Kapitel 7

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Mir wurde schlecht und ich überlegte gerade, was um Himmels Willen ich sagen könnte, um das Schweigen zu beenden, als Minou mir zuvorkam.

„Ich muss dir was gestehen ...", sie grinste schief, was ihr Gesicht viel weniger künstlich wirken ließ. Sie sollte öfter auf diese Art lächeln.

„Ich höre?", erwiderte ich etwas unsicher.

Ihr Grinsen wurde noch etwas breiter. „Ich habe vorhin einige dieser Zitate auswendig gelernt."

Nun musste auch ich grinsen. „So?", fragte ich. „Wolltest du mich etwa beeindrucken?"

Minou biss sich auf die Unterlippe. „Vielleicht ..." Sie stieß mich mit der Schulter an. „Naja, eigentlich wollte ich vor allem, dass du siehst, dass ich eine Bereicherung für unser Projekt bin."

Sie sah mir direkt in die Augen und schien wirklich gespannt darauf zu sein, was ich erwidern würde. Ich geriet unter Druck und rutschte auf der Bettkante ein Stück weiter von ihr weg.

„Ehm ja gut", fing ich an. „Vielleicht sollten wir dann mal mit unserem Projekt anfangen?" Ich versuchte zu Lachen, doch es klang leider genau so angespannt wie ich mich fühlte. Ich konnte wirklich nicht gut mit neuen Menschen umgehen.

„Ja ... klar", Minou nickte vehement.

Ich stand auf und griff nach meinem Laptop, der gerade auf meinem Schreibtisch auflud. Ich entfernte das Kabel und hielt dann kurz inne. Sollte ich mich einfach an den Tisch setzen? Oder sollte ich wieder zu Minou gehen, damit sie den Bildschirm auch sehen konnte? Ich merkte, wie mich eine leichte Panik beschlich, als Minou mir die Entscheidung abnahm, indem sie aufstand und zu mir rüberkam.

Erleichtert ließ ich mich auf den Stuhl fallen und Minou stellte sich hinter mich.

„Okay", murmelte ich und öffnete Google Scholar.

Ich wollte gerade die erste Taste berühren, um die Suchmaschine zu benutzen, als die Tür aufflog und meine Mutter ins Zimmer kam.

„Hey ihr Süßen, ich wollte fragen, ob ihr was zu essen oder zu trinken wollt?", fragte sie mit dieser Stimme, die sie nur benutzte, wenn wir Gäste hatten.

„Kannst du nicht anklopfen?", erwiderte ich genervt, doch sie verdrehte nur die Augen und wand sich Minou zu. „So wie ich Vera kenne hat sie dir bestimmt nichts angeboten, oder?"

„Ehm", machte Minou. Sie wirkte mit der Situation etwas überfordert, doch das schien meine Mutter nicht zu bemerken oder zumindest ließ sie sich davon nicht stören. „Naja, ist ja auch egal, ich bring euch einfach mal was!", flötete sie und verschwand.

„Sorry", murmelte ich, doch Minou grinste wieder schief. Verdammt, sie sollte das wirklich häufiger machen. „Keine Sorge, ich kenn das, meine Mutter ist genauso."

„Wirklich?", ich zog überrascht eine Augenbraue hoch. Ich weiß nicht wieso, aber aus irgendeinem Grund hätte ich gedacht, ihre Eltern wären irgendwie ... kalt, so wie ihre Hände.

„Jup", sie grinste immer noch. „Ich glaube, viele Mütter sind so, naja, natürlich nicht alle, aber ... ach keine Ahnung, ist ja auch egal."

Ich nickte – ein bisschen überrumpelt – und wand mich wieder meinem Laptop zu. „Also", ich streckte kurz meine Finger durch, um sie zu dehnen, als wir zum zweiten Mal unterbrochen wurden, doch dieses Mal nicht von meiner nervigen Mutter, sondern von dem voreingestellten Klingelton eines iPhones.

Minou sah mich entschuldigend an und griff dann nach ihrer Tasche, um ihr Smartphone herauszufischen.

„Hallo?", meldete sie sich.

Leider konnte ich nicht verstehen, was die andere Person sagte. Nicht, dass es mich interessiert hätte oder so.

„Ja, klar", sagte Minou nach kurzer Zeit, nur um dann wieder die andere Person sprechen zu lassen.

Nach einer gefühlten Ewigkeit sagte sie dann noch: „Okay, mach ich, dann bis gleich", und legte auf.

„Wer war das?", fragte ich, doch sie schüttelte nur mit dem Kopf, „Egal."

„Musst du weg?", fragte ich stattdessen und sie nickte. „Ja, tut mir echt leid."

„Ist schon okay. Wir können auch wann anders weiter machen, scheint so, als sollte es heute wohl einfach nicht sein."

Sie nickte dankbar. „Wie wäre es Freitag?"

Ich tat so, als würde ich kurz überlegen, damit es wenigstens so aussah, als hätte ich irgendwelche Termine.

„Ja, müsste gehen."

„Um fünf? Bei mir?"

„Okay, cool, ich freu mich."

„Übertreib nicht", sie grinste wieder und ich tat es ihr gleich, „Ich wollte nur dein Ego puschen, damit du Höchstleistungen für unser Projekt erbringst."

„Schon klar", ihre Mundwinkel zuckten und sie griff nach ihren Sachen.

Und dann war sie einfach weg, genauso plötzlich wie sie gekommen war.

Ich starrte noch auf meine Zimmertür, die sie, im Gegensatz zu meinen Elternr, die sie immer einen Spalt offen ließen, komplett geschlossen hatte, als es klopfte und meine Mutter, ohne auf eine Antwort zu warten, den Kopf zur Tür reinsteckt.

„Wo ist denn deine Freundin?", fragte sie verwundert.

„Weg", antwortete ich knapp. „Und wir sind keine Freunde."

„Oh", erwiderte sie. Ich kam ihr entgegen und nahm ihr das Tablett mit den Keksen ab. „Die nehm' ich aber trotzdem gerne."

Sie nickte, lächelte mir freundlich zu und verschwand dann wieder, als wäre ihr die Situation irgendwie unangenehm.

Ich ließ mich auf mein Bett fallen, dass noch immer etwas nach Minous Parfüm roch, doch aus irgendeinem Grund empfand ich den Geruch nicht mehr als angenehm, eher im Gegenteil. Ich ging zum Fenster rüber und öffnete es, um auch den letzten Hinweis, dass sie je hier gewesen war, zu vernichten. Ich biss frustriert in einen der Kekse, doch er schmeckte nicht, dabei war es meine Lieblingssorte.

Was zur Hölle war nur falsch mit mir?

Zebrawelt ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt