Die nächsten zwei Monate sind die schlimmsten meines Lebens. Mit Becki streite ich mich mindestens dreimal täglich. Meine Verlobte rastet regelmäßig aus, ich muss nur den falschen Blick drauf haben und schon dreht sie durch. Becki ist wahnsinnig eifersüchtig und hierbei ist es egal, ob ich mich mit Cosmo und Ayla treffe oder ob ich mit Kate telefoniere. Becki wirft mir vor, dass ich sie betrügen könnte. "Genau, ich betrüge dich mit Kate. Oder vielleicht mit Ayla, die gar nicht mein Typ ist oder sogar mit Cosmo, der wie ein Bruder für mich ist? Du kannst es dir gerne aussuchen.", entgegne ich sarkastisch. Leider versteht meine Verlobte weder Sarkasmus, noch Ironie. Deswegen rastet sie auch komplett aus und brüllt mich so sehr an, dass mir fast das Trommelfell platzt. Da ich keine Lust habe, mich mit ihr zu streiten, flüchte ich wieder zu Ayla. "Yael, ganz ehrlich, du musst dich von ihr trennen. Sie betrachtet dich als ihr Eigentum und wenn du nicht das machst, was sie will, dreht sie komplett durch.", erklärt mir die Freundin von Cosmo. "Aber ich liebe sie so sehr. Außerdem kann ich mir hier keine eigene Wohnung leisten.", erkläre ich. "Das kann gefährlich werden, verstehst du das nicht?", fragt Ayla besorgt. "Außerdem musst du auf dich selbst achten. Dass du nicht glücklich bist, kann man aus zweihundert Metern Entfernung erkennen. Mach bitte Schluss mit diesem bösen Menschen. Sie tut dir einfach nicht gut. Du bist so ein wundervoller Mensch und Cosmo hat mir erzählt, wie du am Anfang warst. Dein Leben ist so viel schlechter geworden, das musst du doch auch selbst sehen.", ergänzt sie. Natürlich habe ich das schon bemerkt, aber ich bin einfach nicht stark genug, um mich von meiner Verlobten zu trennen.
Auf der Arbeit läuft es auch nicht unbedingt besser. Normalerweise verstehe ich mich super mit den Kids, auch wenn ich in letzter Zeit nicht wirklich viel mit ihnen arbeiten darf, dank meinen toxischen Kolleginnen. Aber die nächsten Tage sind die Jugendlichen so aggressiv mir gegenüber. Anfangs verstehe ich gar nicht, was da eigentlich passiert, aber als ich sehe, wie Katrin und eine der Jugendlichen auf dem Gang stehen und tuscheln, kommt mir das Ganze schon sehr suspekt vor. Vor allem, da sie plötzlich verstummen, als sie mich bemerken. Außerdem starren mich beide wahnsinnig böse an. Als ich wenig später in den Gruppenraum komme, beobachten mich die Jugendlichen verächtlich. Ich versuche mit ihnen zu reden, aber ich werde vollkommen ignoriert. Ich möchte nicht mehr in dieser Einrichtung arbeiten. Mittlerweile bin ich auch komplett verzweifelt. Mein gesamter Körper wehrt sich gegen diesen Stress. Jeden Morgen habe ich mit wahnsinniger Übelkeit und Fieber zu kämpfen, sobald ich auch nur an die Arbeit denke. Bevor ich die Einrichtung betrete, bekomme ich immer besonders schlimme Kopfschmerzen. Als ich meiner Chefin mitteile, dass ich für eine Woche krank geschrieben wurde, schnaubt sie nur verächtlich. Komischerweise habe ich ein schlechtes Gewissen, andererseits bin ich dankbar für die Zwangspause, denn lange hätte ich das weder psychisch, noch körperlich durchgehalten.
Mitten in der Woche ruft mich meine Chefin an, dass sie ein dringendes Gespräch mit mir führen möchte. Deshalb zitiert sie mich freitags, als ich eigentlich noch krank geschrieben bin, zu sich. Mit einem sehr unguten Gefühl im Bauch, schleppe ich mich also zu meiner Chefin. "Yael, deine Kolleginnen haben mir einiges erzählt, was mich sehr stört. Darüber müssen wir uns dringend unterhalten.", erklärt sie. Danach zählt sie mir ungefähr zehn Dinge auf, die ich angeblich verbockt habe. Eine Sache stimmt tatsächlich, wie ich mir zu meiner Schande eingestehen muss, allerdings haben meine Kolleginnen auch hier nicht ganz die Wahrheit gesagt. Sie haben die Sache künstlich aufgebauscht und dass meine Chefin jetzt von mir enttäuscht ist, kann ich absolut nachvollziehen. Wenn man mir solche Sachen über eine Mitarbeiterin erzählen würde, wäre ich auch schockiert. Allerdings lässt sie mich auch gar nicht zu Wort kommen. Jede Äußerung meinerseits wird direkt abgeschmettert oder als Ausrede hingestellt. Irgendwann höre ich einfach nur zu und lasse sie reden. Ich bin fassungslos, welche Lügen sich meine Kolleginnen ausgedacht haben. Fünf Minuten später habe ich meine Kündigung in der Hand. In weiser Voraussicht habe ich bereits meine Sachen gepackt. "Die Kündigung ist übrigens keine Strafe für mich, ich bin eigentlich ganz zufrieden damit. Die Arbeit hier war die Hölle und ich bemitleide jeden, der sich in Zukunft hier bewirbt. In Sachen Empathie können Sie übrigens alle noch etwas lernen.", stelle ich fest und werfe meiner ehemaligen Chefin den Schlüssel für die Einrichtung zu. Mit diesen Worten verlasse ich das Büro und mache mich auf den Weg nach Hause. Auf dem Rückweg rufe ich Kate an und muss lachen." Jetzt bin ich endlich frei!", brülle ich in mein Handy. Auch Kate freut sich für mich, obwohl sie Bedenken hat, wie es jetzt weitergehen soll. Das muss sie gar nicht sagen, denn das höre ich an ihrer Stimme.
Als ich zuhause ankomme und meiner Verlobten davon erzähle, reagiert sie nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe. Becki schreit mich an und wirft mir vor, dass ich mit Absicht schlecht gearbeitet habe. Als ich in Tränen ausbreche und ihr erzähle, wie schlecht mich meine Kolleginnen behandelt haben, zeigt sie keinerlei Verständnis. Ich fühle mich wie im falschen Film. "Warum hast du nicht mit den Kollegen gesprochen? Die können ja nicht einfach Lügen über dich erzählen.", stellt sie fest. Ich erkläre ihr, dass ich gar keine Chance hatte, mit meinen ehemaligen Kolleginnen zu reden, aber Becki will das nicht wissen. Sie macht mir die Hölle heiß und ich flüchte an den Ort, an dem ich mit Cosmo immer rauche. Völlig aufgelöst rufe ich Kate an. Wir telefonieren mindestens eine Stunde und sie rät mir, zu meinen Eltern zu gehen, zumindest für ein paar Tage. Direkt danach telefoniere ich mit meiner Mutter. Zum Glück hat sie heute frei und fährt direkt los. Eine Stunde später beginnt es zu regnen und ich mache mich auf den Rückweg. In der übrig gebliebenen Zeit packe ich meine Sachen und sage Becki, dass ich für eine Woche zu meinen Eltern fahre. Darauf reagiert sie wieder einmal hochgradig toxisch und macht mir pausenlos Vorwürfe. Ich bin so froh, als meine Mutter endlich da ist. Ich verabschiede mich von meiner Verlobten, die mittlerweile weint und mich anfleht, nicht zu gehen. Ich muss aber an die Worte meiner besten Freundin denken. "Wenn du jetzt nicht gehst, wird sie dich immer schlechter behandeln, weil sie weiß, dass sie alles mit dir machen kann.", hat sie mir am Telefon erklärt und ich weiß ganz genau, dass sie Recht hat.
Die Woche bei meinen Eltern ist für mich wie Urlaub. Ich treffe mich mit Kate und mit einigen Bekannten, die ich zwar nicht als meine Freunde bezeichnen würde, aber ich habe sie auch vermisst. Becki schreibt mir jeden Tag, dass sie mich vermisst und dass sie sich ändern wird. Wie gerne würde ich ihr glauben, aber sie hat es schon so oft versprochen. Langsam kann ich ihr nicht mehr glauben und ich vermisse sie ehrlich gesagt auch nicht. Trotzdem verspricht sie mir, dass sie mich Sonntags abholt und wir gemeinsam nach Hause fahren. Allerdings sagt sie mir am Samstag Abend ab. Ich bin mehr als nur enttäuscht, ich bin zutiefst verletzt und als ich ihr das mitteile, beleidigt sie mich und schreit mich an. Sonntags entschuldigt sie sich bei mir, aber ich nehme ihr die Entschuldigung nicht wirklich ab. Trotzdem bin ich so bescheuert und fahre montags zu ihr. Gerade nach dem Streit am Samstag, kann Kate meine Entscheidung noch weniger nachvollziehen. "Du bist doch einfach nur komplett bescheuert.", teilt sie mir mit. Ich schlage ihre Warnungen allerdings in den Wind. Also fahre ich am Montag zurück nach Hause und als ich ankomme, scheint alles wieder in Ordnung zu sein. Becki freut sich sehr, dass ich wieder da bin. Aber bereits am Abend beginnt sie wieder zu trinken und ich bin wieder einmal total enttäuscht. "Yael, jetzt mal ganz ehrlich, du bist schon ziemlich naiv. Jetzt hat sie wieder, was sie wollte. Du bist wieder bei ihr und sie kann dich wieder wie den letzten Dreck behandeln. Nein, das kann ich nicht nachvollziehen. Langsam erinnerst du mich an meine Mutter, die hat sich von meinem Vater auch so behandeln lassen und irgendwann hat er sie geschlagen. Lass es nicht soweit kommen, denn ich traue es Becki zu, dass sie irgendwann mal ausrastet und dich vielleicht auch mal schlägt.", erklärt mir Ayla, als ich ein paar Tage später wieder einmal zu ihr flüchten muss. "Du bist viel zu hübsch und zu intelligent für sie, außerdem bist du für jeden da und du hast es am meisten verdient, glücklich zu sein. Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied.", ergänzt sie. "Wer weiß, vielleicht habe ich gar kein Glück verdient.", gebe ich zu bedenken. "Das ist absoluter Quatsch. Wenn du denkst, dass du jetzt in der Scheiße sitzt, es geht immer tiefer.", klärt mich Ayla auf. "Sie ist jetzt einfach eine komplett andere Person. So fremd wie jetzt, waren wir uns nicht einmal, als wir uns das erste Mal gesehen haben. Ich habe Albträume. Und das nicht nur, wenn ich schlafe.", gebe ich zu. "Dann beweg deinen Hintern und trenn dich von ihr.", entgegnet Ayla.
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You're still my person | LGBTQ
Novela Juvenil"Kate, ich werde einsam sterben, das ist wohl offensichtlich!", rufe ich aufgebracht. Yael und Kate sind beste Freundinnen, aber als Yael wegzieht, entfremden sich die beiden. Yael hat zwar eine neue Freundin, doch da gibt es noch eine Person, die...