Kapitel 30

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"Wegen EINER Menschenfreundin? Sie war meine beste Freundin", platzte Jadora der Kragen. Blut quoll aus der Wunde, die mit einem Verband verbunden war. Es tat weh, aber das würde sie vor ihrer Schwester nicht zugegen und überhaupt tat der seelische Schmerz viel mehr weh.

"Es..tut mir leid". Jacqueline verstummte. "Ich fasse es einfach nicht, dass ich nichts getan habe. Sie starb, meinetwegen", flüsterte sie. "Nein, ja! Das darfst du nicht sagen, du bist nicht schuld. Wir hätten genauso Hilfe holen können, doch du weißt ja...Manches wird sich nie ändern", meinte ihre Schwester und berührte ihr Handgelenk.

"Aber es tut so verdammt weh! Wie..hört es auf?", wollte Ja wissen, ihre Sicht verschwamm. Jacky stockte und ließ von ihrem Handgelenk ab: "Es wird niemals aufhören, nur der Schmerz wird nicht mehr ganz so stark sein. Hier..." Etwas klimperte und als sie aufblickte, erkannte sie, dass es sich um eine Kette handelte.

Sie schien aus purem Licht zu bestehen, so hell strahlte der Erdelsetin, welcher von Metall umschlossen war. "Sie gehörte Fleur, aber sie war der Meinung, dass du es tragen solltest". "Danke...", wisperte Ja und nahm die Kette entgegen. Sie hob ihre Haare auf, sodass Jacqueline sie ihr umlegen konnte.

Als sie ihr Werk begutachtete, wirkte sie sehr zufrieden. Gedankenverloren strich sie ihr eine Haarsträhne zurück: "Du gleichst Mutter so sehr". Jadora sah weg. Sie wollte jetzt nicht über die Vergangenheit sprechen, sondern davon, wie sie Fleur aus dem Gefängnis holten.

Es war, als hätte Jacqueline ihre Gedanken gehört. "Ich habe sogar mit der Polizeichefin, also unsere Polizeichefin, geredet. Sie ist das Oberhaupt, wenn es um Strafdelikte geht. Sie meinte, dass es einfach unverzeihlich wäre..Wir haben keine Chance...".

Das war nicht das, was Ja hören wollte. "Gibt es denn überhaupt keinen Weg? Ich meine, es war eine Ausnahmesituation, wenn wir es ihr vielleicht erklären würden", argumenierte Jadora leidenschaftlich. Ihre große Schwester wiegte den Kopf: "Ich weiß nich".

"Kannst du mit ihr ein Treffen vereinbaren?" Ja erkannte ihre Stimme kaum wieder. Jacquelines Augenbraue wanderte in die Höhe: "Du..willst das wirklich durchziehen?"

Die junge Schattenjägerin stand auf, obwohl ihr dabei ein bisschen schwindelig wurde: "Ich habe zugelassen, dass ich Lucy verliere. Ich verliere Fleur ganz bestimmt nicht!"

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"Jadora!" Eine Stimme weckte sie. Sie blinzelte und musste feststellen, dass es noch tiefste nacht war. "Jacqueline?", murmelte sie benommen und saß sich auf. "Ja, ich bin's. Hör zu, ich habe sie erreicht und um ein Treffen gebeten. Wir müssen los!" Sofort war Ja wieder hellwach.

"Das..ist ja klasse!" Jacqueline öffnete das Fenster und spähte hinaus: "Ok, es ist nicht sehr hoch..kannst du in dieser Verfassung fliegen?" "Was? Ich dachte, wir nehmen die Tür", meinte sie verwirrt. "Das geht nicht, Elase wird dich nicht gehen lassen, vorallem jetzt nicht!" "Haben die keinen Alarm oder so?", wollte Ja wissen und rieb sich über die Augen.

Jacqueline verneinte es mit einem Kopfschütteln: "Alle Schattenjäger sind sehr froh, hier aufgenommen zu werden und Schutz zu haben. Keiner der Schatten weiß, wo Elase steht, unser Vorteil. Und nun komm, das Treffen findet in einer halben Stunde statt, du willst sie doch nicht warten lassen, oder?"

Die Schwestern stiegen auf die Fensterbank und lehnten sich hinaus in den Wind. Er war warm und süß. Wie bei den Abenden in Cergy..."Ich weiß nicht so genau, ob ich es schaffe", gab Jadora zu. "Süße, ich weiß, es ist schwer, aber du musst versuchen an nichts zu denken. Wie Luft eben". Tja, das war leichter gesagt als getan.

Jadora schwirrten so viele Gedanken durch den Kopf, doch der Größte war Luno. Sie hatte es noch nicht verarbeitet, wusste nicht, ob sie es jemals können würde, jedoch wollte sie kein Mitleid haben. Im Moment hatten alle andere Sorgen.

"Ja?" "Ich schaffe das", war ihre Antwort. Ihre Lider klappten herunter. Die Schattenjägerin drängte die ganzen Gedanken in den hintersten Winkel ihres Gehirns zurück, damit konnte sie sich immernoch später befassen. Fleur zählte auf sie, sie konnte sie jetzt nicht einfach im Stich lassen.

Der Wind wurde stärker, kribbelte auf ihrer Haut. Ihre Haare richteten sich auf. "Super Jadora Olivia Jacqueline. Du hast es geschafft!" Ja öffnete ihre Augen und sah, dass sie keine Körper mehr besaß. Sie schwebte genau wie ihre Schwester, es musste ihre Schwester sein, der Nebel neben ihr, über den Boden.

"Jacqueline..weißt du, warum wir das können? Warum wir ein Tattoo haben?" Sie schluckte und befürchtete Schlimmes. "Ja, ich denke, dass ich es weiß", unterbrach sie die Stille. "Ich glaube, dass sich in Mutters Blutlinie Schatten mit Schattenjäger gekreuzt haben. Vielleicht hatte man ihr gesagt, dass sie keinen Nachwuchs haben durfte und wurde deswegen bei dir dann abgeholt. Mich hat sie verstecken können, aber..dich.."

"Ich bin schuld an allem, mal wieder", krächzte sie. "Aber nein! Tut mir leid, wenn du das so aufgefasst hast, das bist du natürlich nicht!" Ja sagte nichts dazu und folgte Jacqueline schweigend, als sie weg von Elase flogen.

Sie waren schnell in Paris und warteten am Eiffelturm auf die Polizeichefin, die ganze Leben kaputt machen könnte. Inzwischen überlegte sich Jadora, wie sie vorgehen müsste, um sie von Fleurs Unschuld zu überzeugen.

"Jacqueline Ar, Jadora Roux. Was für eine Ehre!" Beide fuhren herum und starrten in  das Gesicht einer blonden, jungen Frau. Sie war vielleicht knapp älter als Jacqueline, jedoch strahlte sie solch eine große Macht aus, dass Ja einen halben Schritt zurück wich. Sie hatte es wohl gesehen, denn die Andeutung eines Lächeln huschte über ihr Gesicht.

Sie trug ein knappes Shirt, welches ihren Bauch frei ließ. Ihre Beine steckten in einer engen Jeans, die mithilfe einen Gürtels zusammen gehalten wurde. Auf diesem befand sich eine Marke, die ganz nach Polizei aussah.

Ihre Haare fielen ihr in sanften Locken bis über die Schulter, ihre grünen Augen strahlten im Licht der Straßenlaterne wie die eines Tigers.

"Madame Kula, es ist uns eine Ehre, dass Sie sich für ein Treffen Zeit genommen haben und den beschwerlichen Weg von Polen auf sich genommen haben", bergüßte Jacqueline die Schattenjägerin und neigte den Kopf. Ja runzelte die Stirn. War sie hier eine so Art Königin?

"Die Freude ist ganz meinersseits. Nun zu dir, Jadora. Ich habe ghört, dass du mit mir wegen deiner Tante sprechen wolltest?!" Sie kam ein paar Schritte näher, ihre Absätzte klickerten auf dem Pflasterstein.

Jadora schluckte und sah ihr in ihre raubtierhaften Augen. "Ja, genau das wollte ich, weil Sie meiner Tante unrecht getan haben!" Madame Kula riss überraschte die Augen auf: "Was habe ich?" "Ich verstehe, dass Sie für Sicherheit sorgen wollen, aber..Fleur, meine Tante, ist in keinster Weise gefährlich.." Jadora wurde das Wort abgeschnitten, als die Schattenjäger sie packte und gegen den Stein der Brücke presste.

Dieser Aufprall saugte ihr alle Luft aus den Lungen, sie keuchte auf. "Du hast hier nicht zu bestimmen, was eine Gefahr für die Schattenjäger darstellt", fauchte sie.

"Hey, lass meine Schwester los! Ich warne dich!", erklang Jacquelines Stimme hinter ihr, doch die Polizistin lachte nur. Unter ihrem Shirt holte sie eine Pistole hervor, Jacqueline wich zurück. "Das nenn ich ja mal eine großartige Verhandlung".

Sie ließ Jadora frei und musterte sie abschätzig. "Bitte! Man kann doch nicht verlangen, dass man seine Emotionen immer im Griff hat, oder?" "Ähm..doch. Du weißt vieles nicht, Mädchen und deshalb halte dich auch raus".

Sie ärgerte es, dass man sie wie ein Kind behandelte. "Sie können mir nicht erzählen, dass Sie noch nie die Beherrschung verloren haben", meinte Ja. Madame Kula lächelte: "Ja, Herzchen. Das habe ich tatsächlich schon mal, aber eben, als ich noch minderjährig war".



Dunkle BedrohungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt