Jadoras Augen brannten, als sie Fleur so sah. Die Vampirin lag inmitten eines Himmelbettes. Ihr Haar fiel federleicht auf das Kissen und floss seidig an ihrer Taille hinab. Ihre Haut war so blass und zerbrechlich, die Augen geschlossen.
Sie ging langsam vorwärts und sah sich im Raum um. Hier war es wärmer, als bei ihr. Neben dem Bett lagen Eisenhandschuhe, solche, wie auch die Frau gehabt hatte. Ja hob sie an und betrachtete das kühle Metall in ihren Handflächen. Es war hauchdünn und filigran in dem Stoff des Handschuhes eingearbeitet worden.
Hinter sich vernahm Jadora eine Geräusch. Miss war auch hier, das wusste sie, ohne dass sie sich umdrehte. Das Mädchen blieb neben Fleur stehen und berührte mit ihren Finger ihre Hand. Sie zuckte zurück, Fleur war eiskalt.
"Ich habe gesagt, es geht ihr nicht gut. Es war Gift auf der Klinge, das der Körper sehr schlecht abbauen kann. Wir werden hier noch etwas bleiben müssen", meinte Miss und verschränkte die Arme vor der Brust. Ja ließ sich bereits auf das Bett sinken und atmete Fleurs Geruch ein. Sie duftete nach Rosen und Wald.
Es war still, nur die Atemzüge der Vampirin waren zu hören. Von draußen drangen Tierschreie ins Haus. "Ich hole ihr ihre Tabletten. Sie helfen, das Gift abzubauen. Das kannst du ihr dann einflößen wenn du willst. Sie braucht es zweimal am Tag". Sie ging und Jadora legte sich neben Fleur hin. Zwirbtelte eine lange Haarsträhne und seufzte laut.
Die Tabletten waren rot und rochen scheußlich. Sie warf einen skeptischen Blick auf sie. "Mach schon, ich würde sie nie vergiften oder so", drängte die Frau. "Und wie soll ich es machen?" "Durch den Mund, was sonst?" Jadora warf ihr einen bösen Blick zu: "Ja, das ist schon klar. Aber erstickt sie dann nicht?"
"Nein, gib mal her". Miss griff nach dem Päckchen, löste zwei Tabletten heraus und zerkleinerte sie mit ihrer Faust. Dann kippte sie es in Fleurs offenen Mund. "Wird sie wieder?", wollte Ja wissen. "Sei ehrlich!" "Ich weiß es nicht", gab sie offen zu und steckte das Blister in die Tasche ihres Pullovers.
Sie ergriff die kalte Hand und hielt sie fest. Jadora strich über eine Narbe am Ellbogen. Sie war knochenweiß. "Die hat sie von Rabat", wusste Miss. "Warum? Warum genau wir?" Endlich wandte sie den Kopf, um die junge Frau anzusehen.
Die zuckte mit ihren schmalen Schultern: " Warum weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass es eine Ehre ist, die Schatten auszulösen". "Eine Ehre, Menschen zu töten?" Jadora verstand sie nicht. "Du verstehst das nicht, ich gehe jetzt duschen!"
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"Ja..Jadora." Sie schreckte auf und sah sich um. Ihre Beine schmerzten, da sie sie zum Schlafen angezogen hatte, um..Ihr Mund blieb offen stehen. Neben ihr lag Fleur und hatte die Augen offen! Zwar waren sie nur trübe und glasig, aber sie war wach! "Fleur", krächzte Ja froh und umarmte die Vampirin sachte. "Du hast uns aber einen Schrecken eingejagt!" Miss kam zu ihnen und saß sich ebenfalls auf das Bett.
Die Vampirin lächelte sie sanft an: "Du hast sie gefunden, das weißt du, oder?" Sie senkte den Kopf und legte ihr eine Hand auf das Bein. "Ich hatte Angst", schluchzte Jadora auf. Fleur wandte sich ihr zu: " Jadora, du hast mich gerettet. Du hast dich Darwin und den ganzen Schatten so mutig gestellt. Ich bin sehr stolz auf dich. Genauso wie Jacqueline".
Ja sah auf zu der jungen Frau. Die wich ihren Blick aus. "Du..bist Jacqueline?", fragte sie fassungslos. "Du hast ihr nichts gesagt?", wollte Fleur wissen und saß sich etwas weiter auf. "Bleib unten", herrschte Jacqueline sie an.
"Jadora, sie ist deine Schwester". Es war totenstill im Raum. Ja hörte Fleurs Atem und schloss kurz die Augen. "Nein, das kann nicht sein!" "Es ist aber so. Deine Mutter hatte eine Tochter, die schon neun Jahre bevor du geboren wurdest, das Licht der Welt erblickte. Sie hielt sie geheim, kam nur manchmal her, um sie zu sehen. Die Schattenjäger beschützen sie".
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Dunkle Bedrohung
Fantasy🥉3. Platz Butterfly Award 2021🥉 2. Platz Bookaward 2022/23 Seit Jahrzehnten gibt es nur schwarz und weiß, gut und böse. Das Schicksal wurde ihnen in die Wiege gelegt. Jadora kannte die Schatten nicht und als sie ohne Vorwarnung in deren We...