Als sie später wieder durch die Dunkelheit wanderten, gesellte Robin sich zu Sanji. Sie kam ohne Umschweife zum Thema.
„Also, Koch – du und Zoro?"
Sanji entschied sich für die ungefährlichste Taktik: Ablenkung und Gegenfragen.
„Also, Robin – du und Franky?", fragte er mit hochgezogener Augenbraue.
Robin lächelte ertappt. „Waren wir so offensichtlich?"
„Na ja, du eher weniger. Franky hat man es dann doch angemerkt." Nach einem Augenblick fügte er hinzu: „Wie lange seid ihr schon zusammen?"
Als ihm aufging, dass seine Frage reichlich privat war, wollte er sich schon entschuldigen, doch Robin schien es nicht zu kümmern. „Ein halbes Jahr."
Sanji entgleisten fast die Gesichtszüge. „So lange schon?"
Robin lachte. „Offensichtlich waren wir doch nicht so auffällig. Wir hielten es für besser, es nicht an die große Glocke zu hängen, weißt du? In unserer Crew herrscht immer so viel Trubel, da wollten wir nicht noch zusätzlich für Aufregung sorgen."
Das konnte Sanji nur zu gut verstehen. Bevor Zoro seine Aktion durchgezogen hatte, hatte Sanji sich gar nicht vorstellen mögen, wie die anderen Crewmitglieder wohl reagieren würden. Es hätte von blöden Witzen bis hin zu Ablehnung wirklich alles dabei sein können, und er war nicht gerade darauf erpicht gewesen, die genauen Reaktionen herauszufinden. Im Endeffekt hatten sich zumindest die Hälfte der Befürchtungen als unbegründet herausgestellt. Die Ablehnung war ausgeblieben, eher im Gegenteil. Die blöden Witze waren es nicht. Aber damit konnte er leben. Schließlich meinten Ruffy und die anderen es ja nicht böse, auch wenn sie unglaublich nervig sein konnten.
„Ist Nami okay?", fragte er nach einem Moment der Stille. Sie war auffällig schweigsam gewesen, seitdem sie den Phönix überlebt hatten. Im ersten Moment hatte Sanji gedacht, sie stünde nur noch unter Schock, doch eigentlich war Nami niemand, der sich so leicht einschüchtern ließ. Normalerweise war sie die erste, die nach einem Kampf mit Anschaffungen anrückte. Dann waren Sanji andere Vermutungen gekommen, und bei dem Gedanken war ihm gar nicht wohl.
Robin sah ihn forschend von der Seite an und schien sich eine Antwort zu überlegen. Schließlich sagte sie: „Sie hat dich sehr gern, Sanji. Dass du dich jetzt mit jemand anderem einlässt, ist nicht gerade ein Schock für sie, aber weh tut es trotzdem. Auch unterschwellige Hoffnungen schmerzen, wenn sie enttäuscht werden."
Er war nicht gerade überrascht. Namis seltsames Verhalten, nachdem sie ihn und Zoro nach dem Kampf gegen Lysop gesehen hatte, war ebenso vielsagend gewesen wie ihr Gesicht und ihre Schweigsamkeit in diesem Moment. Aber seine Vermutungen durch Robin bestätigt zu hören verlieh ihnen eine neue Realität, und Sanji fühlte sich nicht gerade gut deswegen. Eher im Gegenteil. Er wollte nicht derjenige sein, der durch die Gegend lief und Herzen brach (auch, wenn er da mal anders gewesen zu sein schien, nach dem, was die anderen ihm erzählt hatten...).
Unterwegs kam sie immer wieder an kleinen Aschehäufchen vorbei, die verstreut in den Gängen lagen. Sie hatten die Vermutung, dass diese von den Flämmchen stammten, die der Phönix zuvor erwähnt hatte. Robin und Zoro hatten mit ihnen bereits Bekanntschaft geschlossen: sie waren es gewesen, die sie entführt und in den Raum des Phönixes gebracht hatten. Auch die anderen hatten schon eines von ihnen gesehen, auch wenn sie damals noch nicht wussten, mit was sie es zu tun hatten. Das babyhafte Wesen mit den lodernden Haaren war eines der Flämmchen gewesen, wie sie im Nachhinein von Robin erfuhren.
Da ihre Körper aus verdichteten Flammen bestanden, galten sie nicht direkt als Lebewesen und konnten dadurch scheinbar auch nicht mittels Haki aufgespürt werden. Und so, wie es aussah, waren sie an die Lebenskraft ihres Meisters gekoppelt. Bis der idiotische Vogelmensch sich wieder regeneriert hatte, würden sie also nicht mit weiteren Entführungen rechnen müssen.
Während sie liefen, regte sich nichts um sie herum. Die einzigen Geräusche waren Schritte auf Stein und das gelegentliche Schrappen von Schuhen auf unebenem Untergrund. Als die Stille nach einiger Zeit plötzlich von einem erschrockenen Aufschrei unterbrochen wurde, zuckten sie deshalb alle zusammen. Sanji fuhr herum und rechnete schon mit einem weiteren durchgedrehten Höhlenwesen, doch das einzig auffällige war Nami, die allein im Licht ihres Kristalls stand und sich die Hand ans Herz gelegt hatte.
„Nami? Was ist los?", fragte er besorgt. Er konnte keine Bedrohung erkennen, und auch sein Haki zeigte keinerlei Anzeichen einer Außergewöhnlichkeit.
Nami schluckte. „Tut mir leid, das war blöd von mir. Ich dachte nur, da hätte sich etwas vor meinen Füßen bewegt. Diese Tunnel machen mich noch ganz paranoid."
„Mach dir keinen Kopf, Nami", warf Franky ein. „Wir sind alle ein bisschen angespannt, das ist ganz normal."
Sanji blickte zu ihr hinüber und spürte ein schuldbewusstes Stechen in der Magengegend. Er schüttelte den Kopf. „Du bist nicht paranoid, Nami. Hier ist wirklich irgendwas."
Jetzt, wo er sich genauer darauf konzentrierte, konnte er tatsächlich etwas in der Dunkelheit spüren. Das Haki warnte ihn nur vor Bedrohungen, daher hatte er es im ersten Moment nicht bemerkt, doch es schlichen kleine Wesen durch die Schatten, etwas größer als Ratten. Genau wie diese schienen sie allerdings nicht gefährlich und würden ihnen vermutlich auch keine Probleme bereiten können.
Das alles sagte er auch seinen Crewmitgliedern. Einige sahen leicht besorgt aus, doch sie verließen sich auf sein Gespür und schenkten den Wesen keine größere Beachtung. Diese schienen sich ohnehin vor dem Licht ihrer Kristalle zu fürchten und kamen nicht an die Gruppe heran.
Schließlich entschlossen sie sich, ihr Lager in einer Biegung des Ganges aufzuschlagen. Von dieser Stelle aus hatte man den Weg in beide Richtungen am besten im Blick, auch, wenn der Platz trotzdem nicht perfekt war. Er lag viel zu offen, um ihnen Schutz bieten zu können, doch sie alle waren so müde, dass sie nicht viel weiter laufen könnten. Wenn sie sich im übermüdeten Zustand einem weiteren Ungeheuer gegenüber finden würden, dann wäre keinem von ihnen damit geholfen.
Also breiten sie ihre Decken aus und aßen ein schnelles Abendessen aus den Vorräten, die sie bei sich hatten. Selbst Ruffy schien es nichts auszumachen, dass es nur trockene Sandwiches gab, auch, wenn er dabei auf sein geliebtes Fleisch verzichten musste. Er übernahm die erste Wache und postierte sich an einem Ende des Ganges, während Brook den zweiten Teil übernahm und im anderen Ende nach Gefahren Ausschau hielt.
Die anderen legten sich auf den wollenen Decken schlafen. Nami rollte sich an der linken Wand neben Robin zusammen, sodass nur noch ihr roter Haarschopf unter der Decke herausschaute. Sanji hätte ihr so gern geholfen, doch er wusste nicht, wie er das anstellen sollte. Er wusste, dass er der Grund für ihren Kummer war, doch dadurch würde er es erst recht nicht besser machen können. Mit manchen Dingen musste man einfach allein fertigwerden, so hart sich das anhörte.
Er seufzte und schnappte sich seine Decke. Dann legte er sich an die andere Seite der Biegung, wo Zoro vor sich hin schnarchte.
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Memories - ZoSan [One Piece FF] - abgeschlossen
FanfictionAls Sanji die Augen aufschlägt, erinnert er sich an nichts mehr. Ein großer Teil seiner Selbst scheint sich spurlos in Luft aufgelöst zu haben, und die Strohhüte müssen sich auf eine gefährliche Reise begeben, um ihn wieder zurückzuholen. Doch manch...