54. Wetten, Deppen und ich

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Wie sich beim Essen herausstellte, hatte keiner auch nur den blassesten Schimmer, wo Hanji war, da sie keiner seit dem Frühstück gesehen hatte. Sie war einfach spurlos verschwunden. Allerdings meinte Levi, so etwas würde bei der Brillenschlange ab und zu passieren, weshalb wir die Idee, sie zu suchen, eher in Richtung Abendessen verschoben. Also verkroch ich mich nach dem Abwaschen in mein vermietetes Zimmer und begann Klavier zu üben.

Nachdem ich eine geschätzte Viertelstunde geübt hatte, stand plötzlich Eren vor mir und sah mich abwartend an. Ich weiß ja nicht, aber irgendwie hatte es sich das Universum zur Aufgabe gemacht, mich jedes Mal, wenn ich mich ans Klavier setzte zu unterbrechen. Ich beendete die „Zwölf kleinen Präludien" in A-Moll und schaute dann höchst genervt zu Eren. „Was?" „Wir haben noch eine Wette am Laufen, schon vergessen?", erklärte mir der braunhaarige, worauf er hinauswollte. „Ach so", murmelte ich in meinen nicht vorhandenen Bart und begann auf den Tasten herumzuklimpern. „So wie es beim Mittagessen ausgesehen hat, habt ihr gewonnen", grummelte ich, mit mir selbst unzufrieden über meine Fehleinschätzung und nicht zugeben wollend, dass ich doch tatsächlich verloren hatte. Das war ja mal echt mies.

Erens Gesicht zierte ein breites Siegerlächeln und er meinte fröhlich und schon auf dem Weg nach draußen: „Ich erwarte den Gewinn bis heute Abend." „Ja, ja, ich fang nach dem Üben mit dem Backen an." Was für eine Dreistigkeit! Jetzt stellt er auch noch Forderungen. Notiz an mich: Nie wieder mit Einsatz wetten. Das macht nur Arbeit.

Eren war aus meinem Sichtfeld verschwunden und ich begann ein neues Stück zu üben. Ich kam geschlagene zwei Übungsstücke weit, da stand auch schon die nächste Person vor mir. Kann man nicht mal in Ruhe üben?! Genervt unterbrach ich nun meine Tätigkeit erneut und sah genervt zu Armin. „Wenn es um den Wetteinsatz geht, das habe ich schon mit Eren geklärt." In der Zeit, in der mich der blonde kurz verwirrt ansah, spielte ich schon wieder den ersten Takt als er meinte: „Nein. Deswegen bin ich nicht hier." Ich hob nur fragend meine Augenbraue, behielt aber meine Noten weiterhin im Blick. „Du hast die Wette gewonnen." Hä? Hatte Armin Augen im Kopf? Ruby und Connie hatten sich beim Mittagessen behandelt als wären sie Luft füreinander.

Völlig verwirrt unterbrach ich das Spielen erneut und sah meinen Freund nun fragend an. „Ich komm nicht mit. Was habe ich verpasst?" Armin kratzte sich verlegen am Hinterkopf und begann rot zu werden. „N-na ja, so ... so wie es aussieht, hat Eren Ruby und Connie dazu überredet, so zu tun als hätten sie sich noch immer nicht vertragen." Proportional zu meinem immer wütender werdenden Blick wurde mein Gegenüber immer leiser. Es war schon irgendwie süß, wie er Angst vor mir bekam. Mit einer Stimme gegen die flüssiger Stickstoff noch brennheiß erschien, fragte ich: „Wie sicher ist diese Information?" Armin hob die Hände als würde er sich ergeben wollen und erzählte: „Mikasa hat es mir erzählt, also ..." Er kam nicht dazu auszusprechen. In einem Schwung stand ich auf und drehte das E-Piano ab, um dann aus dem Zimmer zu rauschen und Eren zu suchen.

Wie sich herausstellte, brauchte ich gar nicht lange zu suchen, denn er stand entspannt im Garten und plauderte munter und ohne jegliche Reue mit Ruby. Er war TOT!!!! ... Ja, wie man sieht, nahm ich Fairness sehr ernst.

Wie ein wütender Edward Cullen rauschte ich hinunter und schrie zwanzig Meter entfernt stink sauer: „EREN JÄGER!" Völlig auf den geschockten Titanenwandler fixiert, sah ich wie sich Ruby zu ihm beugte und etwas sagte, woraufhin er weißer als die Hausmauer neben ihm wurde. Vermutlich hatte sie ihm geraten zu laufen. Der Abstand zwischen mir und diesem kleinen Bastard verkleinerte sich immer mehr. Als ich nur noch knapp fünf Meter entfernt war, wollte Eren Rubys Rat folgen und weglaufen. Allerdings stürzte ich mich wie ein wildes Tier auf ihn und drückte ihn am Boden auf ihm hockend den rechten Arm zwischen die Schulterblätter. „Sag Eren, hast du schon einmal etwas von Ehre oder Fairness gehört?", knurrte ich ihn an. Jammernd drückte er seinen Rücken durch, in der Hoffnung seinen Arm entlasten zu können. „Es tut mir leid, es tut mir leid, es tut mir leid, okay?!" Ich wollte ihm gerade antworten, da drehte ich mich zu einem Lachen in meinem Rücken um.

Hinter mir kam Jean mit Sasha und Connie im Schlepptau auf uns zu. Als sie bei uns ankamen, stellte sich Connie zu seiner Freundin und legte seinen Arm um ihre Hüfte, während er grinsend meinte: „Sieht wohl so aus als wären wir aufgeflogen." Ich warf dem Pärchen einen bitterbösen Blick zu und knurrte: „Mit euch habe ich auch noch ein Hühnchen zu rupfen." Ruby stemmte vorwurfsvoll ihre Arme in die Hüfte und erwiderte: „You bet on us." Überlegend zog ich die Augenbrauen zusammen. „That's true ... euch sei vergeben." Ich verneigte mich leicht und wandte mich Eren zu, der bettelnd fragte: „Und was ist mit mir?" „Du!", ich drückte ihm den Arm noch etwas hinauf, „Du wirst morgen kochen und die ganze nächste Woche gefälligst den Abwasch machen. Außerdem kann ich jemanden gebrauchen, der mir beim Einkaufen hilft." „Ja, ist gut, IST GUT! Und jetzt lass mich los!"

Zufrieden stand ich auf und stellte mich neben meine Freundin, die Eren belustigt dabei zusah, wie er sich aufrappelte. „Bekommen wir jetzt eigentlich einen Kuchen?", fragte Connie zusammenhangslos in die Situation. Erwartungsvoll wurde ich von allen Seiten angeschaut. Das ist doch jetzt nicht ihr verdammter ERNST?! „Nein!" Connie setzte mit einem „Aber ..." an, doch ich unterbrach ihn: „Meine Fresse, ihr kriegt keinen Schokokuchen!" Nur widerwillig gaben sie sich mit dieser Antwort zufrieden.

Armin hatte sich das Ganze aus sicherer Entfernung angesehen und kam nun mit einem unsicheren, aber irgendwie richtig charmanten Lächeln auf mich zu und meinte: „Weißt du, manchmal kannst du ganz schön gruslig sein." Ich grinste ihm entgegen und erwiderte fröhlich: „Das nehme ich als Kompliment." Dem Blonden entgleisten kurz die Gesichtszüge. Das hast du jetzt nicht erwartet, was? Doch er begann schnell zu lachen, in das Ruby, Connie und ich einstiegen. Allerdings wurden wir von Rubys Handy unterbrochen. Verwirrte schaute sie auf das Display. Mit gerunzelter Stirn hob sie ab: „Hallo?" Es war kurz still, ehe aus Ruby ein „Hanji ist wo?!" herausbrach.

Attack on Titan becomes reality 2 - Willkommen in der RealitätWo Geschichten leben. Entdecke jetzt