Am nächsten Morgen bin ich alles andere als gewillt aufzustehen. Am Liebsten würde ich den ganzen Tag in meinem Bett verbringen. Matt wird mich hundertprozentig auf gestern ansprechen.
Außerdem tut meine Wange immer noch weh. Ich habe das Gefühl mein ganzes Gesicht ist geschwollen und blau. Ein Blick in den Spiegel zeigt, dass wenigstens nur meine Wange betroffen ist. Mit einer gefühlten Tonne Make-up versuche ich es zu überschminken, aber besonders schmerzfrei gelingt mir das nicht.
Eine halbe Stunde später betrete ich dann schlecht gelaunt und mit brennender Wange mein Büro. Verwundert bemerke ich, dass Matt nicht da ist. "Quizá llegará tarde a trabajar", (Vielleicht kommt er später zur Arbeit) denke ich. Erfreut fange ich an die ersten Akten durchzuarbeiten.
Als er aber auch vier Stunden später nicht auftaucht, beschließe ich Clara in der Mittagspause zu fragen.
"Hast du etwas von Matt gehört?", will ich von ihr wissen.
"Hat er dich denn nicht angerufen?", verwundert sieht sie mich an, während sie sich ein Stück Kuchen in den Mund schiebt. Irritiert schüttle ich den Kopf.
"Eigentlich ist er immer zuverlässig. Also ich weiß nur von Tobi, dass er aus familiären Gründen nicht kommt", erklärt sie. "Sag mal seit wann nennst du ihn eigentlich Matt?"
"Familiäre Gründe? Er hat mir gestern das Du angeboten."
"Wirklich? Das kommt selten vor, merk dir das!", zweideutig zwinkert sie mir zu. "Vor allem bei einem Geschäftstermin..."
"Naja, das war nicht wirklich beim Geschäftstermin. Wir haben seine Nichte vom Kindergarten abgeholt... sie ist krank... dann bin ich noch mit zu ihm gefahren... und wir haben geredet. Da hat es sich einfach ergeben."
Claras Aufschrei lässt mich erschrocken zusammenzucken.
"Einfach ergeben? Erzähl mir doch nichts, Mira! Oh mein Gott, du warst bei ihm zu Hause. Und du hast ein Familienmitglied kennen gelernt. Als hättet ihr nur geredet. Oh mein Gott, du hast was mit Matthias Norris!"
"Nein!", unterbreche ich sie schnell. "Ich habe ihm nur geholfen seine kleine Nichte zu pflegen und dann haben wir wirklich nur geredet. Ich habe ganz bestimmt nichts mit meinem Chef!"
Clara zwinkert mir verschwörerisch zu und ich verdrehe die Augen.
"Vielleicht ist er nicht gekommen, weil er sich um Elena kümmert", überlege ich und wechsle damit das Thema. Wobei, eigentlich sprechen wir immer noch über das gleiche.
"Elena?"
"Seine Nichte. Hoy probablemente iré a su casa y traeré medicamentos para su sobrina.", (Wahrscheinlich fahre ich heute zu ihm und bringe Medikamente für seine Nichte mit.) überlege ich. Das übersetze ich Clara aber lieber nicht, da sie sofort wieder etwas Falsches denken würde.
Nach Feierabend und einem Abstecher in die Apotheke mache ich mich auf den Weg zu Matt. Ich bin ein wenig aufgeregt, als ich auf die Klingel drücke.
Komisch, heute morgen hätte ich alles getan, um ihm aus dem Weg zu gehen und jetzt fahre ich auch noch zu ihm nach Hause.
Matt öffnet die Tür und ich sehe ihn erschrocken an. Er sieht schrecklich aus! Naja, eigentlich stimmt das nicht. Er ist immer überdurchschnittlich attraktiv, sogar jetzt. Denn der Miesepeter ist unübersehbar krank. Tiefe Augenringe, ein fiebriger Glanz in den Augen, Schweißperlen auf der Stirn.
"Was tust du hier?", reißt mich seine träge und raue Stimme aus meinen Gedanken.
"Ähm, also... du warst ja heute nicht bei der Arbeit... und Clara meinte etwas von familiären Gründen. Ich dachte... ich komm mal vorbei, ... weil...ähm... ich wollte sehen, ob alles ok ist. Und ich habe Medikamente gegen Fieber dabei!", peinlich berührt halte ich ihm die Tüte hin.
"Danke. Willst du reinkommen?" Perplex starre ich ihn an und nicke dann.
Im Flur lege ich meine Tasche, Jacke und Schuhe ab und räume alles ein. Ich habe seinen Ordnungstick nicht vergessen.
"Elena sitzt im Wohnzimmer." Mit diesen Worten führt der fiebrige Miesepeter mich durch das Haus. Auf dem Sofa sitzt die Kleine, der es scheinbar schon besser geht und sieht sich eine Kindersendung an.
Überrascht sieht sie auf, als ich den Raum betrete.
"Ist das die Frau, die mir gestern vorgesungen hat?", will sie wissen und Matt nickt.
Flink steht die Kleine auf und hält mir die Hand hin.
"Ich bin Elena", verlegen lächelt sie.
"Ich bin Mira. Scheint, als geht es dir schon wieder besser. Ich wollte dir eigentlich ein wenig Medizin vorbei bringen, aber die hat dein Onkel wohl nötiger als du."
"Ich hab ihn ersteckt", stolz grinst sie.
"Angesteckt", korrigiert Matt sie und lässt sich ächzend auf das Sofa fallen. Elena krabbelt dazu und kuschelt sich an ihn. Definitiv ein schönes Blid.
Matt klopft neben sich, um mir zu zeigen, dass ich mich setzten soll.
Also tue ich ihm den Gefallen und wir sehen uns einige Minuten schweigend die Sendung an. Plötzlich legt er den Kopf auf meine Schulter und lehnt sich ein wenig mehr an mich. Ich bin etwas erschrocken, aber es ist nicht unangenehm, deswegen lasse ich ihn gewähren.
"Soll ich Tee kochen? Dann kann ich dir auch gleich die richtigen Medikamente raussuchen", biete ich etwas später an, um nicht unnütz herum zu sitzen.
"Wenn du das möchtest." Der Miesepeter hat seine Augen geschlossen und ich bin mir nicht sicher, ob er mir wirklich zugehört hat.
Trotzdem gehe ich in die Küche und mache mich auf die Suche nach Tassen.
"Onkel Matt mag dich." Erschrocken drehe ich mich zu Elena um, die hinter mir aufgetaucht ist.
"Ich mag ihn auch. Das ist auch gut so, sonst könnten wir ja nicht täglich zusammen arbeiten."
"Er hat noch nie eine Frau hier gehabt, wenn ich da war." Ernst sieht sie mich an. Unbehaglich drehe ich mich weg.
"Magst du mir helfen?", lenke ich ab. Die kleine Maus nickt und ich hebe sie auf die Anrichte.
"Hier ist eine Tasse, kannst du den Teebeutel da rein legen?" Gewissenhaft macht sie sich an die Arbeit, während ich das Wasser aufsetze.
"Gefällt es dir so oft bei Matt zu sein?", frage ich.
"Es ist super hier. Er ist immer lieb und ich darf sogar manchmal länger aufbleiben. Und er geht ganz oft mit mir in den Zoo und ins Schwimmbad und in den Freizeitpark. Letzte Woche waren wir sogar in einem Museum mit ganz vielen Unterwassertieren. Fische und Haie und ich hab sogar einen Delfin gesehen", schwärmt sie und ich lächele.
"Ich finde Matti ist der tollste Onkel auf der Welt, aber Papa sagt er ist oft einsam. Matti arbeitet immer und sonst fährt er zu Oma oder zu mir und Papa. Papa sagt es ist schade, dass Matti noch keine Frau gefunden hat", erzählt sie weiter.
"Irgendwann findet er bestimmt eine ganze liebe Frau, da bin ich mir sicher." Ich streiche ihr über den Kopf.
"Vielleicht ja so eine wie dich. Und die kann mir dann auch vorsingen", grinst sie und ich lache.
"Ja, vielleicht."
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Te deseo
Storie d'amoreMira Sánchez Martín, eine feurige Spanierin bekommt einen Job bei dem größten Miesepeter der Welt. Nach einigen anfänglichen Auseinandersetzungen kommen sie sich näher und entscheiden sich für einen Deal. Matt sträubt sich gegen eine Beziehung, doch...