Schwäche

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Seit fünf Tagen war ich nun in meiner Zelle eingesperrt. Zwischendurch wurde mir ein schluck Wasser eingeflößt. Am ersten Abend hatte mir einer der Wärter ein Stück Brot in den Mund gesteckt, welches ich ihm ins Gesicht spuckte. Seitdem blieb mir die Nahrungsaufmahme verwehrt.
War vielleicht nicht meine klügste Idee.

Ich spürte, wie es mich immer mehr mühe kostete, mich auf den Beinen zu halten und wie sehr mir meine Verletzungen zu schaffen machten.
Auch bei den Verhören, fiel es mir immer schwerer mich zu konzentrieren und ich musste aufpassen, was ich sagte.

Ich hörte wie sich die Kerkertür öffnete und wieder kam der Schwarhaarige herein.
"Ahh, ich hab dein hässliches Gesicht schon beinahe vermisst.", spottete ich und diesmal sah ich, dass noch ein weiterer Mann hineinkam.
Er war blond und groß und durch Gabriels Erzählungen wusste ich, dass es sich bei dem Mann um Erwin Smith handeltete. Er setzte sich mit einigen Akten auf einen Stuhl und sah mich an.

"Mein Name ist-", begann er, doch ich brach in schallendes Gelächter aus. Wie dumm ich doch gewesen bin.

"Du heißt Erwin, ich weiß.", sagte ich, doch mein Blick glitt zu dem Schwarzhaarigen.
"Dann bist du Levi. Dass ich da nicht schon vorher drauf gekommen war. Der Stärkste Soldat der Menschheit. Ehrlich gesagt, erfüllst du null meinen Vorstellungen.",spottete ich, doch ich bekam nur einen gereizten Blick. Keine Schläge? Ich war ja schon beinahe enttäuscht.

"Du kennst Levi?", fragte Erwin überrascht.
"Natürlich.", sagte ich. "Jeder kennt die Geschichte, des Mannes, der aus der Unterwelt geholt und nun in Ehrfurcht oben lebt. Jedes Kind wünschte sich, dass auch ihn eines Tages ein Soldat aus der Unterwelt retttete und er in Freiheit für die Menschheit kämpfen kann. Doch es blieb jeden einzelnen von ihnen verwehrt."

Wieder spürte ich, dass ich zu viel gesagt hatte und ich schloss wieder den Mund. Verdammt, ich musste konzentriert bleiben.

"Vielleicht können wir dir ein ähnliches Angebot machen.", fing Erwin an und wieder fing ich an zu lachen.
"Ich habe kein Interesse. Wenn ihr mit mir hier fertig seid, bringt mich um oder gebt mich an die Militärpolizei."

Erwin überging meinen Einspruch einfach und blätterte in seinen Akten.
"Wir haben hier einige Bilder von verschiedenen Verbrechern, von denen wir vermuten, dass sie im Untergrund abgetaucht sind. Wenn du uns nützliche Dinge über sie erzählen kannst, werden wir dich laufen lassen."

Ich sah auf. Sollte das ein Witz sein?
Doch ich sah in seinen Augen, dass er es Ernst meinte und ich versuchte nachzudenken. Wenn sie mich liefen ließen konnte ich zurück, ehe die sieben Tage abgelaufen waren.

Anderseits, müsste ich Informationen weiter tragen und es würde nicht lange dauern, bis die Betroffenen kapierten, dass ich sie verraten hatte und wir wären selbst im Untergrund nicht mehr sicher.

Erwin hob das erste Bild hoch und ich erkannte einen Bordellbetreiber von unten. Er war widerlich, hatte jedoch viel Einfluss. Wenn er der erste war, mit dem ich es mir verscherzen sollte, wollte ich den Rest gar nicht erst sehen.

"Du kannst mich mal.", zischte ich auf und drehte meinen Kopf weg. Levi kam auf mich zu, packte mein Gesicht und drehte ihn wieder zu dem Foto.

"Schau sie dir an und sag uns, was du weißt.", sagte er mit einem bedrohlichen Unterton.
Ich sah zu ihm und ich antwortete ihm, indem ich ihm ins Gesicht spuckte. Sofort spürte ich die Konsequenzen dafür, in dem er mir wieder ins Gesicht schlug.

"Levi!", hörte ich Erwin streng rufen und er ließ von mir ab und ging aus der Zelle.
"Ich werde mir das Gesicht waschen.", sagte Levi und ich hörte die Wut aus seiner Stimme.

Nun war ich mit Erwin alleine. Er zog verschiedene Bilder hervor und als plötzlich ein Bild von Gabriel auftauchte, riss ich für einen Moment die Augen auf.

"Du kennst ihn.", stellte Erwin fest und augenblicklich versuchte ich meine Gesichtsmimik unter Kontrolle zu bringen.
"Was kannst du mir über ihn sagen?", fragte er.

"Ein ganz netter Mann. Hat mir als Kind immer Schokolade gegeben.", antwortete ich ihm.


"Du schützt ihn."

"Er ist mir egal."

"Dann sag uns, was du über ihn weißt."

"Da gibt es nichts, was ich über ihn weiß.", log ich und sah ihm in die Augen.

Erwin sah mich an, ehe ihm ein kleines Lächeln über die Lippen huschte.
"Du ähnelst Levi.", sagte er leise.

"Oh bitte. Werd nicht gleich beleidigend.", ich verdrehte die Augen, doch er überging einfach wieder meine Worte.

"Auch er hatte Kameraden, die er um jeden Preis schützen wollte. Wie viele sind es, die du da unten retten willst?", fragte er und so langsam ging er mir auf die Nerven. Ich hörte, wie Levi wieder zu uns trat und sich wieder an die Wand lehnte, ohne ein Wort zu verlieren.

"Der Mann hier.", Erwin deutete wieder auf das Bild. "Dem willst du helfen, nicht wahr? Und auch der, der dir bei eurer Aktion geholfen hat. Sogar den, den du ermordet hast, war einer deiner Freunde, nicht wahr?"

"Das stimmt nicht.", knurrte ich leise.

"Wieviele sind es noch? Eins? Zwei? Vielleicht Vier?", Erwin war mittlerweile aufgestanden und hatte sich mir gegenüber gestellt. "Wir können dir helfen, sie zu schützen. Wir holen sie da raus und hier könnt ihr in Sicherheit leben."

"EINEN SCHEIß KANNST DU!", schrie ich wütend auf und sofort biss ich meine Zähne zusammen. Verdammt. Verdammt. Verdammt.

"Die Medikamente, die ihr gestohlen habt. Für wen waren sie?", fragte er ruhig weiter und ich spürte, wie mir die Tränen in die Augen schossen.
Ich musste ruhig bleiben, doch ich spürte, wie ich am ganzen Leib zu zittern begann. Mein Herz pochte unangenehm gegen meine Brust und ich versuchte tief durch zu atmen, um mich zu beruhigen. Doch bevor es mir gelang, drang wieder Erwins Stimme in mein Ohr:

"Wir können die Person heilen. Hanji hat Erfahrungen mit sowas. Er könnte wieder gesund werden, du musst nur kooperieren."

"Nein. Tötet mich einfach.", knurrte ich und drehte meinen Kopf weg.

"Es wäre eine Schande, euch zu töten, wenn wir doch Leute wie euch hier gut gebrauchen konnten. Jeden Tag mindestens eine warme Mahlzeit, nie wieder Hungern. Ein Bett zum Schlafen. Wie klingt das für dich?", fragte er und sofort schossen mir Lio und Lizzy vor die Augen. Sie gaben es zwar nie zu, doch sie litten da unten und quälten sich. Sie waren stark, jedoch lediglich Kinder.

Wieder wurde mir ein Bild vor die Augen gehalten.
"Was weißt du über diesen Mann?"

Ich sah mir das Bild nicht an und biss die Zähne zusammen. Das Risiko war zu hoch. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich meine Familie in Gefahr brachte war höher, als dass der Aufklärungstrupp sie da raus holen konnten.
Mir liefen stumm Tränen über die Wangen und ich wusste, dass es keinen Sinn hatte, mit ihnen zusammen zu arbeiten. Ich hatte keine Kraft mehr und ich wollte nicht merh Kämpfen.

Ich ließ meinen Kiefer wieder lockerer und schob meine Zunge zwischen meine Zähne. Ich zögerte einen kleinen Moment, atmetete noch wenige Male tief durch und spannte meinen Kiefer dann an.

"NEIN!"
Ich biss so fest ich konnte zu und ich schmeckte bereits Blut in meinem Mund, doch bevor ich mir den Körperteil abbeißen konnte, spürte ich, wie mir mein Kiefer wieder außeinander gerissen wurde.

Ich schrie und trampelte, doch Levi war im Moment stärker als ich. Er rief einen der Wärter zu, dass er ein Tuch brauchte und als er es erhielt, stopfte er es mir in den Mund und knotete es hinter meinem Kopf zusammen.

"Du wirst dir deine Zunge nicht abbeißen, solange du nicht gesprochen hast.", flüsterte er drohend und ich spürte unaufhörlich die Tränen meine Wange herunter laufen.

Ich wollte nicht mehr. Konnte nicht. Ich war mit meinen Nerven am Ende. Sollten sie mich töten, aber meine Familie in Ruhe lassen.

Ich stieß meinen Kopf einige Male gegen die Wand hinter mir und sackte dann zusammen. Ich spürte Levis und Erwins Blick auf mir, ehe sie kommentarlos verschwanden...

Levi x Reader ~ Change your Life // ABGESCHLOSSEN//Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt