Kapitel 27

38 3 0
                                    

Sicht: Manuel

Monoton, ohne irgendwelche Worte drehte ich mich um und entfernte mich von der Gruppe, weg von dem kleinen Licht an der Wand des alten Parkhäusschens, rein in die Dunkelheit. Ein paar Tropfen fielen vom schwarzen Himmel, versanken im Stoff der Kapuze meines Hoodies und passten perfekt zu meiner Stimmung.

Ich fühlte mich noch elender als vorhin. Benutzt und weggeworfen. Unwichtig und ungewollt. Nur zum klauen gut genug und selbst dazu zu dumm. Wie kann man auch so scheiße sein und sich erwischen lassen? Mein Herz schmerzte, ich konnte nicht entziffern ob es einfach nur seelisch oder körperliche Schmerzen waren. Alles was ich wusste war, war dass es mich quälte. Ob dieser Schmerz von meiner Trauer oder nicht doch von meinem unheimlichen Hass ausging? Vermutlich.
Ich hasste aber nicht Taddl für mein Versagen und meine Tat, mein Verstoß gegen das Gesetz und den Verrat an die Menschheit und alle Steuerzahler. Anfangs gab ich ihm die Schuld, ja, aber mittlerweile wurde ich eines besseren belehrt. Mittlerweile war es einzig und allein ich, den ich so abgrundtief hasste. Ich hasste mich für alles was ich tat, genau so wie es Taddl, Rewi und co. mir beigebracht hatten.
Ich bedauerte meine Geburt seit langem und sah es nicht als lebenswert was ich hier tat. Ich belüge alles und jeden, fake jedes einzige Wort aus meinem erbärmlichen Mund und werde von niemanden geliebt, bin nur noch eine Last. Genau dieser Selbsthass zerfraß mich seit Wochen und wird stetig, stündlich, ja sogar minütlich größer.

Die kalten, schweren Tropfen auf meinem Gesicht, fühlten sich an als wollen sie mich erschlagen. Ich zog mir meine Kapuze mit zittrigem Atem vom Kopf und spürte erleichtert, wie sich meine Haare durchnässten. Zudem holte ich meine Hände aus den Taschen und blickte im Schein der sich nähernden Straßenlaternen auf diese. Die schrumpelige Haut durch den Flüssigkeitsmangel erkannte man selbst in der Dunkelheit.

Meine Beine trugen mich weiter zum Heim, dem Gebäude voller Fremden, wo alle erwarten ich nenne es mein Zuhause. Wenn ich so drüber nachdenke weiß ich nicht was das heißt. Was ist ein Zuhause? Ich habe mal gehört, ein Zuhause ist da, wo die Menschen sind, die dich lieben, für die du sterben würdest. Demnach zu urteilen habe ich noch nie ein Zuhause gehabt. Und so fühlte es sich auch an, ich fühlte mich nirgends wirklich angekommen und ich bezweifle stark, dass es für mich jemals so einen Ort geben wird.
Ich lief in mein Zimmer und gleich weiter ins kleine angrenzende Badezimmer. Warum war mir nicht bewusst, aber mich trug es einfach dorthin. Meine Kleidung war komplett nass und tropfte auf die weißen Fliesen und den blauen Teppich unter meinen Füßen.

Ich hatte einen Heulkrampf, alles was ich die letzten Stunden herunter schlucken musste, kam jetzt mit einem mal auf mich eingeprasselt. Kaum bekam ich Luft unter den anhaltenden Schluchzern und meine Beine waren taub. Mein Blick, wie in Zeitlupe hob sich und ich starrte mit geröteten Augen in den Spiegel. Wie beim letzten Mal, nur diesesmal im Bad. Meine hässliche Visage, wie sie heulte, gebrochen und verletzt. Zu tiefst verletzt und missbraucht. Erinnerungen schossen mir in meinen Kopf, alles kam hoch. Wie beim letzten mal, nur stärker. So viel stärker und mit einer so mächtigen Wucht, dass es mir den Atem raubte. Meine Schultern erdrückten mich und die Last prügelte auf mich ein.

Ich war immer weiter in dieses Loch, in das Abseits gekommen. Immer mehr auf die einsame Insel abgetrieben, so weit, dass es zu spät war alleine zurück zu schwimmen. Auch fiel mir kein Grund ein, warum es sich lohnen sollte zurück zu schwimmen. Warum sollte ich zurück wollen? Zu den Menschen, die mich verprügeln, ausgrenzen, mobben. Die mich hassen und verabscheuen. Die mich nicht wollen und sich wünschten ich wäre tot. Ich tue allen einen Gefallen, wenn ich auf meiner Insel bleibe und weiter verschwinde.
Irgendwann wird es soweit sein, da wird meine Anwesenheit und mein Dasein komplett verblasst sein und die Welt ist wieder ein besserer Ort. Mit einem Verbrecher weniger. Mit einem weniger, der Menschen anlügt.

Der Junge, den das Schicksal traf...|#kürbistumorfanfiction Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt