Kapitel 9

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Sicht: Manuel

Heute wachte ich nicht wie normalerweise durch meinen Wecker auf, sondern eine halbe Stunde vorher mit einem leichten Gefühl von Hunger. Der ertse Gedanke, den ich hatte war: Heute ist Freitag!

Schnell machte ich mich fertig, nutze die Gelegenheit um vor allen anderen beim Frühstück zu sein. Wenn ich gleich mit Hunger Bus fahren muss ist mir zu 100% garantiert, dass mir schlecht wird. Schon im gesunden Zustand bin ich kein Fan von Bussen: dieser verbrauchte, muffige Geruch, das Geschaukel und die Lautstärke, alles keine geile Mischung.
Ich nahm schnell meinne Tabletten und mir fiel auf, wie viel besser die Kopfschmerzen seit gestern Abend sind.

Pünktlich und viel früher aus der wesentliche Großteil kam ich beim morgendlichen Buffet an. Ich sah eine Auswahl, von der ich nicht einmal wusste, dass sie existiert. Sonst bin ich nie oder viel zu spät hier, wo das beste schon weg ist. Mit meinem Tablett suchte ich mir die schönsten Sachen heraus und freute mich sogar darauf was zu essen.

Eigentlich viel zu früh verließ ich später das Heim, als die ersten Kinder aus ihren Zimmern kamen. Zur Bushaltestelle nahm ich einen anderen, etwas längeren Weg durch den kleinen Wald, damit ich nicht so lange warten muss. Die Luft war frisch und kühl, tat mir aber echt gut.
Im Bus setzte ich mich wieder an meinen Stammplatz und schaute aus dem Fenster. Zu dieser Jahreszeit sieht man Morgens die Sonne aufgehen. Wie ich befürchtet hatte, setzten sich auch die zwei nervigen Jungen wieder hinter mich. Ich hatte noch ein bisschen Hoffnung, dass meine Drohung vom letzten Mal gezündet hat, aber diese wurde wenig später zunichte gemacht.

Erst meine Kapuze, dann meine Haare, immer so weiter. Zuerst versuchte ich das Spektakel zu ignorieren, aber es hörte einfach nicht auf. "Alter lasst es, oder es knallt. Ich sags euch zum letzten Mal!", warnte ich und überlegte noch immer was ich tun soll. Ein paar Minuten ließen sie mich tatsächlich in Ruhe, ich dachte schon fast der Kasper hört endlich auf mit diesem kindischen Kram, aber wieder zog mir der blonde an den Haaren, während der braunhaarige nur lachte.
Einerseits soll man kleinere, schwächere nicht schlagen, das weiß ja jeder, aber sie provozieren es nunmal. Ist meine nicht vorhandene Würde wirklich so tief gesunken, dass ich mich von 3. oder 4. Klässlern nerven lassen muss?

Nicht ganz sicher, ob es richtig ist, was ich tue drehte ich mich um und packte den blonden am Kragen. Er setzte zum schreien an, doch ich hielt ihm die Hand vor den Mund, so wie es immer jeder mit mir tut. "Halt die Klappe, ich warne dich. Wehe du sagst auch nur einen Ton hiervon!" zischte ich nur für uns drei hörbar. Sein dreckiges Lächeln, das er die ganze Zeit über hatte war verschwunden und ich verstand mit einem mal was Rewi und die anderen daran mochten mich klein zu machen: Macht. Sie haben Macht.
Ich konnte die Angst in seinen Augen sehen und bekam ein schlechtes Gefühl bei der Sache. Mir macht es keinen Spaß diese Macht zu haben, mit der Furcht von anderen zu spielen, es fühlt sich falsch an. Ich habe überreagiert. Mit einem Schuldgefühl ließ ich den Kleinen wieder los und drehte mich weg.

Ich hatte nichtmal die ganze Situation vo eben Revuè passieren lassen können, da zog mir wieder etwas an der Mütze. Diesesmal war mein Zorn größer als die Beherrschung und ich drehte mich um, packte ihn und gab ihm eine Backpfeife, die saß. "Pass auf mit wem du dich anlegst.", sagte ich noch dazu. Der blonde fing an zu weinen und ich setzte mich wieder normal hin.
Das fühlte sich falsch an, so falsch. Scheiße, was habe ich da gerade getan? Ich bin nicht besser als mein Vater, als die die mich schlagen und mobben. Ich bin so ein Nichtsnutz. Wer kleine Kinder schlägt, gehört selbst verprügelt. Ich machte mir Vorwürfe, wollte es rückgängig machen, fühlte mich schlecht. "Pass auf, mit wem DU dich anlegst" flüsterte mir der braunhaarige von hinten ins Ohr und ich beließ es dabei.

(...)

Der Klassenraum war schon offen, weswegen ich nicht warten musste. Auch im Unterricht verlief alles normal, ich war wie so oft eher in Gedanken vertieft als auch nur irgendwie aufzupassen. Warum musste ich auch so übertreiben? War es verdeint, oder nicht viel mehr unfair? Es ist einfach nur feige meine Wut und meinen Frust an Kleineren auszulassen, ich Trottel.
In den ganzen zwei Stunden kam ich zu keiner gescheiten Antwort, weder dazu ob sie es verdient hätten oder nicht, noch zu der Frage wie es so weit kommen konnte.

Das Ende des Unterrichts kam deshalb ziemlich überraschend als die Glocke läutete und mich aus meiner Grübelei befreite. Kurzfristig entschied ich mich also dazu, meine Pause ausnahsweise auf dem Schulhof zu verbringen. In einer der hinteren Ecken wird mich wohl kaum jemand suchen und finden, das wäre bei unserem großen Schulhof sehr unwahrscheinlich. Vielleicht wollen sie mich ja auch heute mal nicht nerven, dachte ich auf den Weg in eine ruhige Stelle.

Der Wind pustete die kalte, frostige Luft und Wolken schoben sich alle paar Augenblicke vor die schwache Herbstsonne. Ich beaobachtete das Spiel in den Lüften und unbemerkt überkam mich ein schmales Lächeln. Die Natur ist schon echt beruhigend. In dieser Zeit dachte ich einfach an nichts, im Hintergrund waren  die Kinder beim toben zu hören und ich war froh nach draußen gegangen zu sein und nicht wie sonst üblich in einer der Toilettenkabinen verschlossen zu sitzen.

Der Ruf, einer mir leider frisch bekannten Stimme holte mich aus meinen Träumereien zurück in die Realität, das was mir geblieben war, zu dem was ich verdient hatte.
"Das ist er!"

Der Junge, den das Schicksal traf...|#kürbistumorfanfiction Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt