Tervetuloa Suomi

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L I S S Y

Wehmütig drehte Lissy noch eine letzte Runde durch die leergeräumte Wohnung, nachdem der Makler wieder verschwunden war. So, das wars also. Es erwartete sie ein völlig neues Leben in Finnland mit Samu und dem Baby. Auf der einen Seite war sie voller Vorfreude, aber Gewohntes loszulassen schmerzte immer etwas. Lissy hatte die erste Zeit gut überstanden und war nun im vierten Monat schwanger. Sie hatte einen unübersehbaren Babybauch und dieses unverwechselbare Strahlen einer werdenden Mutter in den Augen.
"Lis, komm schon, wir müssen los. Ich möchte nicht gleich beim ersten Treffen zu spät kommen."
Lissy streichte noch einmal liebevoll über den Holzrahmen der Tür, bye bye altes Zuhause. Es war schön mit dir. Bevor ihr noch die Tränen kommen konnten, verließ sie lieber schnell die Wohnung und tapste die Treppe runter zu Samu. Der genoss noch die letzten Sonnenstrahlen vor der bedrohlichen Wolkenbank und rauchte hastig eine Zigarette.
"Du bist doch nicht etwa nervös oder?" Samu guckte beleidigt.
"Also hör mal ein bisschen aufgeregt darf ich schon sein, wenn ich gleich die Mutter meiner Freundin zum ersten Mal sehe?" "Klar darfst du das, ich mache doch nur Spaß." Sie küsste ihm zärtlich auf die Wange und nahm ihn bei der Hand.
"Wie? Laufen?"
"Hey, sei doch nicht so träge, meine Mutter wohnt nicht weit von hier. Und Bewegung tut uns gut."
"Ich bewege mich die ganze Woche", protestierte Samu. "Denk doch nur mal an das viele Fitnesstraining. Außerdem fängt es hier gleich an zu schütten."
"Keine Widerrede, Samu." Er gab sich schließlich geschlagen und sie machten sich auf den Weg. Nach einem kurzen Spaziergang durch den wunderschönen Park, vorbei an großgewachsenen Bäumen, hatten die beiden das Haus von Lissys Mutter erreicht. Lissy bemerkte, wie Samus Nervosität mehr und mehr zunahm. Er blieb an dem Treppenaufgang stehen und schaute betreten auf den Boden. Seine Hände ruhten verschüchtert in seinen Hosentaschen.
"Komm schon, Liebster. Sie wird dich schon nicht beißen."
"Ich weiß aber, dass sie nicht viel von mir hält. Ich habe kein gutes Gefühl."
"Liebling, wenn sie auch nur ein falsches Wort an dich richtet, gehen wir auf der Stelle wieder." Lissy betätigte die Klingel, auf der in großen Lettern "Stolz" stand.
"In diesem Haus bin ich aufgewachsen, Samu." Sie lächelte, "schau mal da hinten hängt sogar noch meine alte Schaukel. All die Jahre haben meine Eltern sie stehen lassen."
Lissy schwelgte in Kindheitserinnerungen, während die schwere Haustür langsam geöffnet wurde. Samu begrüßte Lissys Mutter zuerst.
"Guten Tag, mein Name ist Samu. Es freut mich sie kennen zu lernen."
Lissys Mutter erwiderte seinen Händedruck, während sie ihn eindringlich musterte. Jetzt drehte sich auch Lissy um:
"Oh hallo Mama, ich denke gerade an meine Kindheit zurück. Die Schaukel steht ja immernoch."
"Du warst so ein liebes Mädchen. Es kommt mir vor als wäre es gestern gewesen, als ich dir jeden morgen deine Zöpfe geflochten habe. Und nun willst du mich tatsächlich verlassen? Ihre Mutter schüttelte den Kopf. Kommt lasst uns rein gehen."

Samu staunte über das große, exquisit eingerichtete Haus.
"Kommt bitte mit, ich habe Kaffee und Kuchen im Wintergarten für uns vorbereitet." Lissy nahm ihren eingeschüchterten Finnen an die Hand und die beiden folgten ihr. Der Wintergarten war hell, einladend und behaglich. Gepolsterte Rattanmöbel sorgten für ein gemütliches Ambiente und die Pflanzen vermittelten ein exotisches Flair.
"Setzt euch." Lissys Mutter konnte den Blick nicht mehr von dem neuen Freund ihrer Tochter abwenden. Wie war sie nur an diesen Prachtkerl gekommen. Fast erfüllte es sie mit einem gewissen Stolz.
"Sie wollen jetzt also meine Tochter nach Finnland entführen?"
"Mama, ich glaube du darfst "Du" zu ihm sagen." Lissy war peinlich berührt. Was ihrer Mutter schon wieder einfiel.
"Lissy, Mäuschen wir kennen uns nicht und deshalb finde ich die förmliche Anrede angemessen."
"Ja, ich habe dort eine große Wohnung und ich verspreche Ihnen, dass es ihrer Tochter an nichts fehlen wird. Ich werde mich sehr gut um sie und unser Kind kümmern."
"Natürlich da bin ich mir sicher."
"Aber Mäuschen, du bist dann soweit fort von mir, es wird mir das Herz brechen."
"Nicht doch, Mama. Ich komme dich besuchen, so oft ich kann." Lissy dachte sich: Du kannst es mir nicht mehr ausreden. Ich kenne deine Tricks genau.
"Du bist erwachsen, Kind und wirst schon das richtige tun."
Sie richtete das Wort wieder an Samu: "Sie sind prominent, nicht wahr? Ich hoffe trotzdem dass sie genug Zeit für meine Tochter haben werden."
"Mama!"
"Schon gut, Süße, das schwöre ich bei allem, was mir wichtig ist, dass ich immer Zeit für Lissy haben werde. Egal wie berühmt ich auch sein mag."
Samu war Lissys Mutter alles andere als sympathisch. Er hielt es für besser das Thema zu wechseln.
"Sie haben ein sehr schönes Haus." Er ließ seinen Blick durch den Raum wandern.
"Lissys Vater hat es gebaut, aber kurz danach hat er uns verlassen. Kam mit der Verantwortung nicht zurecht. Lissy war noch ein Baby."
"Das kenne ich, mein Vater hat uns auch verlassen. Eines Tages kam er einfach nicht wieder. Er ließ meine Mutter, meine Geschwister und mich einfach zurück. Ein paar Wochen später reichte er die Scheidung ein und wir haben ihn nicht wieder gesehen. Es war eine verdammt harte Zeit für uns, aber meine Mutter hat aufopferungsvoll dafür gekämpft, dass es uns an nichts fehlte. Sie allein hat dafür gesorgt, dass wir uns unsere Träume verwirklichen konnten. Ich werde ihr für immer dankbar sein."

Eine Liebe auf Zeit (Eine Sunrise Avenue FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt