Kapitel 17

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Musik in Anlehnung an Kapitel 2

Dienstag 7. September

Unsicher, ob ich sie richtig verstanden habe, schaue ich sie an.

"Du hattest mit Benny schon recht.", erklärt sie mir. "Seitdem wir uns nicht mehr intensiv sehen, ersetzt er deine Anwesenheit, da ich dich so gerne bei mir hätte, aber es geht leider nicht!" Mein Mund steht offen. Ich bin mir gerade auch nicht wirklich sicher, ob das alles, was sie mir sagt wahr ist oder ob ich erneut träume. Ihre Worte sind so surreal, dennoch schätze ich jeden einzelnen Buchstaben von ihnen.

"Aber das hättest du nicht wissen können.", setzt sie ihr Sprechen fort, da ich gerade immer noch ihre Worte verarbeiten muss. Ihre Stimme klingt traurig. "Du hast es wahrscheinlich zufällig gesagt, einfach um mich lächeln zu lassen, hab ich Recht?", fragt sie am Ende. Sie klingt überzeugt. Ich sehe, wie ihr eine Träne die Wange herunterkullert.

"Nein, das war es nicht!", erkläre ich ihr plötzlich. Ihre Augen weiten sich, kurz danach schüttelt sie den Kopf.

"Das kann nicht sein. Du wusstest doch gar nichts von meiner Sehnsucht nach dir!"

"Das mag sein, ja. Aber ich wusste von meiner Sehnsucht nach dir, Samiya. Ich vermisse dich ebenfalls und das mehr als diese einfachen Worte es ausdrücken könnten! Und genau weil ich diese Bedrückung zu gut kenne, habe ich mich in dich hineinversetzt und an deiner Stelle gesagt, was ich gemacht hätte. Ich hätte nie ahnen können, dass du den Hintergedanken dahinter verstehst, sondern ich dachte, du nimmst es einfach als Spaß hin. Aber es war nicht so. Samiya, du fehlst mir mindestens genauso!" Ich schaue sie an und unterdrücke eine Träne, die aufkam. Ich will jetzt nicht weinen! Meine Worte scheinen sie ebenfalls berührt zu haben, da sie gerade kaum vermag zu sprechen. Die Gelegenheit nutze ich und gestehe ihr alles. Warum denn auch nicht? Sie hat das Recht dazu zu erfahren, was ich über sie denke. Ich fange an zu reden.

"Samiya, ich muss dir ehrlich sein. Das ich mit dir Zeit verbringen wollte, fing nicht an unserem Mittwoch an. Nein, es fing viel früher an! Um genau zu sein, kurz nachdem du und deine Familie zu uns gekommen seid. Es war am Tag vor Bayram, daran erinnere ich mich gut. Du hast Cemre ermahnt, weil sie die Katzen nicht in Ruhe ließ, weißt du noch?" Ein kurzes Lachen entkommt mir.

"Und wie ich das noch weiß!", sagt sie.
"Dieses Mädchen hatte trotz unserer langen Reise immer noch Kraft mit den Katzen zu rebellieren, aber ich war einfach nur völlig müde von der Reise und deshalb schlief ich einfach den gesamten Tag durch." Einen leichten Seufzer stößt sie aus.

"Genau. Und rate mal, wer den Tag über ab und zu durch die offene Türspalte zu dir gesehen hat?", frage ich sie grinsend.

"Nein, oder?! Du hast mich nicht ernsthaft BEIM SCHLAFEN BEOBACHTET?!!", fragt sie gespielt fassungslos. Entschuldigend blicke ich sie an.

"Du sahst so süß aus. Ich konnte nicht anders.", erkläre ich ihr. Ein Lächeln bildet sich in ihrem Gesicht.

"Okay, dann bin ich einverstanden.", sagt sie wieder in ihrem süffisanten Ton. Ihre Art lässt mich ebenfalls lächeln.

"Aber da hat es nicht aufgehört.", erkläre ich weiter. "Auch während Bayram habe ich immer wieder versucht mit dir in Kontakt zu treten, aber ich konnte nie über meinen eigenen Schatten springen und dich ansprechen. Ich war zu schüchtern! Und jeden Abend, als ein weiterer Tag ohne dich kennenzulernen endete, war ich wütend. Wütend auf mich selber, da ich die mir gegebene Chance nicht genutzt hatte! Jetzt verstehst du wahrscheinlich auch, warum deine Entscheidung an dem Mittwoch mitzukommen, mir so viel bedeutete.", nuschele ich am Ende und senke verlegen den Blick. Puh, war das viel auf einmal!

VertrauenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt