LVI.

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~ Draco ~

Mit hibbelndem Knie unter dem Tisch hatte Draco beobachtet, wie Draya aufgebracht die Halle verlassen hatte. Er sah, wie Cho und die anderen aufgeregt miteinander schwatzten und besorgte Blicke zu ihm hinüberwarfen.
Das war nicht gerade hilfreich und er machte sich nun noch mehr Gedanken, worüber sie wohl geredet hatten. Von seinem Platz aus, den er mittlerweile immer so auswählte, dass er einen guten Blick auf den Tisch der Ravenclaws hatte, hatte er zuvor beobachten können, wie Drayas Gesichtsfarbe abwechselnd dunkelrot und vampirblass geworden war.
Wie gerne er doch hinübergehen und fragen wollte, welches Thema sie so aufgebracht hatte. Er beobachtete sie, wie sie die große Halle mit zusammengepressten Lippen, verzerrtem Gesicht und großen Schritten durchquerte und schließlich auf der Schwelle des Eingangsportals Potter, Granger und dem Wiesel über den Weg lief, sie jedoch zu seiner inneren Befriedigung ohne ein Wort mit ihnen zu wechseln stehenließ und ihren Weg fortsetzte. Was ihn jedoch missmutig stimmte war, dass Potter seinen Freunden etwas zu murmelte und durch die große Eingangstür zur großen Halle, die er erst vor wenigen Sekunden betreten hatte, direkt wieder verschwand. Vermutlich ging er Draya nach. Klar- er schien genauso neugierig zu sein, was mit ihr los war wie er selbst. Wie er ihn doch beneidete, dass er gehen konnte, wohin er wollte...

Ein Räuspern katapultierte ihn mit einem Schlag zurück an den Slytherintisch.
Seine Freunde, die um ihn herum saßen, hatten aufgehört zu essen und die Gesichter zu fragenden, amüsierten und wissenden Mienen verzogen. Blaise schien alle drei auf einmal zu vereinen, wenn das überhaupt möglich war. „Was?", motzte der junge Malfoy. Alle fingen an, irgendwelche Ausreden zu murmeln, senkten die Blicke und nahmen das Mittagessen wieder auf.
Alle- außer Blaise. Natürlich, wie konnte es auch anders sein. Draco schnaubte, verdrehte gleichzeitig die Augen und zwang sich, sich wieder aufs Essen zu konzentrieren. Was ihm zugegebenermaßen sehr schwer fiel. Er ertappte sich immer wieder dabei, wie sein Blick kurz zu den Freunden von Draya glitt, bevor er sich zwang zu erinnern, wer er eigentlich war und warum er eigentlich ein Auge auf sie geworfen hatte.

... Ein „Auge auf sie geworfen" ...?

Zugegebenermaßen war dies eine ungünstige Formulierung, aber hatte sein Vater ihm nicht genau dies zum Auftrag gegeben?
Stur blickte er auf seinen Teller und nahm sich einen grünen Apfel. Er aß ihn jedoch nicht, sondern drehte ihn gedankenverloren in der Hand. Grün würde ihr vermutlich ausgezeichnet stehen, mit ihren grünen, funkelnden Augen, den dunklen Haaren und ihrem blassen Teint...

Er schlug sich die Hand gegen die Stirn und ließ den Apfel zurück auf den Teller fallen.
Verdammt. Sollte am Ende mehr an Blaise's Vermutung dran sein, als er es selbst zugeben wollte?

„Draco. Ohne dir zu nah treten zu wollen, aber du benimmst dich echt schräg" Dracos Kopf ruckte hoch und er warf Goyle, der seinen Kopf wie eine Schildkröte eingezogen hatte, einen vernichtenden Blick zu. „Ach ja? Und du benimmst dich nach wie vor wie die hohle Dumpfbacke, die du bist. Was weißt du schon? Iss gefälligst den Fraß auf deinem Teller und sei still", befahl er ihm von oben herab und biss endlich in seinen Apfel.
Einige der Umsitzenden seufzten erleichtert. „Was?", wollte er genervt wissen.

Stille.

„Naja. Das ist die erste Bemerkung, die du heute machst, die sich auch wirklich nach dir anhört." Draco nahm Zabini ins Visier. „Ach ja? Und wie habe ich mich heute sonst angehört?", fragte er unwirsch. „Du klingst... zu nett."
Draco prustete, was sich nach außen eher nach einem empörten, arroganten Schnauben anhörte. Das Einzige, was darauf hindeutete, dass er amüsiert über die Aussage war, waren seine leicht nach oben gezogenen Mundwinkel. „Zu nett also? Entschuldigung, ich werde dahin zurückkehren euch alle zu beleidigen. Tut mir leid dass ich euch Unannehmlichkeiten bereitet habe", knurrte er mit Sarkasmus triefender Stimme.

Hogwarts - neue Schule, neue Chance?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt