

"Er kann nichts dafür und ich kann mir nicht vorstellen, dass es ihm gefallen hat." Lissy schüttelte den Kopf. 

"Was würdest du an meiner Stelle tun", wollte sie nun wissen, während sie Mimmi das Fell kraulte, die ihr um die Beine strich und fordernd miaute. "Einfach so tun als wäre nichts gewesen? Er hat mich betrogen und das während ich im Urlaub sein sollte. Das wirkt so geplant und passt einfach zu gut, um ein Missverständnis zu sein. Siehs doch mal von meiner Perspektive aus", bat Lissy und hoffte auf ihr Verständnis. Sanna ergriff ihre Hand und hielt ihren Blick fest: 

Eine Liebe auf Zeit (Eine Sunrise Avenue FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt