Die nächsten Wochen sind total schön, zumindest auf der Arbeit. Nach und nach lerne ich alle meine Kollegen kennen und auch die Jugendlichen fassen besonders schnell Vertrauen zu mir. Mit Becki läuft es leider nicht so gut. Wir streiten uns fast täglich und langsam habe ich das Gefühl, dass es vielleicht doch zu früh war, mich mit Becki zu verloben und nach so kurzer Zeit zusammenzuziehen. Sie trinkt fast jeden Tag und wenn ich sie bitte, wenigstens mal einen Tag nicht zu trinken, rastet sie komplett aus. "Du bist nicht meine Mutter!", ruft sie wütend, als ich sie nach der ersten Wodkaflasche an ihre Gesundheit erinnere. Vielleicht denke ich zu weit in die Zukunft, aber wir beide wünschen uns Kinder, aber wenn sie so weitermacht, wird sie vermutlich schwer krank, bevor unsere zukünftigen Kinder erwachsen sind. Sie bleibt nicht einmal einen Tag für mich nüchtern. Dazu muss man sagen, dass ich es extrem abstoßend finde, wenn sie betrunken ist. Am liebsten würde ich dann auch gar keine Zeit mit ihr verbringen. Eines Abends gesteht sie sich nach einem sehr emotionalen Film ein, dass sie ein Alkoholproblem hat. Ein bisschen enttäuscht bin ich schon, denn ich habe mir monatelang den Mund fusselig geredet, um ihr klar zu machen, dass sie ein Problem mit Alkohol hat. Und dann hört sie auf einen blöden Film? Der war zwar sehr gut, aber ich hätte mir ehrlich gesagt gewünscht, dass sie eher auf mich hört.
Am nächsten Morgen geht Becki früher zur Arbeit. Das ist ziemlich untypisch für sie und ich mache mir Sorgen, vor allem, da sie mir erzählt hat, dass ihre Exfreundin in letzter Zeit öfter bei ihr auf der Arbeit auftaucht. Diese Frau wohnt allerdings dreißig Kilometer weit weg und in ihrem Wohnort gibt es bestimmt auch genug Läden, in denen sie einkaufen gehen kann. Es ist also ziemlich unnötig, extra dreißig Kilometer zu fahren, außer, und da spricht wieder meine Eifersucht, wenn sie sich heimlich treffen. Um nicht vollkommen in meiner Eifersucht zu versinken, rufe ich meine beste Freundin an. "Ich verstehe dich einfach nicht. Du bist doch so schlau, warum willst du nicht verstehen, dass Becki dir nicht gut tut?", fragt Kate. "Ich weiß was du meinst. Sie ist in letzter Zeit wirklich nicht so, wie am Anfang.", gebe ich zu. "Ach ja? Ich hab noch nie einen Groschen so langsam fallen sehen.", entgegnet Kate. "Vielleicht war das alles ein Fehler. Becki ist in letzter Zeit richtig unzuverlässig. Wir wollten zum Beispiel gemeinsam zu meinen Eltern fahren und zwei Stunden vorher war sie plötzlich krank. Aber nachmittags ging es ihr wieder so gut, dass sie sich mit ihrer Kollegin treffen konnte. Jedes Mal, wenn sie mir etwas verspricht oder wenn wir etwas unternehmen wollen, sagt sie es kurz vorher ab. Ich bin da vielleicht etwas schlimmer, aber ich verlasse mich darauf, wenn man mir etwas verspricht. Ich halte mich an Abmachungen und erwarte eben auch, dass sich andere an Abmachungen halten.", erkläre ich. "Das ist absolut verständlich, ich bin auch so wie du. Mich würde es auch extrem aufregen.", bestätigt meine beste Freundin. Nach dem Gespräch bin ich etwas beruhigter, weil ich jetzt weiß, dass ich nicht die einzige bin, der Versprechen noch etwas bedeuten. Die Sache mit der Exfreundin von Becki beschäftigt mich allerdings noch eine ganze Weile.
Als ich auf der Arbeit bin, möchte meine Chefin ein Gespräch mit mir führen. Das macht sie wohl regelmäßig mit allen Mitarbeitern. Sie erklärt meiner Kollegin Katrin, dass sie jetzt dieses Gespräch mit mir führen möchte und meine Kollegin erlaubt das. Ein bisschen komisch finde ich das schon, dass sie sich die Erlaubnis von Katrin einholt, aber in diesem Moment denke ich gar nicht weiter daran. Meine Chefin teilt mir mit, dass sich die Kollegen über mich beschwert hätten, da ich zu schüchtern wäre und mich nicht richtig in das Team einbringen würde. Dazu muss ich erwähnen, dass ich mit meinen Kolleginnen absolut keine Gemeinsamkeiten habe. Die meisten haben bereits eine eigene Familie oder sind verheiratet. Da kann ich eben einfach nicht mitreden. Außerdem machen sie es mir auch sehr schwer, mich einzufügen. Linda, eine weitere Kollegin, sagt mir klar und deutlich, dass sie eigentlich gar keine neue Kollegin wollten, sondern dass ich wohl nur eingestellt wurde, um die Urlaubszeit abzudecken. Lea bemängelt bei jeder Situation, die sich ihr bietet, dass ich keine abgeschlossene Ausbildung habe und dass sie eigentlich eine weitere Fachkraft haben will. Das finde ich ziemlich unfair, denn ich habe immer mehr geleistet, als eine Fachkraft, außerdem habe ich eine Ausbildung im sozialen Bereich. So unfähig, wie sie mich immer darstellt, bin ich gar nicht.
Als das Gespräch mit meiner Chefin beendet ist, muss ich erst einmal damit klarkommen. Zur Beruhigung trinke ich einen Schluck Kaffee und mache mich dann auf den Weg zu Katrin, um mit ihr zu besprechen, was heute ansteht. Als ich sie anspreche, wird sie direkt wütend und ich verstehe nicht, warum. "Du kannst hier nicht einfach Pause machen, wie es dir passt! Du bist neu hier und musst das zuerst mit mir absprechen. In der Zeit, als du faul im Büro gesessen hast, hätte etwas schlimmes passieren können, deswegen sollen wir doch immer zu zweit arbeiten. Lea hat dir das doch schon erklärt, aber wahrscheinlich bist du einfach zu dumm, um das zu verstehen!", schreit mich Katrin im Gruppenraum an. Mir ist die Situation sehr unangenehm, vor allem, weil Katrin mich vor den Jugendlichen anschreit, die gerade aus der Schule gekommen sind. Ich erkläre ihr noch, dass ich ein Gespräch mit der Chefin geführt habe und dass sie auf mich zugenommen ist, aber Katrin will davon nichts wissen. Sie hat mich mit dieser Aktion so eingeschüchtert, dass ich sie nur noch vorsichtig frage, welche Aufgaben ich erledigen soll und den Rest der Zeit gehe ich ihr aus dem Weg. Es ist sogar so schlimm, dass ich meine Dienste so lege, dass ich nicht mehr mit Katrin arbeiten muss. In der Realität sieht das leider anders aus, denn Katrin hat ihre Dienste in letzter Sekunde noch einmal komplett abgeändert dass wir im kommenden Monat fast jeden Tag zusammen arbeiten. Die Tage, an denen Katrin nicht arbeiten kann, trägt sich Lea ein. Für mich ist das ein riesiges Problem, denn ich komme mit beiden nicht besonders gut klar. Lea schreit mich zwar nicht an, aber sie gibt mir alle Aufgaben, die sie nicht mag. Mittlerweile telefoniere ich fast täglich mit Kate. Bei ihr kann ich mich über die Arbeit aufregen und sie macht mir Mut. Manchmal sagt sie mir auch, ich soll mir einfach vorstellen, was für ein langweiliges und unglückliches Leben meine Kolleginnen führen müssen, wenn es ihnen Spaß macht, mich so zu schikanieren. Das muntert mich meistens auf.
Jeden Tag, wenn ich abends von der Arbeit nach Hause komme, liegt Becki entweder im Bett und schläft, weil sie vermutlich wieder zu viel getrunken hat, jedenfalls riecht es im Schlafzimmer wie in einer Schnapsbrennerei, oder sie schaut in Überlautstärke total bescheuerte Filme und weint. Vor ihr stehen immer mindestens eine oder zwei leere Wodkaflaschen, denn mittlerweile trinkt sie das Zeug pur. Meistens traue ich mich nicht, sie darauf anzusprechen, aber als ich es tatsächlich mache, rastet sie komplett aus. Sie macht ein paar bedrohliche Schritte auf mich zu und als ich ihr sage, dass sie mir Angst macht, provoziert sie mich weiter. Dazu schreit sie mich noch an und macht mir Vorwürfe. Es wird so schlimm, dass ich aus der Wohnung flüchte und mich vor die Haustür von Cosmo setze, bis er von der Arbeit kommt. Er nimmt mich in den Arm und schreibt jemandem auf WhatsApp. Zwei Minuten später steht eine Frau vor mir, die sich als die neue Freundin von Cosmo herausstellt. "Hey, ich bin Ayla und ich habe gehört, dass wir ein bisschen durch die Gegend fahren.", stellt sie sich vor. Ich bin noch so geschockt, dass Cosmo mich vorstellt. Zwei Minuten später sitzen wir in ihrem Auto und sie saust mit einem Affenzahn durch die Stadt. Ayla redet sehr gerne und sehr viel. Sie rät mir auch, mich von Becki zu trennen. Langsam finde ich den Gedanken gar nicht mehr so abwegig, aber ich kann nicht schon wieder alles aufgeben. Ich wohne gerade mal drei Monate bei Becki, ich kann nicht schon wieder alle Zelte abbrechen. In den nächsten Tagen bin ich öfter bei Ayla und Cosmo, da es mit Becki immer schlimmer wird.
Auch auf der Arbeit läuft es ziemlich beschissen, denn ich werde von meinen Kolleginnen wie der letzte Dreck behandelt. Ich darf mich gar nicht mehr mit den Jugendlichen beschäftigen, sondern muss alle anstehenden Telefongespräche führen, dann muss ich die gesamte Gruppe putzen und die Zimmer kontrollieren. Hier gerate ich manchmal mit den Jugendlichen aneinander, die nicht verstehen wollen, dass die Zimmer eben regelmäßig kontrolliert werden müssen. Sie beschweren sich dann bei meinen Kolleginnen, die ihre Wut wiederum an mir auslassen. Normalerweise würde ich mich meiner Chefin anvertrauen, aber sie ist mit meinen Kolleginnen befreundet und lässt keinerlei Kritik an ihren Freundinnen zu. Mir macht die Arbeit einfach keinen Spaß mehr. Jeden Tag bekomme ich Bauchschmerzen, wenn ich nur an die Arbeit denke. Sobald ich auf dem Heimweg bin, kann ich mich nicht mehr zurückhalten und weine. Bei meiner Verlobten muss ich allerdings so tun, als wäre alles in Ordnung, denn ich habe weder Lust auf Streit, noch habe ich die Kraft dafür. Ich stecke in einem verdammten Teufelskreis fest und wahrscheinlich werde ich dort nie wieder rauskommen.
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You're still my person | LGBTQ
Teen Fiction"Kate, ich werde einsam sterben, das ist wohl offensichtlich!", rufe ich aufgebracht. Yael und Kate sind beste Freundinnen, aber als Yael wegzieht, entfremden sich die beiden. Yael hat zwar eine neue Freundin, doch da gibt es noch eine Person, die...