Nach wenigen Minuten kommen wir in eine Gegend, in der ich mittlerweile öfter bin. Ein paar Straßen von Michaels- und jetzt auch meinem- zu Hause hält er vor einem großen Einfamilienhaus.
Es ist groß, rechteckig und komplett in hellem Holz gehalten. Rechts neben der Tür befindet sich ein großes Fenster, im 1. Stock gibt es drei davon.
"Kommen Sie?", reißt mich Matthias aus meinen Gedanken. Er schließt bereits mit Elena auf dem Arm die Hautür auf. Ich bringe nur ein Nicken zustande und gehe ihm hinterher.
Im Flur legt er den Rucksack in eine Ecke und zieht Elena ihre Schuhe aus, um sie in einen Schrank zu stellen. Sie zieht währenddessen ihre Jacke aus und reicht sie ihm. Mal wieder fällt mir auf, wie ordentlich er ist und ich bin gespannt, wie es im restlichen Haus aussieht.
Auch ich hänge meine Jacke auf und gebe meinem Boss meine Schuhe, die ebenfalls in den Schrank wandern.
Als Elena wieder anfängt zu quengeln, nimmt er sie an die Hand und die beiden gehen durch den Flur in eine offene Küche.
Rechts befindet sich eine Treppe, die die beiden hoch laufen. Weil ich verlegen stehen bleibe, wirft Matthias mir einen auffordernden Blick zu, bis ich ihnen folge.
Oben kommen wir wieder in einen kleinen Flur. Eine Tür links, eine geradeaus und zwei rechts gehen davon ab. Wir betreten Elenas Zimmer durch die zweite Tür rechts.
Alle Wände sind in einem hellen Orangeton gestrichen. An der gegenüberliegenden Wand steht ein großes Bett, mit weicher Bettwäsche in rot, orange und gelb. Einige Kuscheltiere sind darauf verteilt.
Ansonsten sind noch ein Schrank, allerlei Spielzeug in Kisten und ein großer kuscheliger Teppich im Zimmer.
Matthias trägt seine Tochter zum Bett und deckt sie fürsorglich zu.
"So, Süße, hier ist noch der Saft und dann geht es dir ganz bald wieder besser", sagt er und füllt etwas von der Medizin auf einen kleinen Löffel und hält ihn Elena hin. Widerwillig schluckt sie schließlich den Saft und schüttelt sich.
"Bäääh", macht sie angeekelt.
"Wo ist das Bad?", frage ich Matthias, der mich erst irritiert ansieht und dann auf die Tür, gegenüber der Treppe, deutet. Ich gehe hinein und sehe mich um. Rechts neben der Tür ist eine Dusche, dahinter eine Badewanne. Links befindet sich die Toilette und davor ein Waschbecken. Ich öffne den Schrank darunter und hole einen Waschlappen und zwei kleine Handtücher heraus. Den Waschlappen tunke ich in lauwarmes Wasser, die Handtücher in kaltes. Nachdem ich alles nochmal ausgewrungen habe gehe ich wieder in Elenas Zimmer.
Matthias sitzt mit einem Buch auf der Bettkante und will ihr wohl gerade etwas vorlesen.
Schüchtern halte ich ihm die Tücher hin, doch er scheint nicht zu verstehen. Also lege ich der Kleinen den Waschlappen auf die Stirn und wickle die Handtücher um ihre Wanden.
"Danke, ich bin sofort fertig", meint mein Boss und liest ihr aus dem Buch vor.
Ich gehe wieder aus dem Zimmer, diesmal blicke ich aber nach links und entdecke eine große Fensterfront, wie bei Michael. Auch hier steht ein Sofa. Rechts ist noch ein Raum, aber ich will nicht herumschnüffeln und gehe deswegen wieder ins Erdgeschoss.
Unten angekommen sehe ich mir die Küche genauer an. Sie ist modern, aber man sieht, dass hier wirklich oft gekocht wird.
Komisch, das hätte ich von Matthias gar nicht erwartet. Aber er hat mich heute sowieso des Öfteren überrascht. Nie hat jemand ein Wort über ein Kind verloren und an der Garderobe hing keine einzige Frauenjacke. Ob er alleinerziehend ist?
Um mich von meinen Grübelein abzulenken gehe ich nach rechts, an einem Esstisch vorbei in das Wohnzimmer. Anders als erwartet ist es hier nicht ordentlich und modern oder klassisch. Die beiden Sofas sind beige, aber die Kissen darauf haben verschiedene Größen, Farben und Muster, sodass alles zusammengewürfelt aussieht. Der Sessel ist grün und ebenfalls voller bunter Kissen. In der Mitte liegt ein gemusterter Teppich, der irgendwie zu dem Farbenchaos passt. Darauf steht ein Glastisch mit einer Blumenvase darauf, darin einfache Gartenblumen. An der rechten Wand hängt ein moderner Flatscreen, darunter ein beiger Schrank mit bunten Möbelknöpfen.
Links ist ein großes Fenster, aus dem man auf die Terrasse sehen kann. Ein buntes Blumenbeet wurde dort gepflanzt.
"Das haben Elena und ich zusammen angelegt", erklärt Matthias, der plötzlich hinter mir aufgetaucht ist.
"Madre mía." (Oh mein Gott.) Erschrocken zucke ich zusammen.
"Entschuldigung, ich wollte Sie nicht erschrecken."
"Schon gut", winke ich ab und sehe wieder aus dem Fenster.
"Woher haben Sie denn das?", er deutet auf meine Wange. ¡Qué mierda! (So ein Mist!) Er hat es bemerkt.
"Was meinen Sie?", stelle ich mich dumm und sehe ihn unschuldig an.
"Sie haben eine ganz schön rote Wange", besorgt mustert er mein restliches Gesicht. Ich bete, dass er meine roten Augen nicht auch noch bemerkt. Er sieht mir eine Zeit lang nachdenklich in die Augen und ich bin mir sicher er hat es bemerkt, doch er sagt nichts.
"Ein kleiner dummer Unfall", beschwichtige ich ihn, doch er glaubt mir nicht.
"Wurden Sie geschlagen?", fragt er gerade heraus.
"Ähm...", ich bin kurz sprachlos, doch er scheint zu verstehen.
"Wer hat Sie geschlagen?", will er wissen. Seine Stimme hat einen leicht zornigen Unterton bekommen, welcher mich erschrocken die Augen aufreißen lässt.
"Niemand", versuche ich ihn nochmal abzuwimmeln, doch er macht einen Schritt auf mich zu und legt sanft seine Hand an meine Wange. Vorsichtig streicht er darüber und ich zucke zusammen. Die ganze Zeit habe ich nicht mehr daran gedacht und mich völlig auf das kleine Mädchen konzentriert, aber jetzt spüre ich das schmerzhafte Brennen zurückkehren.
"Setzen Sie sich, ich hole ihnen etwas zum Kühlen. Wissen Sie was, wir sollten uns duzen. Ich bin Matt", sagt er plötzlich freundlich und lächelt mich an. Unsicher lächle ich zurück und nicke. Dann lasse ich mich auf das gemütliche Sofa sinken und atme tief durch. Die Begegnung mit Mauricio hat mir mehr zugesetzt, als ich zugeben möchte und ich fühle ide Wut kleiner werden, während die Verzweiflung und Angst sich in den Vordergrund drängen.
Sekunden später steht Matt mit einem Kühlkissen eingewickelt in ein Küchenhandtuch vor mich. Fürsorglich geht er vor mir in die Hocke und legt das kleine Päckchen langsam an meine Wange. Wieder zucke ich kurz zurück, reiße mich dann aber zusammen und halte es dann selber. Matt geht wieder einen Schritt von mir weg, setzt sich in den Sessel und betrachtet mich nachdenklich.
"Darf ich dir eine Frage stellen?" Matt nickt vorsichtig.
"Warum hat bis jetzt niemand erwähnt, dass du eine Tochter hast. Es geht zwar niemanden etwas an, aber normalerweise bekommt immer irgendjemand etwas mit und verbreitet zumindest Gerüchte", veruche ich zu erklären.
"Ich habe keine Tochter. Elena ist die Tochter meines Bruders Frederik. Sie wohnt montags bis mittwochs bei ihm, donnerstags und freitags bei mir. Samstagmorgen ist sie dann noch hier und ich bringe sie dann vor der Arbeit zu meiner Mutter. Und sonntags ist Familientag."
Überrascht sehe ich ihn an.
"Und... warum... lebt sie nicht die ganze Woche bei ihrem Vater?", hake ich vorsichtig nach. Matts Gesicht wird augenblicklich verschlossener.
"Mein Bruder ist alleinerziehender Vater, wenn Elli bei mir ist kann er den ganzen Tag arbeiten. Er möchte ihr gerne auch mal schöne Reisen ermöglichen und das Geld dafür will er selber verdienen."
Die Ausrede lasse ich einfach mal durchgehen, da er scheinbar nicht mehr dazu sagen möchte.
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Te deseo
RomanceMira Sánchez Martín, eine feurige Spanierin bekommt einen Job bei dem größten Miesepeter der Welt. Nach einigen anfänglichen Auseinandersetzungen kommen sie sich näher und entscheiden sich für einen Deal. Matt sträubt sich gegen eine Beziehung, doch...