"Caro, Lucy", hauchte Jadora. Es wäre, als hätten die Mädchen ihren Namen gehört, denn just in diesem Augenblick drehten sie sich in ihre Richtung. Ja ließ sich schnell auf den Boden plumsen und presste ihr Gesicht auf die Knie.
Sie hätte nicht gedacht, dass sie ihre besten Freunde nocheinmal sehen würde. Und hier...Es kam ihr vor wie ein Traum, ein richtig schlechter Traum. Sie schauderte es, wenn sie daran dachte, dass die Schattenjäger sie umbringen wollten.
Ardvin war am Rande der Schule geblieben und warf ihr böse Blicke zu. Jadora ignorierte sie und konzentrierte sich wieder auf die Jugendlichen vor ihr. Warum waren sie überhaupt hier? Es waren schließlich Sommerferien! Dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen.
Caro hatte die ganze Zeit von einem Sommercamp in der Nähe Paris' geschwärmt, doch da weder Lucy noch Jadora Zeit hatten, hatte das Mädchen gemeint, dass es Geschichte war. Anscheinend nicht.
Ein Vibrieren holte sie aus ihren Gedanken. Ja zog ihr Smartphone aus der Hosentasche und nahm den Anruf entgegen. "Ich bin sauer, aber stellen wir das mal hinten an", empfing sie Ardvins Stimme. Die junge Schattenjägerin seufzte leise auf und verdrehte die Augen. "Ich kann dich immernoch sehen, Roux! Aber nun, ich habe von einem guten Freund, der bei den Chemikern ist, erfahren, dass sie bereits soweit wären", berichtete er ihr.
"Ok, das ist doch gut, oder?" "Ja, sie warten nur noch auf unser Zeichen!" "Was..haben die denn zusammen gemixt?", wollte sie wissen. "Schwefel, glaube mir, da rennt jeder davon!" Sie hörte sein Lachen und musste selbst auch ein bisschen lächeln. Sie beendete das Gespräch und lugte über den Busch hinweg. Die Gruppe stand unverändert an ihrem Platz.
Ja streckte den Daumen in die Luft, ließ die Menschen jedoch nicht aus den Augen. "Und jetzt wollen wir uns mal das alte Gebäude von innen ansehen", ertönte die Stimme der Führerin. Wo blieb bloß die Abwehr? Wenn sie nicht schnell genug agierten, mussten sie sie wohl händisch davon abhalten, nach Elase zu spazieren.
"Bah! Was stinkt denn da so?", kam ein Ruf aus der Menge. "Ja, das ist fürchterlich!" Jadora atmete tief durch. Sie hatten es geschafft. "Das ist Schwefel, Kinder. Los, gehen wir, es kann gesundheitsschädlich werden", rief die Erwachsene. Sie liefen von dem Gebäude weg.
"Aua!" Ja zuckte zusammen. Dies war eindeutig Lucy gewesen. Sie stand auf, achtete aber darauf, dass sie in Deckung blieb. Lucy war in einem Strauch gefallen, welcher am Wegesrand wuchs. So ein Tollpatsch aber auch, dachte sie und wollte sich schon zurück zu Ardvin schleichen, doch Caros Stimme hielt sie davon ab.
"Fuck, das ist eine Herkulesstaude! Giftig!" Caro war da ganz in ihrem Element, als sie klein war, war sie bei den Pfadfindern gewesen. Ihre Eltern liebten die Natur und gaben dies an ihre Tochter weiter. Sofort blieb die ganze Truppe stehen und sahen sich nach Lucy um. Die Erwachsene kniete sich nieder und half ihr aus dem Gewächs raus.
Jadora überkam die Angst, da diese Pflanze wirklich giftig war und wer weiß was verursachen konnte.
Die Schattenjägerin lauschte noch angestrengder. "Ich..habe sie in den Mund bekommen", schluchzte Lucy laut auf. Verdammter Mist! Plötzlich sank sie zu Boden, ihr Körpre wurde von heftigen Krämpfen geschüttelt. Die Jugedlichen stießen einen schrillen Schrei aus. Ja wurde ganz kalt, in ihren Ohren rauschte das Blut. Hier waren sie im Nirgendwo, nur die Schattenjäger konnten helfen, was sie jedoch nicht machen würden.
Sie verabscheuten Menschen, obwohl sie sie ja eigentlichauf irgendeinen Art und Weise beschützen. Jadora sprang aus ihrem Versteck. "Lucy, alles wird gut!", schrie sie und lief auf sie zu. Ihr war egal, dass sie riesen Zusammenschiss bekommen würde oder dass sich ihre Freunde fragen, was sie hier machte. Caros Kopf ruckte als einzige zu ihr, ihre Augen weiteten sich vor Erstaunen.
In der nächsten Sekunde landete Ja auf dem harten Untergrund und überschlug sich ein paar Mal. Dabei ging das Pflaster ab und blieb an einem Grasbüschel händen. Ihr Kopf brummte von dem heftifgen Aufschlag, ihr Handgelenk brannte, als ob es in Feuer stünde.
Neben ihr vernahm sie ein leises Keuchen. Ja hob schwerfällig den Kopf und sah eine schwarze Person mit langen, hellen haaren. "Jacqueline?", murmelte sie. Ihre Schwetser wandte sich ihr zu, in ihrer Hand lag ein Dolch. "Was machst du nur für Sachen, Jadora? In Cergy hast du mit ihnen zusammengelebt, schon klar, aber hier ist es etwas anderes. Sie sind in unser Reich eingedrungen", zischte Jacqueline. Ihre Augen loderten vor Wut.
"Und? Wir können Lucy nicht sterben lassen, sie hat nichts getan", hielt Ja dagegen und saß sich auf. Sie bemerkte, dass ihre Schwester sie hinter einen Stein gestoßen hatte und presste sich gegen die kalte Wand: "Bitte!" "Es gibt Grenzen. Wir beschützen sie auch vor Schatten, doch wenn sie in unbefugtes Gelände eindringen und dann selbst schuld sind, dass sie verrecken..tja, das ist nicht unsere Aufgabe und ich hoffe, du verstehst das!"
Die beiden spähnten vorsichtig hinter dem Stein hervor. Mittlerweile reanimierte die Betreuerin Lucy schon. "Ich kann das nicht mitansehen, ich muss einen Rettungswagen rufen", piepste Jadora und tiptte mit zittrigen Finger die Nummer ein. Wie hatte sie sich nur davon abhalten lassen, ihre Freundin zu retten? Sie war wirklich verdammt blöd.
Jacquelines Hand stiff ihre, sie sah auf. Ihre schmalen Finger sperrten das Display und zogen es Ja aus der hand. "Sie ist tot, du kannst nichts mehr für sie tun". Nein! Ja sprangen Tränen in die Augen und liefen ihre Wangen herab. Nein! "LUCY!" Caros verzweifelter Schrei hallte durch den Wald, wurde darin aufgesogen. Ja war sich sicher, dass wenn man hierher kam, sie immernoch schreien hören würde.
Ein vertrauter Geruch stieg Jadora in die Nase. Ardvin. "Hey..alles klar?", wollte er wissen, als er ihr verheultes Gesicht sah. Sie schüttelte stumm den Kopf und richtete den Blick abermals auf die Truppe, die nun niedergeschlagen aufstand. Die Erwachsene klappte Lucy die Augen zu und wies zwei Jungs an, ihr tragen zu helfen. Wie tragisch das sein musste..sie hatte sie nicht retten können.
"Die Tote war ihre Freundin", meinte Jacqueline dann, als Ja nichts darauf erwiderte. Ardvin sog zischend die Luft ein: "Scheiße man..es tut mir so leid!" Jadora nickte: "Ja, mir auch". Dann wandte die Schattenjägerin sich ihrer großen Schwester zu: "Warum bist du hier?"
"Wegen Fleur, wir müssen besprechen, wie es weitergeht!" Ja stand auf und ging schweigsam nach Elase zurück. Kurz bevor sie eintreten wollte, fiel ihr ein, dass das Tattoo nun nicht länger bedeckt war. Mist! Ja kniete sich nieder und suchte nach einem Stein, mit dem sie sich schneiden konnte, sodass das Blut das Tattoo verdeckte.
Dann zeigte sie ihren Pass vor und die Türen in die Schule schwangen auf.
*********
"Das hätte man ja auch anders lösen können!" Jacqueline war alles andere als erfreut, als sie Jadoras Arm sah. Diese zuckte nur mit den Schultern: "Ich wusste nicht wie und keiner war da." Sie saßen in Jas Zimmer, keiner konnte sie hören. Es war schon spät und bald würde die Nacht herein brechen. Das Abendessen hatte sie ausfallen lassen.
Ihre Schwester seufzte und sank auf das Bett. Unter ihren Augen hatten sich Augenringe gebildet und sie war blasser als das letzte Mal. "Hat dein Freund es gesehen?", fragte sie. "Ich denke nicht", gab sie zurück und legte das Kinn auf ihre zusammengezogenen Knie.
"Jadora, jetzt spinn nicht wegen einer Menschenfreundin herum!"
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Dunkle Bedrohung
Fantasy🥉3. Platz Butterfly Award 2021🥉 2. Platz Bookaward 2022/23 Seit Jahrzehnten gibt es nur schwarz und weiß, gut und böse. Das Schicksal wurde ihnen in die Wiege gelegt. Jadora kannte die Schatten nicht und als sie ohne Vorwarnung in deren We...