Es dauerte keine zwei Minuten, bis wir uns wieder voneinander lösten, doch dieses Mal war es meine Schuld.
„Das kommt jetzt vermutlich etwas ungelegen, aber wir können doch nicht zum Winterball gehen", sagte ich.
„Was? Aber wieso nicht?", ihre Stimme hatte etwas unglaublich Verletztes an sich.
„Ich mache bei dem Komitee mit, das den Ball organisiert und habe mich freiwillig dafür gemeldet, an dem Abend die Getränke auszuteilen."
„Und du kannst gar nicht von dem Stand weg?", fragte sie enttäuscht.
Ich zuckte mit den Schultern und dachte darüber nach. Robin hatte mir erklärt, meine Aufgabe wäre es, darauf zu achten, dass alles geregelt ablief. Eigentlich herrschte Selbstbedienung, denn mit fünfzehn bis neunzehn Jahren sollte man schließlich in der Lage sein, sein Becherchen mit Punsch zu füllen.
„Naja, ich eigentlich doch", sagte ich und die Enttäuschung verschwand augenblicklich aus ihrem Gesicht.
„Na dann ist doch alles geregelt", sie lächelte mich hoffnungsvoll an und ich nickte ihr aufmunternd zu. „Ja, es ist alles perfekt."
Kurz musste ich an Robin denken, als ich das sagte, was mich etwas aus dem Konzept brachte, doch ich versuchte es zu überspielen. Ich bereute es nicht, mich für Minou entschieden zu haben.
„Ist es denn wirklich okay für dich?", fragte sie plötzlich. „Ich meine, ich habe dich eiskalt aus meinem Leben gedrängt."
Scheiße, das hatte ich fast schon vergessen.
„Eh", stotterte ich. Sie blickte auf ihre Finger.
„Es tut mir so leid. Wirklich."
Ich seufzte. „Ich versteh dich sogar irgendwie, glaube ich. Aber es war echt nicht okay, was du gemacht hast!"
Sie nickte. „Ich weiß."
„Du ziehst nie wieder so eine Scheiße ab, klar?"
Sie lächelte mich an. „Wird eh nicht nötig sein, ich werde es heute noch meinen Eltern erzählen, versprochen."
Ich lächelte zurück. „Willst du ... dass ich dabei bin oder so?"
Sie schüttelte mit dem Kopf. „Ehrlich gesagt nicht, nein. Janny kommt vorbei und hilft mir."
„Okay", ich wusste nicht, ob mich diese Nachricht enttäuschen oder erleichtern sollte. Ich entschied mich für eine neutrale Haltung.
Doch plötzlich kam mir noch ein anderer Gedanke.„Ich habe aber gar nichts zum Anziehen, glaube ich."
„Das kann doch unmöglich sein", sagte Minou, sprang auf und ging zu meinem Kleiderschrank rüber.
„Hey!", rief ich, doch sie hatte ihn bereits geöffnet und angefangen, darin herumzuwühlen.
„Zuerst einmal, Vera, ist dein Schrank unfassbar unordentlich", rügte sie mich, während ihr Kopf immer noch im Inneren verschwunden war.
„Zweitens ist deine Garderobe wirklich überdenkungswürdig. Ich muss dir leider gestehen, dass ich sowieso nie ein großer Fan von der Art und Weise war, wie du dich kleidest, aber das wirkliche Ausmaß dieser Sünde wird einem erst klar, wenn man einmal das Gesamtbild sieht."„Das ist voll gemein!", beschwerte ich mich, konnte ein kleines Grinsen jedoch nicht unterdrücken. Minou war wieder komplett die Alte und auch wenn ich insgeheim immer noch etwas Sorge hatte, sie könnte mich erneut fallen lassen, war ich in diesem Moment einfach nur glücklich.
Vielleicht war es dumm, aber es war das, was ich mir die letzten Wochen so sehr gewünscht hatte.
DU LIEST GERADE
Zebrawelt ✔
Novela JuvenilFür Vera eröffnet sich eine völlig neue Welt, als sie Minou kennenlernt. Vera verbrachte ihre Schulzeit größtenteils damit, gute Noten zu sammeln und das verstrickte Liebesleben ihrer Mitschüler aus größtmöglichem Abstand mit ein wenig Sarkasmus zu...