Kapitel 23 - Der Totentanz

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Nobus schwarze Haut schimmerte silbern im Mondlicht. Er lag auf dem Rücken, eine Hand unterm Kopf, die andere drehte gelangweilt eine der kurzen Locs. Shouta musste lächeln. Er wollte etwas sagen, doch als er den Mund öffnete, versagte seine Stimme. Vielleicht musste er nichts sagen. Vielleicht war es in Ordnung, Nobu einfach anzusehen.

Shouta weinte und lächelte. Nobu ließ seine Loc los und sah stattdessen zu ihm. In seinen Augen spiegelte sich der Mond. Hell und silbern. Seine vollen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln und seine Zähne blitzten hervor. Er war so schön wie ihn Shouta in Erinnerung hatte.

„Hör auf zu weinen", sagte Nobu. „Es wird alles gut."

Shouta konnte es nicht. Wie konnte es Nobu sein? Nobu war seit Jahren fort...

Aus der Ferne klangen Schreie. Schrill und hoch. Die Glocken läuteten und das Mondlicht wurde rot und flackerte. Rauch schob sich zwischen ihn und Nobu. Dunkel und brennend heiß. Es stank verbranntem Fleisch.

Nobus Lächeln schwand. „Ich will nicht fort."

Die Toten kreischten. Ihre Leiber brannten, Arme und Beine verkeilten sich im Stadttor im verzweifelten Versuch, den Flammen zu entkommen. Nobu lag bei ihnen. Er weinte. Und über das Kreischen hinweg donnerten Tadashis Befehle.

Tote, weiße Hände zogen ihn mit Gewalt mit sich. Zwischen ihnen Gesichter, die Shouta kannte: Ichiro, Kazumi und die Menschen aus dem Bergdorf. Sie konnten nicht hier sein, aber sie waren es.

Nobu streckte seine Hände nach Shouta aus. Er griff nach ihnen. Doch jedes Mal, wenn er glaubte, dass sie sich berühren konnten, erreichten sie sich nicht. Die Toten rissen ihnen das Fleisch von den Knochen. Shouta kämpfte sich durch sie hindurch, bis er Nobu erreichte. Nur die Hand austrecken...

Das Kreischen schwoll lauter und lauter an und Tadashi schrie mit ihnen. Es waren seine Befehle. Sie dröhnten so laut, dass Shouta, der nichts mehr wollte, als Nobu zu helfen, sich die Ohrenzuhielt und zu sah, wie Nobu fortgerissen wurde. Die Toten zogen ihn in ihre Mitte und begruben ihn unter sich.

Shouta schrie, aber seine Schreie gingen unter, denn die Toten kreischten zu laut und Tadashi schrie mit ihnen.

Die Toten wandten sich zu Shouta. Eine wabernde, stöhnende Masse. Sie waren langsam, doch Shouta konnte sich nicht bewegen. Sie waren zu laut und ihr Kreischen verbrannte ihn.

Sie zerrissen seine Kleidung. Sie drückten ihn zu Boden und begannen, ihn zu würgen. Sie taten ihm weh, wie es einst Tadashi getan hatte.

Shouta stand im Flammen, Nobu war fort und die Toten verschlangen die Welt.

„Shouta."

Die Toten kreischten.

„Shouta, wach auf!"

Das Feuer brannte erbarmungslos.

Jemand rüttelte an ihm und Shouta fuhr hoch, verhedderte sich im Schlafsack und rutschte fort.

„Der Kamin, vorsichtig!"

Er wurde am Arm gepackt und weggezogen. Shouta riss sich los, verlor das Gleichgewicht und knallte auf seinen Ellenbogen. Der singende Schmerz jagte durch seinen Arm und als er sein Kekkei Genkai aktivierte, überrollte ihn die Wirklichkeit wie eine Lawine.

Es war eisig kalt, sein Arm pochte und über sein Gesicht liefen Tränen. Er war in der Hütte und hier waren keine Toten. Nur Kakuzu, der ihn mit ernstem Blick ansah. Der Kamin glühte schwach, Ruß hatte sich vor ihm angesammelt.

Shouta musste sich zwingen, es zu deaktivieren.

„Tote Menschen", murmelte Shouta, „ich habe von den Toten geträumt. Ein Albtraum."
Shouta rappelte sich auf, ohne Kakuzu ins Gesicht zu sehen.

Nur wer frei ist, ist ein KönigWo Geschichten leben. Entdecke jetzt