44. Gemütliches Beisammensein

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Oben an der Tür begann es schon verdammt lecker zu riechen und mir lief das Wasser im Mund zusammen. Mmmh. Ich sah zu Ruby und ihr schien es nicht anders zu gehen. Vorsichtig, als würden wir gerade in ein fremdes Haus einsteigen und könnten jederzeit von den Besitzern ertappt werden, traten wir in die Wohnung und lugten Richtung Wohnzimmer. Doch bevor wir überhaupt den Esstisch sahen, wurden wir von einer Horde gefühlter Elefanten fast niedergetrampelt.

Während wir für die Rekruten anscheinend nichts weiter als Luft waren und mit Müh und Not zur Seite springen konnten, um von diesen Eseln nicht umgerannt zu werden, ging Levi tiefenentspannt an uns vorbei. Nebenbei fragte er wenig interessiert: „Wieder zurück?"

Perplex sahen wir unseren Freunden nach, ehe wir uns trauten ebenfalls ins Esszimmer zu treten und uns zu setzen. Was genau ist gerade passiert?

Der Tisch war gedeckt und Eren stellte zwei Edelstahlpfannen auf zwei Holzbretter. So wie es roch, war die undefinierbare Speise Nudelauflauf, was sich kurz darauf bestätigte als der Titanenjunge dem Hauptgefreiten ein Stück auf's Teller klatschte. Oooooohhh, ich liebe Nudelauflauf.

Einer nach dem anderen bekam seine Portion und als ich an der Reihe war, streckte ich dem Braunhaarigen meinen Teller mit einem breiten Grinsen entgegen. Ich bekam den Teller mit einem Stück Essen zurück und das Erste, dass ich tat, war an dem Essen zu riechen. Den Teller abstellend fragte ich an Eren gewandt: „Du hast gekocht?" Er nickte und bekam von mir als Antwort: „Ich liebe dich dafür", und zeigte auf die Nudel-Mischung.

Armin, der zwei Plätze weiter saß, fragte mich daraufhin scherzhaft: „Muss ich eifersüchtig sein?" Grinsend sah ich zu ihm und meinte: „Auf Nudelauflauf? Nie im Leben." Allerdings stieß ich nach dem ersten Bissen aus: „Das ist abgöttisch gut", was am Tisch für allgemeines Gelächter sorgte.

Nur leider dauerten die schönsten Dinge ja am kürzesten an, weshalb das Essen bald vorbei war und sich jeder eine Beschäftigung suchte. Jean, Sasha, Armin und Eren setzten sich im Garten zum Kartenspielen zusammen, während Mikasa ihnen erst einmal zusah. Später hatte sich auch Hanji dazugesellt, die vorher bei Ruby und Connie war und ein bisschen Englisch mitlernte. Levi genoss mit einem Tee, den er nach wie vor unzureichend fand, die entspannte Atmosphäre und ich begann mit dem Schreiben eines Einkaufszettels. Für zehn Leute einkaufen war echt nicht leicht. Erstens musste man die Dinge, die man immer zuhause hatte in Unmengen einkaufen, um nicht jeden Tag einkaufen gehen zu müssen. Und zweitens musste man jeden einzeln durchfragen, ob er etwas brauchte. Aaaahhh, das war so anstrengend!

Zwei Stunden nachdem ich mit dem Zettel angefangen hatte, warf ich entnervt den Stift auf den Tisch und rief völlig fertig mit den Nerven aus: „Ich gebe auf." Die überraschten Gesichter von Ruby und Connie ignorierend, schnappte ich mir den Zettel, stand auf und knallte ihn auf das Telefonkasterl. Als ich zur Tür rausging, um ebenfalls im Garten etwas Ablenkung zu finden, meinte ich etwas lauter zu mir selbst: „Lasst mich niemals für mehr als vier Personen einkaufen!" Damit verließ ich die Wohnung und ging knallend durch die Haustür, um mich in einen Gartensessel plumpsen zu lassen als wäre ich soeben fünf Kilometer gerannt. Mir wurde nur ein kurzer Blick von allen Anwesenden geschenkt, ehe sich jeder wieder seiner eigenen Sache widmete. Gut so.

Im Großen und Ganzen war das wohl einer der unproduktivsten Nachmittage, den ich je hatte. Ich saß ganze Zeit in dem Sessel zurückgelehnt, die Augen geschlossen und horchte auf die Umgebungsgeräusche. Und auf die Streitereien zwischen Eren und Jean, weil irgendwer einen blöden Kommentar fallen hatte lassen oder der eine meinte, der andere würde schummeln. Und Armin, der immer wieder zu schlichten versuchte. Die letzte Auseinandersetzung wurde mit einem dumpfen Geräusch beendet und aus dem Murmeln der zwei Streithähne hörte ich heraus, dass es wohl Mikasa war, die für Ruhe gesorgt hatte.

Aber es brauchte wirklich niemand glauben, dass es damit vorbei war. Nein. Keine Halbestunde später fingen die zwei erneut an. Diesmal so heftig, dass der Tisch in einem unregelmäßigen Rhythmus gegen meinen Stuhl schlug, weshalb ich die Augen öffnete und den Sessel so hindrehte, dass ich nun normal zum Tisch saß und nicht mehr quer dazu.

Levis dampfender Tee schwappte gefährlich in der feinen Kaffeetasse, die meine Mutter von meiner Urgroßmutter vererbt bekommen hatte, hin und her. Skeptisch betrachtete ich das Treiben, das auch die anderen beobachteten, ohne etwas zu unternehmen. Seufzend lehnte ich mich wieder zurück. Bis einer heult.

Armin und Mikasa schüttelten nur noch den Kopf und schienen gerade den Glauben an die Vernunft in ihren Kameraden zu verlieren. Verständlich, wenn man bedachte, dass man die zwei Hohlköpfe alle halben bis dreiviertel Stunden voneinander trennen musste.

Gerade wieder so weit, dass ich entspannt die Augen schloss, vernahm ich ein Klirren und realisierte, wie sich etwas Heißes über mich ergoss. Ich riss die Augen auf, sprang in den Stand und sah, dass Levis Tasse am Rand des Tisches lag und ich allem Anschein nach dem Inhalt jetzt von meinem Hals abwärts nahezu überall hatte. Zu meinem Glück verlor der Tee dadurch etwas an Wärme, weshalb mir gröbere Verletzungen außer einer geröteten Haut erspart blieben.

Meine geschockter Ausdruck wurde sekündlich immer mehr von einem stink sauren abgelöst. Allerdings galten die entsetzten Blicke von Eren, dessen Arm starr in der Luft hing, und Jean nicht mir, sondern dem schwarzhaarigen Mann neben mir, der seine leere Hand noch immer in der Höhe hatte als würde er gleich aus einer Tasse trinken wollen. Schnaubend wandte ich mich zum Gehen und machte mich auf den Weg ins Bad. Levi würde die zwei mit Sicherheit zurechtstutzen. Als ich wieder kam saßen zwei Personen weniger am Tisch und der Tag klang entspannt aus.

Attack on Titan becomes reality 2 - Willkommen in der RealitätWo Geschichten leben. Entdecke jetzt