Ich würde es niemals zugeben, aber auf dem Weg zum Winterball war ich aufgeregter als ein fünfjähriges Kind kurz vor der Bescherung. Irgendetwas hatte mich davon abgehalten, Simon und Lina davon zu erzählen, dass ich letztendlich doch noch eine Begleitung gefunden hatte, und so standen sie pünktlich um viertel vor neun vor unserer Haustür.
„Nicht schlecht", kommentierte Simon als er mein Kleid sah und ich lächelte ihn dankbar an.
Lina war währenddessen die Kinnlade heruntergeklappt.„Wieso hast du nicht gesagt, dass du mal was anderes anziehen würdest als deine langweiligen Klamotten?", kreischte sie begeistert und griff nach meiner Hand. „Oh mein Gott, ich hätte niemals gedacht, dass du auch nur ein winziges Fünkchen Style besitzt, aber das ... Du machst mich stolz, Vee."
Sie tat so, als würde sie sich eine Freudenträne wegwischen müssen und ich verdrehte grinsend die Augen.„Können wir dann los?", fragte ich und Lina nickte, während sie immer noch so tat, als würde sie aus vollem Hals schluchzen müssen.
Als wir endlich an der Turnhalle der Schule angekommen waren, musste ich mich direkt auf die Suche nach Robin begegnen. Ich war sowieso schon etwas spät dran und ich hatte nicht vor, ihr den Abend zu verderben, nur weil ich erst noch durch die Gegend laufen und Leute (Minou!!) begrüßen wollte.
Trotzdem wäre es gelogen, zu behaupten, dass ich, während ich durch die Gänge lief, nicht ein kleines bisschen die Augen nach ihr offengehalten hätte.Doch auch als ich Robin endlich gefunden hatte, hatte ich sie immer noch nirgendwo entdecken können. Augenblicklich beschlich mich ein ungutes Gefühl, aber ich verbannte es schnellstmöglich so weit hinten in meinem Kopf wie nur irgend möglich. Sie würde auftauche, das musste sie einfach.
Auch Robin hatte mich mittlerweile bemerkt und winkte mir zu.
„Vera!", rief sie mir über die Menge hinzu. „Da bist du ja endlich!"Robin trug ein schlichtes silbernes Kleid und ich musste zugeben, dass es ihr umwerfend stand. Ich bahnte mir meinen Weg durch die kleine Traube aus festlich gekleideten Schülern und Robin drückte mir, kaum, dass ich neben ihr zum Stehen gekommen war, eine Karte in die Hand.
Ich betrachtete das rechteckige Stück, dass an einem schwarzen Band hing. Auf der einen Seite des Papieres stand in Großbuchstaben ‚Ballkomitee'.
„Wofür brauche ich sowas?", fragte ich etwas verwundert, doch Robin verdrehte nur die Augen und sah mich an, als würden selbst Hein Blöd und Goofy verstehen, wofür die Karte gut war. Selbstverständlich fragte ich also nicht weiter nach, sondern hing mir das Ding einfach um den Hals.
„Danke", nuschelte ich leise.„Also, dahinten ist der Punschstand, hast du vielleicht ja schon gesehen vorhin. Wie gesagt, deine Aufgabe ist es, einfach nur nach dem Rechten zu sehen. Das sollte doch machbar sein, nicht? Ich muss dann eigentlich auch schon weiter, irgendwer muss sich schließlich um die Wahl des Königpaares kümmern. Aber trotzdem eins noch: Sollte irgendwer da Alkohol oder so reinmischen, wirst du es sein, die ich zur Verantwortung ziehe, verstanden?", Robin sprach so schnell, dass ich mir ziemlich sicher war, dass sie währenddessen keine Zeit zum Atmen hatte. Allerdings wusste ich auch nicht genau, ob sie nicht vielleicht doch einer höher entwickelten Spezies angehört, die durch ihre Haut oder so Sauerstoff aufnehmen konnte.
Ich nickte einfach nur und trollte mich hinter den Punschstand. Einfach gucken, dass niemand was in die Glaskugeln schüttet, das sollte ich ja wohl gerade noch hinbekommen. Ich überlegte, ob ich auch wählen gehen sollte, entschied mich dann jedoch dagegen. Mittlerweile war es mir echt sowas von egal, dass Melissa die Wahl gewinnen würde.
Ich ließ meinen Blick über die Meute schweifen, doch immer noch konnte ich Minou nirgendwo entdecken. Nach gut zehn Minuten gab ich auf und widmete mich vollständig dem immer dichteren Treiben vor den Tischen.
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Zebrawelt ✔
Teen FictionFür Vera eröffnet sich eine völlig neue Welt, als sie Minou kennenlernt. Vera verbrachte ihre Schulzeit größtenteils damit, gute Noten zu sammeln und das verstrickte Liebesleben ihrer Mitschüler aus größtmöglichem Abstand mit ein wenig Sarkasmus zu...