Kapitel 7

150 9 0
                                    

Samiya

Langsam aber sicher öffne ich meine Augen und muss ehrlich zugeben, dass es nicht sehr angenehm ist mit vier Personen in einem Bett zu schlafen. Okay, meine Schwester ist zwar klein und das Bett auch groß, aber trotzdem gibt es besseres. Mein Beklagen, dass sowieso nichts bringt, schmeiße ich erst einmal beiseite. Ich stehe auf und merke, dass meine Augen klebrig sind - wie fast immer wenn ich aufstehe. Ich laufe gähnend aus dem Zimmer und sehe Emin den Tisch decken, weshalb ich zu ihm laufe. Meine Augen reibe ich auf dem Weg zu ihm. Ich schaue kurz auf die Wanduhr im Wohnzimmer und dann zu ihm und lächele ihn an. "Heute früh aufgestanden?", frage ich noch müde und muss anfangen zu gähnen. Der Tag gestern hat mich wohl ziemlich hingenommen. "Ja.", sagt er zufrieden. Ich will ihm helfen! "Komm, lass mich dir helfen!", sage ich, doch er drückt meine Hand runter, mit welcher ich ihm gerade die Gegenstände in seiner Hand nehmen wollte. "Nein!", sagt er. Seine Stimme duldet keine Widerrede. Ich schmolle. Das ist meine Taktik. Keiner kann etwas gegen meine süßen Blicke ausrichten! "Der Tisch ist bereits fast voll. Du brauchst nicht mehr zu helfen!" Seine Stimme kann ich gar nicht beschreiben. Irgendwie klingt sie sanft, aber dennoch mit Druck. Emin kann anscheinend etwas gegen deine Blicke ausrichten! Der Junge ist sowieso anders. Das weiß ich mindestens seit Mittwoch. Aber gut!Wenn er unbedingt darauf beharrt und der Tisch ja eh bedeckt ist, lasse ich es sein, mit ihm müde zu diskutieren. Ich nicke einfach nur und wische mir über das Auge, das wieder etwas verklebt ist. "Geh erstmal ins Bad und komm zu dir. Das Essen ist in ein paar Minuten fertig." Ich freue mich, da er heute so lieb  mit mir redet und will hoffen, dass das auch für immer so bleibt. Ich nicke, da ich gerade kaum reden kann und laufe ins Bad. "Und übrigens: Günaydın!", ruft er, als ich an der Schwelle zum Bad bin. "Günaydın!", rufe ich ihm zurück.

Als ich dann endlich meine Augen ausgewaschen habe und zufrieden und mit wachem Blick das Bad verlasse, sehe ich, dass alle schon am Tisch sitzen, außer Cemre. Das Mädchen ist echt eine Langschläferin! Ehe mich meine Eltern darum bitten können sie aufzuwecken, husche ich schon ins Zimmer. "Cemre, wach auf.", sage ich sanft. Sie gibt nur mürrische Laute von sich. "Cemre!", sage ich nun fester. Sie dreht sich auf die andere Seite. Dieses Mädchen kostet einem echt die Nerven! "Cemre steh jetzt auf!", rufe ich. Ihre mürrischen Laute werden lauter. "Wenn du jetzt nicht aufstehst dann kannst du was erleben!!", schreie ich schon fast. "Ja okay, ich hab's verstanden!", ruft sie aggressiv zurück. Sie erhebt sich wütend und schaut mich finster an, dass man denken könnte, sie sticht mich gleich ab! Von ihr erwartet man alles! Sie seufzt übertrieben laut und läuft ins Bad, wo sie sehr schnell heraus kommt und wir gemeinsam am Frühstück partizipieren. Die Gemeinschaft fängt an zu essen.

Plötzlich höre ich, wie Emin Cemre fragt, wie es ihr geht. "Eine gewisse Person hat mich aus dem Bett gezerrt, wie fühle ich mich dann wohl?!", fragt sie mit triefender Ironie, in einem ernsten Ton und blickt mich dabei missbilligend an. Emin richtet seinen Blick apathisch zu mir. Was sagst du jetzt? Er wirft mir ein Lächeln zu! Diesmal steht er für dich ein. Das heißt sein ignorantes Verhalten und sein Wille, mich nicht bei sich zu haben, haben ein und denselben Grund. Der Grund. Gott, mir fällt gerade wieder ein, dass er mir immer noch nicht den Grund erzählt hat. Ich muss es noch erfahren, ich darf es nicht vergessen! Nach dem Frühstück werde ich zu ihm gehen und ihn fragen. Die Sache hat für meinen Geschmack schon zu lange gedauert! "Aber das hat sie doch nur getan, um dich zu diesem leckeren Frühstück zu rufen.", gibt er sanft von sich. Ich lächele ihm zurück und forme mit meinen Lippen ein 'Danke'. Diesen Emin habe ich am Mittwoch kennenlernen dürfen und ich bin froh, dass er wieder da ist. Warum er gestern so war, weiß ich nicht, doch es wird allerhöchste Zeit, es rauszufinden! "Stehst du jetzt doch auf ihrer Seite?", gibt sie genervt von sich, schaut ihn entsetzt an und - als wenn das nicht reicht - verschränkt sie ihre Arme vor der Brust. Da ist aber jemand enttäuscht!, gibt meine innere Stimme gespielt traurig von sich. Cemre übertreibt und stellt sich gerade echt an - also wie immer eigentlich! "Cemre, ich stehe immer an deiner Seite!", versichert er ihr. Ich weiß, dass er es gerade nur sagt, um nicht weiter schlecht bei Cemre rüberzukommen. Deswegen kann ich sein Verhalten verstehen und nehme es ihm auch nicht übel. Cemre will niemand als Feindin haben! "Wärst du nicht aufgestanden, hättest du dieses Frühstück verpasst, oder?", fragt er sie freundlich. Gott, wenn er will, dann kann er so freundlich sein! Und genau aus diesem Grund brennt sich eine entscheidende Frage in meinen Kopf: Wie konnte solch eine freundliche Person mich schlecht behandeln? Wie?! Ich atme tief aus. Gerade bin ich echt angespannt. Ich muss mich nur noch etwas gedulden, dann weiß ich es!

VertrauenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt