Gebrochen

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Es war noch nicht einmal die Nacht angebrochen, als sich die Kerkertür wieder öffnete. Levi und Erwin traten ein und ich war überrascht, denn normalerweise kamen nie jemand zwei mal an einem Tag.

Ich sah, dass Levi ein Tablett mit sich trug, welches er auf den Tisch abstellte. Er brach ein Stück des Brotes ab und kam damit in meine Zelle. Er schob mir mein Tuch aus den Mund und sah mich warnend an:
"Wehe du spuckst es mir ins Gesicht." Und bevor ich etwas erwidern konnte, schob es mir ein Stück Brot in den Mund.

Ich begann zu kauen und überlegte ernsthaft, es ihn wieder zurück zu spucken, doch ich bemerkte meinen Hunger und behielt es im Mund. Ich schluckte es hinunter und Levi sah mich immer noch abschätzend an.

"Willst du nachschauen, ob ich brav geschluckt habe?", fragte ich keck und ein wenig angewidert schob er mir das nächste Stück in den Mund, welches ich wieder kaute.

"Hast du über unser Angebot nachgedacht?", fragte Erwin und ich sah ihn an, während Levi mir dieses Mal ein Glas Wasser an dem Mund hielt. Ich nahm sachte einen Schluck und Levi setzte das Glas wieder ab, um mich weiter mit Brot zu füttern.
Ich schluckte es runter, ehe ich Erwin antwortete:

"Ich sagte schon, dass ich nicht annehme."

"Warum?"

"Ich habe kein Interesse daran irgendwelche Leute aus dem Untergrund zu retten.", sagte ich gereizt, doch öffnete dann meinen Mund und sah Levi auffordend an, der mir genervt wieder etwas hinein schob.
Er hasste diesen Job und deswegen machte es mir umso mehr Freude.

"Was ist, wenn ich dir sage, dass dein Freund, den du zurück gelassen hast, noch lebt?"

Geschockt sah ich zu ihm und wieder begann mein Herz zu rasen. Das konnte nicht sein. Ich hatte ihm in den Kopf geschossen. Er wollte sterben. Wie sollte das gehen?

"Du lügst.", hauchte ich und immer noch kreisten meine Gedanken, sodass mir langsam schwindelig wurde.

"Nein, tu ich nicht."

"Ich habe ihm in den Kopf geschossen.", hauchte ich.

"Während deine gesamte Umgebung in Rauch gehüllt war. Du hast verfehlt und er hatte nur einen Streifschuss abbekommen."

War das Wahr? Wenn ja, was bedeutete es nun für meinen Plan? Mich selber zu opfern, um die anderen zu retten, war die eine Sache. Doch was würde mit Benjamin passieren?

"Was geschieht mit ihm?", fragte ich nach.

"Er liegt im Behandlungszimmer. Ihm geht es wieder besser, doch er ist im Reden genauso stur wie du. Er ist sich jedoch einig, dass er uns helfen will, wenn er sich vergewissert hat, dass es dir gut geht. Also, willst du ihn sehen?", fragte Erwin und ich spürte mein Herz sofort wieder höher schlagen. Wieder begann ich zu zittern und ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Benjamin soll am Leben sein und ich würde ihn sehen.

Ich nickte zaghaft, doch statt zur Tür zu laufen, ging Erwin an den Tisch und hob die Akten hoch.
"Nenne mir drei Namen und ich werde ihn herein lassen."

Er hob das erste Bild hoch und ich erkannte wieder den Bordellbesitzer.
"Kai.", hauchte ich, ohne zu zögern.

Erwin nickte und hob ein nächstes Bild hoch, dieses Mal war eine Frau abgebildet.
"Viktoria."

"Wo ist sie zu finden?", fragte Erwin weiter.

"Es waren nur Namen ausgemacht.", knurrte ich und ich sah ihn nicken, ehe er das letzte Bild anhob. Wieder ein Mann.

"Falk. Und jetzt hol ihn rein.", befahl ich und Levi sah kurz zu Erwin, der ihm zu nickte. Levi verließ die Zelle und schloss sie ab, ehe er an die Kerkertür ging.

"Schickt ihn rein.", hörte ich ihn sagen und ich blinzelte noch einige Male, ehe ich jemanden vor mir stehen sah. Die Tränen, die sich in meinen Augen sammelten, verschwommen meine Sicht, doch als ich seine kratzige Stimme hörte, lachte ich vor Erleichterung auf.
"Du siehst echt beschissen aus.", hörte ich seine Worte und sofort rollten mir die Tränen über meine Wange.

Nun erkannte ich ihn. Er stand wirklich vor mir. Sein Oberkörper war verbunden und um die Nase rum wirkte er ein wenig bleich, doch er lebte.
"Sagt der Richtige. Hast du mal in den Spiegel geguckt?", scherzte ich und ich versuchte meine Tränen zu unterdrücken.

Benjamin lachte leise, ehe er hinter meinen Gittern in die Hocke ging und zu mir auf sah.
"Haben sie dir auch dieses Angebot gemacht? Für ein paar Infos, dann dürften wir nach oben?", er deutete auf Levi und Erwin während er sprach und ich nickte lediglich.

"Wir stecken ganz schön in der Scheiße.", nuschelte er und strahlte mich dann wieder an. "Also sag, was sollen wir machen?"

Ich wusste, dass Levi und Erwin uns nicht alleine lassen würden, also fragte ich gar nicht danach.
"Wir werden sterben müssen.", sagte ich sanft.

"Ja.", erwiderte er. "Das habe ich auch erst gedacht."

"Wir können nicht anders, es wäre zu gefährlich!", zischte ich auf, nachdem ich verstand, dass er wirklich drauf eingehen wollte.

"Was haben wir zu verlieren?", fragte er und seine Stimme wurde ganz sanft. "Als ich gepfiffen habe, war ich darauf vorbereitet drauf zu gehen, da war es in Ordnung. Doch ich bin nicht gestorben. Da dachte ich darüber nach, wie gerne ich die Anderen wieder sehen wollte. Ich dachte an ein Leben, was wir zusammen hier oben führen könnten. Dann kam er da..", er deutete auf Erwin. "..Und machte mir das Angebot. Wir würden ein paar Arschlöcher verraten, was war das denn im Vergleich zu unserer Entlohnung.
Also sag. Was verlieren wir denn? Nachdem ich einmal hier oben war, möchte ich nicht mehr nach unten. Lass sie uns holen und hier friedlich leben. Denk doch mal darüber nach, was das für eine Chance ist!"

"Wenn irgendetwas schief geht, ist die Hirnmasse der Anderen nur noch Bodendeko!", knurrte ich ihm entgegen.

"Und wenn nicht?", fragte er zurück. "Was wäre, wenn alles Glatt läuft? Wir könnten.."
Ich wusste, dass er in diesen Moment an Bea dachte.

Ich schloss meine Augen und atmete tief durch, ehe ich zu Erwin sah.
"Ich möchte deinen Plan hören und danach entscheide ich, ob wir dir helfen..."

Levi x Reader ~ Change your Life // ABGESCHLOSSEN//Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt