Kapitel 20

74 14 40
                                    

Sie musste abermals husten, so viel Staub lag am Boden verstreut. Da vernahm sie Schritte vor der Tür. Jadora hielt den Atem an und hörte auf, sich durch den Raum zu bewegen. Ja verharrte und legte sich schon einen Fluchtplan bereit.

"Jadora?" Darwins Stimme hallte durch den Raum. Die Schattenjägerin gab keinen Mucks von sich, kauerte sich in den Schatten nieder und hoffte, dass sie es schaffen würde. "Ich weiß, dass du dir gerade einen Plan zurechtlegst, damit du entkommen kannst, aber eins kann ich dir sagen. Ohne meine Hilfe wirst du hier nicht rauskommen".

Jadora fluchte innerlich vor sich hin. Warum wusste der Typ was in ihr vorging? Der Schatten lächelte: "Komm raus, es hat keinen Zweck!" Sie tat, was er sagte. Trotzig starrte sie zu ihm hinauf. "Na also, geht doch", meinte er. Seine Stimme jagte ihr einen Schauer über den Rücken. "Wie schon gesagt, du brauchst meine Hilfe um zu entkommen".

"Sagt wer? Wer sagt, dass ich deine Hilfe überhaupt will, du Dreckskerl?", schnaubte sie. "Willst du denn nicht hier raus?" Ja, natürlich, aber..nicht mit seiner Hilfe! "Wie du willst", sagte er und schloss die Tür. Nun war es stockfinster. Jadora hörte ihr Herz schlangen, oder war es von Darwin? Sie konnte es nicht einschätzen.

Darwin entzündete eine Kerze und stellte sie auf dem Boden ab. Langsam näherte er sich ihr. Jadora rutschte immer ein Stückchen zurück, bis sie mit dem Rücken hart gegen die Wand stieß. "Du kannst nicht zrück, nur nach vorne!" Es klang wie aus einem Buch auswendig gelernt. "Schon möglich", gab sie widerwillig zu und starrte zu Boden.

"Jadora, du kannst es nicht leugnen. Ich sehe es dir an, du willst mich. Genau wie ich dich will". Die Schattenjägerin riss den Kopf nach oben. Er konnte sie lesen wie ein Buch! "Ja", flüsterte sie. "Ich will dich!"

Darwin kniete sich vor sie hin und strich mit seinem Daumen über ihre Wangenknochen. Jadora schloss die Augen und kostete die Berührung aus. Er durchschnitt ihre Fesseln, jedoch nur bei den Händen. Verwundert sah sie ihn an. Was tat er hier? Was tat SIE hier?

"Scheiß auf unsere Familien", bat er sie und zog Ja hoch. Er legte seine Hände auf ihre Schultern und umarmte sie. Ja stellte sich auf die zehenspitzen, um ihn einen Kuss zu geben. Er war federleicht und gleichzeitig so intensiv. Seine Augen glitzerten im Schein der Kerze.

Plötzlich stockte Darwin unvermittelt. "Darwin, alles ok?", überlegte sie und erwartete, dass er weitermachte. Aber der Schatten war wie erstarrt. "Sag doch was!" Die junge Schattenjägerin trat ein paar Schritte zurück, Darwin fiel zu Boden und rührte sich nicht. Was war passiert?

Da nahm Jadora einen Atem war. Er war leise und regelmäßig. Lauerte ihr auf. Ja zitterte und presste ihre Hände auf ihren Bauch. Wo war sie hier bloß? Warum war sie nicht einfach mit Jacqueline zu ihrer Wohung gegangen und jetzt schon auf dem Weg nach Paris? Aber nein, sie war ja so ein dämlicher Sturkopf!

Die Kerze erlosch und es war stockdunkel. "Hallo?" Ja versuchte ihre Stimme nicht zittern zu lassen, was ihr jedoch nicht so recht gelingen mag. Eine eiskalte Hand legte sich auf ihre Schulter. Die Fingernägel bohrten sich in ihr Fleisch. Ja hielt den Atem an, sie rechnete jeden Moment damit, dass sie zerfetzt wurde. Niemand würde je erfahren, was wirklich passiert ist.

"Jadora. Ich bin es". Diese vier Worte versetzten Ja so einen Schock, dass sie auf die Knie sank. "Hey!" Die Person, der die Stimme gehörte, nahm ihr Gesicht in ihre Hände. Sie waren eiskalt und zart. Vertraut. "Nicht weinen, alles ist doch gut". Die Schattenjägerin hatte nichteinmal gewusst, dass ihr Tränen über die Wangen rollten.

"Du bist da", flüsterte Ja leise. "Ja, Ja. Ich bin da und ich werde nie wieder weggehen", versprach Jacqueline ihr. Ihre Schwester zog sie in eine Umarmung. "Ich..hatte Angst...Ich hatte Angst, dass ich hier sterben werde", meinte Jadora. "Nein, das wirst du nicht. Hattet ihr da etwas am Laufen..?" Der Satz hing unausgesprochen im Raum. "Ja....".

Jacqueline sah sie an. Ihre Augen schimmerten. "Okay, ich bringe dich mal hier weg". "Was ist mit ihm? Ist er tot?" Sie schüttelte den Kopf: "Er kommt bald wieder zu sich. Die Blitze haben ihn flach gelegt, aber es wird ihm besser gehen, sobald wir außer Gefahr sind, also komm jetzt verdammt nochmal!" "Ich habe gar keine Blitze gesehen!" "Wenn man lange genug trainiert, kann man auch Blitze erschaffen, die farblos sind", erklärte Jacky.

Beide rannten aus der Kammer. Jadora blendete das Licht und sie kniff beim Rennen die Augen zusammen. Dadurch stieß sie gegen ein Regal. "Man, kannst du nicht aufpassen?" Jacqueline drehte sich zu ihr um. Ihre Haare schienen zu glühen und in ihren Augen funkelte es. "Es tut mir leid, dass ich weggelaufen bin. Es tut mir alles so leid". "Hast du das gehört?" Sir Amroses Stimme erklang.

"Nee, was denn?", wolte Lumiel wissen. Die Zwei mussten offenbar im Wohnzimmer sitzen. Dem Geruch nach zu urteilen, tranken sie gerade einen schönen Kräutertee vor dem Kamin. "Da ist doch jemand. Warte, ich guck mal schnell nach". Schritte näherten sich dem Flur. Panisch guckte Ja zu ihrer Schwester, die ganz blass um die Nase geworden war. Dies hier war eine echt brenzlige Situation.

Sie warf ihr einen Blick zu. Die Schwester flogen förmlich zur Tür und rissen sie auf. "Au, verdammt!" Jacqueline zuckte zurück und hielt sich die Hand. Sie war verbrannt und hässlich rot. Sie unterdrückte einen Schmerzenschrei mit aller Kraft. "Jacky", stieß Jadora leise hervor und warf einen gehetzten Blick zurück. Sir Amrose stand mit einem Schwert in der Tür. "Feeng, damit kann man das Haus nicht so sehen, wie es in Wirklichkeit ist. Also, Irdische können es nicht so sehen", erklärte die Frau.

"Also..ich bin ja nur Halbschattenjägerin..". "Nein! Nicht!", brüllte Jacqueline und streckte den Arm aus, aber Ja hatte schon die Klinke nach unten gedrückt und es passierte- nichts. "Los, los!" Die Schattenjägerin zog ihre völlig verdatterte Schwester hinter sich her. Gemeinsam flohen sie in die bodenlose Dunkelheit der Nacht. "Ich werde euch finden! Ich werde euch und all eure Mitglieder finden und vernichten!"

Jadora rannte und rannte immer weiter. Sie wuste gar nicht, ob sie in die richtige Richtung lief, aber das war egal. Sie stand unter Schock. "Ja, warte!" Sie stoppte erst, als sich eine Hand um ihre Schulter schloss. "Jacky..geht es dir gut? Lass mal deine Hand sehen". Sie streckte ihre Hand aus. Sie war rot, aufgeplatz und geschwollen. "Es geht schon, doch..wie hast du das gemacht? Feeng- besonders der Feeng -ist manchmal sogar tödlich für uns", überlegte sie und zog Ja in ihre Arme. "Ich weiß es nicht." Als sie sie wieder losließ, betrachtete Ja ihre Hände.

"Da ist Pulver darauf. Darwin...." Die Schattenjägerin blickte zurück in die Richtung, aus der sie flohen. Er hatte ihr das Pulver gegeben, als er sie hochgezogen hatte und sie hatte es nicht gemerkt. "Was? Er..hat dir Pulver gegeben, damit dir der Feeng nichts anhaben kann? Okay". Jacky schüttelte den Kopf, wobei ihre langen Haare ihr ins Gesicht fielen. "Er ist nicht so, wie die anderen", fing Jadora an. "Klar doch. Na komm, wir müssen noch ein Stück gehen, bevor wir wieder daheim bzw. im Haus sind". "Warum fliegen wir nicht einfach?", fragte Ja und schloss zu ihr auf. Jacqueline lächelte leicht: "Gute Idee!"





Dunkle BedrohungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt