Kapitel 32

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*Amara*

Wir hatten bereits seit einigen Minuten aufgegessen. Lisa und ein paar weitere Frauen hatten das Essen bereits wieder mitgenommen. Am Tisch herschte eine ausgelassene Stimmung. Die Rudelmitglieder unterhielten sich angeregt. Ich versuchte wirklich den Gesprächen zu folgen, doch immer wieder entglitten mir meine Gedanken. Sie schwirrten wirr in meinem Kopf herum. Die Markierung, die komische Begegnung mit Lisa und auch meine ungewisse Zukunft. Mein Blick glitt zum großen Fenster. Draußen war herrliches Wetter. Unweigerlich musste ich an die Nacht denken, in welcher ich den großen Balkon entdeckt hatte. Arijan war bei mir gewesen. Damals hatte ich noch gedacht es würde alles gut werden. Es fühlte sich als würde die Erinnerung bereits Jahre zurückliegen. Die Erinnerungen an seine sanften Berührungen ließen eine Gänsehaut über meinen Rücken wandern. Schnell schüttelte ich den Gedanken ab. Ich sollte mich auf das hier und jetzt konzentrieren. Gerade rechtzeitig schien ich 'zurückgekehrt' zu sein, denn alle erhoben sich und verabschiedeten sich. Schnell erhob auch ich mich. Ich würde dann wohl zurück in das Zimmer gehen. Ich wollte alleine sein. Mit meinen wirren Gedanken würde ich sowieso niemandem von Nutzen sein. Schnell folgte ich daher den anderen aus dem Raum. "Amara, bleibst du noch einen Moment?" wie versteinert blieb ich stehen. Natürlich würde er mich nicht einfach alleine lassen. Was wollte er von mir? Ich hatte kein gutes Gefühl mit ihm alleine zu sein. Die Blicke der anderen bohrten sich in mich. Schnell setzte ich ein Lächeln auf und nickte. Ehe ich mich auch schon zu Arijan herum drehte. Nur weil ich hier nicht glücklich war, hieß es nicht, dass jeder davon wissen sollte. Die großen Türen schlossen sich und zurück blieben nur wir beide. "Ich würde dir gerne dein neues Zuhause zeigen. Die Stadt ist wirklich wundervoll. Du wirst es mögen" versprach Arijan. Erwartend sah er in meine Richtung. Ich nickte. Vielleicht würde es mir tatsächlich besser gehen, wenn ich sah wie mein zukünftiges Leben aussehen würde. Vielleicht könnte ich mich damit besser abfinden. In mir brodelten die Zweifel empor. Doch so schnell ich konnte schlug ich sie nieder. Jetzt war definitiv nicht der richtige Zeitpunkt um erneut alles zu durchdenken. "Bist du soweit?" Arijans Stimme ließ mich zusammen zucken. Ich hatte nicht bemerkt, dass er bereits neben mir stand. Sachte nickte ich. Ich spürte seinen Blick noch ein paar Sekunden auf mir ehe er sich auch schon in Bewegung setzte. Schnell folgte ich ihm. Nach nicht all zu langer Zeit öffnete eine Wache uns eine etwas größere Türe. Gemeinsam traten wir hindurch. Vor uns befand sich eine große Steintreppe. Der Wind lies mich leicht schaudern. Heute war es kälter als gedacht. Ein Seitenblick zu Arijan verriet mir, dass sein T-Shirt ihm sicher nicht zu kalt war. Alpha natürlich. Schnell richtete ich meinen Blick wieder nach vorne. Ich würde es einfach hinter mich bringen. Vor dem Schloss tummelten sich einige Wachen. Als hätten sie den König gespürt, schnellten alle Blicke zu uns. Was sie wohl alle dachten? Eine Omega an der Seite ihres Alphas? Sie rochen bestimmt, dass er mich bereits markiert hatte. Ein Klos bildete sich in meinem Hals. Schnell senkte ich den Blick. Ich wünschte mich gerade so sehr wie nie zuvor auf das Zimmer. "Beruhig dich. Es ist alles in Ordnung" flüsterte Arijan. "Sie sind nur neugierig." fügte er hinzu. Wieder nickte ich. Ich hasste es im Mittelpunkt zu stehen. Noch viel mehr hasste ich es, dass Arijan zu wissen schien was ich dachte. Ich sollte dringend an meinem Pokerface arbeiten.

Wir waren bereits ein gutes Stück gelaufen als sich immer mehr Menschen um uns versammelten. Sie tuschelten und tratschten doch keiner kam näher. Dies dachte ich zumindest. Denn plötzlich spürte ich eine kleine Hand, welche sich in meine schlich. Verdutzt blickte ich daher nach unten und konnte ein kleines Mädchen direkt vor mir ausmachen. Die Kleine sah mich mit großen Kulleraugen an und schien sich nun doch nicht mehr sicher zu sein ob dies eine gute Idee gewesen war. Ich ging direkt vor dem Mädchen in die Hocke und lächelte sie lieb an. Auch Arijan war stehen geblieben. "Wie heißt du meine Kleine?" das Mädchen war definitiv süß. "Flora und du?" während sie sprach wippte ihr hoher Pferdeschwanz leicht auf und ab und machte sie damit noch ein bisschen jünger. "Ein wunderschöner Name. Ich bin Amara. Wie kann ich dir helfen?" noch immer zierte ein Lächeln meine Lippen. Vermutlich war die Kleine ihrer Mutter entwischt. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass die Mutter es gut heißen würde, dass ihr Mädchen mit dem König sprach. "Ich muss dich was fragen." platzte es da auch schon aus Flora heraus. Ich deutete ihr an weiter zu sprechen und beobachtete sie aufmerksam. "Bist du seine Freundin?" während der erste Satz noch in normaler Lautstärke gesprochen wurde so kam sie nun einen Schritt auf mich zu um mir etwas ins Ohr zu flüstern. "Er hatte noch nie eine weißt du? Und Mama sagt, dass alle Männer sich bei Frauen dumm anstellen. Sei also nicht böse wenn er sich dumm anstellt" Flora flüsterte diese Worte mit so einer Überzeugung in ihrer Stimme dass ich mir ein lautes Lachen nicht verkneifen konnte. "Vielen Dank für die Warnung! Das werde ich mir merken" verschwörerisch zwinkterte ich ihr zu. Die Frage, ob ich seine Freundin war, übersprang ich geschickt. Darauf wollte ich nicht antworten. "Ich glaub, er mag dich" flüsterte sie mir da noch ins Ohr ehe wir auch schon die Stimme der Mutter hörten. "Flora! Du kannst doch nicht einfach abhauen!" das wütende Gesicht der Mutter verzog sich zu einer verwunderten Grimasse als sie ihr Mädchen bei uns sah. "E..es tut mir fürchterlich leid" stammelte die junge Frau auch sogleich drauf los. "Ach was. Sie haben wirklich eine tolle Tochter" langsam richtete ich mich wieder auf. "Da kann ich meiner Gefährtin nur zustimmen" bestätigte Arijan ehe wir uns auch schon von der Menge verabschiedeten und langsam den Rückweg antraten. "Die Kleine hatte recht" murmelte Arijan plötzlich. Noch ehe ich nachfragen konnte, sprach er bereits weiter "Ich mag dich. Und es tut mir wirklich leid wie das alles abgelaufen ist." seine Stimme zeugte von Reue. Ich spürte wie meine Wölfin versuchte sich an die Oberfläche zu kämpfen. Doch mit allem was ich hatte zwängte ich sie zurück und nickte. Mir brannten soviele Sätze auf der Zunge. Ich wollte ihn anschreien, beschimpfen. Er war für die Leere in mir verantwortlich. Und doch sprach er so leichtfertig darüber als wäre es etwas belangloses. Es stand mir nicht zu den König in die Schranken zu weisen. Ich sollte mich fügen, immerhin würde ich nun für immer hier bleiben müssen.

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