Kapitel 24

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Tatsächlich war ich mir am nächsten Morgen nicht mehr so sicher, ob es wirklich ein Tag war oder ob ich nicht einfach gestorben und in der Hölle gelandet war, denn ich hatte die schlimmsten Kopfschmerzen meines bisherigen Lebens. Der Inhalt der Dose hatte wohl doch mehr angerichtet als ich erwartet hatte.

Ich drehte mich um und vergrub meinen Kopf in den Kissen, als ich mein Handy summen hörte. Ich musste gestern Abend vergessen haben, es auszuschalten.

Mit halb geschlossenen Augen tastete ich die Oberfläche meines Nachttisches ab, bis ich endlich fand, wonach ich gesucht hatte. Ich schaltete das Display an und kniff sofort die Augen zusammen, als mir das grelle Licht entgegenschien. Schnell dimmte ich den Bildschirm so weit wie möglich runter.

Ich beschloss gerade, dass ich Lina mal gehörig die Meinung sagen musste, wenn ich sie das nächste Mal sah, als ich bemerkte, dass die Nachrichten gar nicht von ihr, sondern von Minou waren.

‚Wir müssen reden.'

‚Ich stehe vor deiner Tür. Kann ich rein?'

‚Bitte?'

Augenblicklich setzte ich mich auf, was mein Körper mit einem winzigen Kreislaufkollaps bestrafte. Ich versuchte, meine Haare mit den Fingern wenigstens ein bisschen zu bändigen, während ich die Treppe runter tapste und die Tür öffnete.

„Scheiße, Vera, du siehst schrecklich aus!", begrüßte mich Minou.

„Vielen Dank auch", murmelte ich und ihr fiel auf, was sie gerade gesagt hatte.

„Sorry, ich meinte, du siehst aus, als wärst du krank", verbesserte sie sich und ich lächelte schwach. „Ja, ich weiß."

„Du hast vor gestern noch nie in deinem Leben was getrunken, oder?", fragte sie, doch ich grinste sie nur an und versuchte, nicht umzukippen.

Wir gingen wieder hoch in mein Zimmer, wo ich mich auf das Bett fallen ließ. Minou setzte sich auf meinen Schreibtischstuhl und beobachtete mich.

„Wieso geht es dir eigentlich so gut? Du hast doch sogar mehr getrunken als ich", beschwerte ich mich.

Sie lächelte schief und obwohl sich alles um mich herum leicht hin und her zu drehen schien, war es immer noch der schönste Anblick der Welt.

„Ich bin wohl ein bisschen besser in Übung", sagte sie und ich verzog das Gesicht. „Das Leben ist unfair."

„Weshalb wolltest du denn reden?", erkundigte ich mich dann.

Sie schüttelte mit dem Kopf. „Weiß nicht so genau, wegen allem halt. Aber vielleicht sollten wir das lieber wann anders machen."

Ich setzte mich erneut auf, aber dieses Mal vorsichtiger. „Nein, sollten wir nicht."

„Okay", sagte sie und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und mir viel auf, wie perfekt gestylt sie mal wieder war. Am liebsten hätte ich mich unter meiner Bettdecke versteckt.

„Ich will es meinen Eltern sagen", platzte sie heraus.

Ich nickte langsam. „Verstehe ich."

„Weißt du, ich weiß es einfach schon zu lange und ich will es nicht länger verheimlichen."

„Minou, ich verstehe dich", wiederholte ich.

„Ja?", fragte sie und klang ein wenig unsicher. Ich lächelte. „Ja, wirklich."

„Und ich will, dass du dabei bist."

Ich musste schlucken. „Aber, wir sind jetzt noch nicht mal zwölf Stunden zusammen."

Sie blickte mich an. „Also sind wir zusammen?"

Mir schoss das Blut in den Kopf. „Nein?", fragte ich vorsichtig in dem Versuch zurückzurudern.

„Schade", sie biss sich auf die Unterlippe und ihre Augen funkelten verschmitzt.

Mir wurde wieder schwindelig, aber ich glaube, diesmal lag es nicht an dem Kater.

„Also, wenn du willst, dann ...", sagte ich, schaffte es jedoch nicht, den Satz zu Ende zu bringen.

„Hey, ich mach doch nur Spaß", sie zwinkerte mir zu, aber ich wusste immer noch nicht wirklich, ob wir jetzt wirklich zusammen waren oder nicht, aber ich beschloss, jetzt besser nicht nochmals zu fragen.

Dann fiel das Lächeln plötzlich von Minous Gesicht und sie fing an, an ihren Händen rumzuspielen.

„Ich hatte gehofft, du würdest mal zum Abendessen zu uns kommen, also natürlich nicht sofort, aber bald oder so und ich dich ... ihnen dann vorstellen kann oder so?", sie blickte wieder hoch und sah mir hoffnungsvoll in die Augen.

„Ehm, klar", stammelte ich. „Voll gerne."

Sie strahlte und alle Anspannung schien mit einem Mal von ihr abzufallen. „Danke, Vera, du weißt gar nicht, was mir das bedeutet." Ich musste lächeln.

Plötzlich stand sie auf und verließ mein Zimmer und ich starrte überrumpelt die Tür an.

„Was zur Hölle", flüsterte ich.

Genau 147 Sekunden später – nicht, dass ich mitgezählt hätte oder so – tauchte sie wieder auf und reichte mir ein großes Glas Wasser.

„Hier", sagte sie, „trink das."

Ich starrte sie immer noch an, nahm aber einen Schluck und bemerkte, wie die kühle Flüssigkeit augenblicklich meine Kopfschmerzen linderte.

„Dein Dad ist übrigens voll nett", sagte Minou.

„Du hast meinen Vater getroffen?", fast hätte ich vor Schreck das Wasser ausgespuckt, aber eigentlich war es ja nur logisch, dass meine Eltern an einem Samstagmorgen zuhause waren.

Meine Tür wurde aufgerissen und mein Vater betrat den Raum und beantwortete so meine Frage.

„Vera, Minou meinte, dir geht es nicht so gut?", begrüßte er mich und klang dabei, als sei Minou eine alte Bekannte, die er seit dreißig Jahren kennt, und nicht der Name eines Mädchens, dass er gerade zum ersten Mal getroffen hat, als sie um halb elf in seiner Küche rumgeirrt ist und versucht hat, ein Glas mit Wasser zu befüllen.

„Joa, ist nicht so schlimm, liegt bestimmt am Wetter oder so", log ich und er musterte mich forschend.

„So? Und es hat nichts damit zu tun, dass du gestern auf dieser Party gewesen bist?"

„Nein?", ich lächelte ihn an und er verdrehte die Augen. „Naja nicht mein Problem, du siehst ja, womit sowas endet. Aber ich hohle dir was, das hilft."

Wow, das war ... irgendwie ziemlich cool von ihm.

Er verschwand und schloss sogar die Tür hinter sich.

„Okay, ich bin offiziell neidisch auf deinen Dad", verkündete Minou und ließ sich auf das Ende meines Betts fallen.

Nachdem er wieder aufgetaucht war, mir eine kleine weiße Tablette gegeben und mir dann doch nochmal eingeschärft hatte, sowas ja nie wieder zu tun, drehte sich Minou zu mir um und fing an, an meiner Bettdecke rumzuzupfen.

„Willst du nachher noch was machen?", fragte sie vorsichtig.

„Also, wenn es dir bis dahin besser geht", schob sie schnell hinterher.

„Ja, klar, natürlich", antwortete ich ohne zu zögern und sie lächelte.

„Soll ich dich denn bis dahin erstmal in Ruhe lassen oder soll ich hierbleiben?", fragte sie dann und ich lächelte.

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