Am nächsten Morgen bin ich müde und gerädert. Nachdem ich gestern erst spät von Cate heimgekommen bin, wollte ich einfach nur eins: schlafen. Ich gähne und krieche aus dem Bett. Meine Glieder schmerzen ein wenig, dunkle Ringe hängen unter meinen Augen, als ich ins Bad trotte, mich im Spiegel betrachte und mir kaltes Wasser ins Gesicht spritze.
Dann ziehe ich mich um. Hemd, Anzughose, Krawatte. Wie immer. Haare kämmen, hindurchfahren und wieder leicht zerzausen. Perfekt. Zufrieden trete ich aus dem Bad auf den Flur.
Emily, eine der Zofen meiner Mutter, sieht mich mit großen Augen an, bevor sie matt lächelt. "Guten Morgen Prinz Lionel. Haben Sie gut geschlafen?"
Ich nicke. "Ja, danke der Nachfrage."
Verlegen streicht sie sich eine Haarsträhne hinters Ohr. "Ihr Vater will Sie sprechen. Er erwartet Sie in seinem Arbeitszimmer." Sie senkt den Blick. Der Hauch einer Röte belebt ihre sonst so blassen Wangen.
"Mein Vater?", frage ich.
Zustimmend nickt er. "Und er ist nicht allein. Jemand ist bei ihm. Ein junger Mann."
Sicher geht es um diesen Begleitschutz. Schon jetzt genervt schnaube ich und sehe an ihr vorbei aus dem Fenster. "Gut. Danke, Emily. Ich werde sofort zu ihm gehen", meine ich und wende ihr den Rücken zu.
Die Flure sind leer. Um diese Uhrzeit ist das keine Seltenheit. Meine Schritte hallen auf dem polierten Marmorboden, mein Atem pocht. Wer dieser Begleitschutz wohl sein wird? Ich biege rechts ab. Dann links. Rechts, rechts, links, geradeaus, links.
Und dann stehe ich vor der Tür zum Arbeitszimmer meines Vaters. Mein Herz wummert unter meiner Brust. Ich balle meine Finger zu einer Faust und lege sie an das massive Holz. Dann klopfe ich.
Erst einmal.
Dann zweimal.
Ein drittes Mal.
Ein viertes Mal.
Erst leise, anschließend immer lauter.
"Herein", dröhnt die Stimme meines Vaters aus dem Zimmer.
Jetzt oder nie. Vorsichtig umschließe ich den metallenen Türgriff, ich hole tief Luft und drücke ihn herunter.
"Lio, da bist du ja." Langsam hebe ich den Blick. Vater steht vor mir und sieht auf mich herab. Früher habe ich mir immer gewünscht, einmal größer zu werden als er, sodass er auf mich herabsehen muss, doch dieser Traum hat sich bis heute nicht erfüllt. Leider.
"Du hast mich schicken lassen, Vater?"
Er nickt knapp. "Jetzt, wo du abends unterwegs bist, brauchst du einen Begleitschutz", beginnt er. "Und den habe ich dir besorgt." Vater tritt zur Seite und ich erblicke einen jungen Mann, der mir den Rücken zugekehrt hat. Als ich auf ihn zutrete, dreht er sich um.
Ach du meine Güte.
"Sieh an, so sieht man sich wieder." Erik. Mit wissendem Grinsen gibt er mir die Hand.
"Erik", hauche ich fassungslos.
"Du hast es erfasst", meint er und drückt meine Hand kräftig. Autsch. Ich lasse mir nicht anmerken, dass er mir das Blut abdrückt. Das kann nicht wirklich Vaters Ernst sein.
"Erik", wiederhole ich noch einmal ungläubig und löse unauffällig meine Hand aus dem festen Griff.
"Immer noch", meint er. Sein Grinsen wird breiter.
"Ihr kennt euch?" Vater tritt an uns heran, legt zuerst mir, anschließend ihm einen Arm um die Schulter.
"Nur eine flüchtige Begegnung", brumme ich und wende mich ab.
"Wie schön. Vielleicht werdet ihr ja gute Freunde."
Wenn das passiert, ist irgendetwas in meinem Leben schiefgelaufen. "Vielleicht", presse ich zwischen den Zähnen hervor.
"Wie war eigentlich gestern mit Cate? Du warst ziemlich lange weg."
Mit vielsagenden Blicken sehe ich ihn an. Ich werde sicher nicht in Anwesenheit dieses Idioten über mein erstes Mal sprechen. "Gut. Ich gehe dann wieder auf mein Zimmer", zische ich und wende Vater den Rücken zu. Erik als mein Begleitschutz, der Typ, der gestern in der Kneipe meine Freundin befummelt und sich bis zum geht nicht mehr betrunken hat.
Hätte es mich eigentlich noch schlechter treffen können?
Hi, ich hoffe, dir gefällt das Kapitel. Wenn ja, dann lass doch einen Kommentar oder ein Sternchen da.
Wer hätte gedacht, dass Erik Lio's Begleitschutz wird? Ob das so eine gute Entscheidung seines Vaters war? Und wie reagiert Cate wohl darauf?
Fortsetzung folgt ... <3
DU LIEST GERADE
Cate und Lio - Mädchen kämpfen, Prinzen nicht
RomanceCatelynn ist die Tochter des Soldatenausbilders für die königliche Armee. Und so ist es auch kein Wunder, dass ihr Leben nur aus Training, Training und nochmals Training besteht. Bis eines Tages ein schüchtern lächelnder, attraktiver junger Mann im...