Kapitel 7

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Sicht: Manuel

Als ich von meinem Wecker wie jeden Morgen geweckt wurde und erst beim zweiten Alarm schlaftrunken aufwachte, hatte ich furchtbare Kopfschmerzen. Daran, dass Taddl gestern mit seinem Schlag daran Schuld sein könnte dachte ich nur flüchtig.
Ist unwichtig, denn es ändert ja doch nichts an meiner miesen Laune und dem Gefühl am liebsten liegen zu bleiben. Warum konnte ich nicht einfach den ganzen Tag im Bett bleiben?

Ich machte mich fertig und ließ währenddessen mein Handy hochfahren. Ausnahmsweise mit einem Gefühl von Hunger putze ich meine Zähne und warf mir flüchtig ein paar Klamotten über.

Bis jetzt bin ich mir sicher, dass niemand von den Betreuern gemerkt hat, dass ich gestern viel länger weg war, wäre auch was Neues.

Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch schaute ich auf mein Handy. Was würde Rewi wohl geantwortet haben? Ich sah die zwei kleinen blauen Haken neben meiner Nachricht, er muss sie also gelesen haben. Eine Antowort hatte ich jedoch nicht bekommen. Spätestens jetzt wurde mir mal wieder klar, dass es ein Tag der Extraklasse werden wird. Ob ich nun freche WhatsApps schreibe oder nicht, ist auch egal. Am Ende werde ich soweiso verprügelt.
Früher hatte ich sogarnoch dagegen angekämpft, mich gewehrt gegen die Gewalt und das Mobbing, aber nicht lange, dann gab ich auf. Wie alles andere in meinem kleinen, erbärmlien Leben.

Ich machte mich auf den Weg über den Flur zum Aufenthaltsraum, wo es Frühstück gab. Normalerweise komme ich Morgens nie, aber heute bog in die Abzweigung ein, wo ich sofort genervt aufstöhnte. Vor mir stand Tobias, meine "Bezugsperson", der ich mich anvertrauen soll.
Seit Jahren nervt er damit, ich solle ich doch Tobi nennen, ohne Erfolg. Der Typ redet mit mir wie mit einem gestörten Kleinkind, dass gleich anfängt zu heulen. Viel schlimmer aber ist, dass er mich ungefragt vom ersten Tag an "Manu" nennt. Nie habe ich ihm angeboten mich so zu nennen. Für ihn bin ich Manuel und kein anderer. Ich hatte ich schon öfter gesagt er soll das lassen, aber der brillentragende Mann denkt es wäre eine einmalige Reaktion. Wie dumm von ihm.
Ständig stellt er mir komische Fragen, meint ich kann ihm vertrauen und mich aussprechen. Bei allen was mir wichtig ist- auch wenn das nicht viel ist- aber das werde ich niemals tun. Niemals vertraue ich mich ihm oder irgendwem anderen an. Das so einer überhaupt auf uns Heimkinder losgeschickt wird, ist genauso bekloppt.

Ich lächelte künstlich lieb wie immer. Niemand wird jemals merken, was in mir eigentlich vorgeht. Mit dieser künstlichen Mauer aus Freude verdecke ich seit Jahren meine tiefsten Emotionen. Ich brauche niemanden und erst recht keine Hilfe, alles was ich will ist meine Ruhe.

"Hey Manu, da bist du ja.", da war es schon wieder, dieses MANU. Ich tat so, als müsste ich dringend weg und drehte mich schnell um.
Auf den hab ich jetzt wirklich gar keinen Bock. "Warte mal, du wolltest doch bestimmt frühstücken oder nicht?" Ich verdrehte im Kopf die Augen und lief weiter, woraufhin er mich sachte am Arm festhielt und umdrehte wie ein labiles Glas, das gleich zersplittert. Immer muss mir jeder sagen was ich zu tun habe, wie ich es hasse.
"Ach ich hab dich gar nicht gesehen, dachte du redest mit ihm" sagte ich mit übertriebenster Ironie, die er nicht zu beherrschen schien und nickte mit dem Kopf in die Richtung von einem anderen Jungen, der zufällig gerade da stand. "Komm wir gehen zusammen essen." meinte Tobias und lies meinen Arm endlich los, danke auch.

Es war sicherlich unfreundlich, aber ich nahm mir eines der langweiligen Brote und verschwand an dem verdatterten, ein bisschen gekränkten Mann "ne sorry, muss zur Schule" wieder in Richtung mein Zimmer. Er wolte mir ein schlechtes Gewissen machen mit dem komischen Hundeblick, aber eigentlich müsste er mich mittlerweile gut genug kenne, um zu wissen, dass die Nummer bei mir nicht zieht. Ich bin ihm doch egal, wie allen hier. Tobias wird sich auch wieder einkriegen.

Nachdem ich doch noch mein Brot runterbekommen hatte lief ich im Halbdunkeln zur Bushaltestelle. Dort stieg ich als letzter in den Bus und setzte mich nach vorne in einen der beiden freien Zweier, die immer leer bleiben.
Die Ruhe die morgens im Bus ist hielt leider keine 10min, denn an der nächsten Haltestelle stiegen viele kleine, nervige, laute Kinder ein. Zwei davon setzten sich direkt hinter mich, war zwar ungewöhnlich aber mir doch egal.

Der Junge, den das Schicksal traf...|#kürbistumorfanfiction Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt