59. Depression ist eine Sache der Einstellung

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Der Rest kam etwas zögerlicher hinterher, doch jeder verschwand vor dem Aufprall der Matratze. Und so standen wir fünf Minuten nach unserem Abschied neben der Matratze und starrten auf das leere Dach als hätten wir unseren Lebenssinn verloren.

„They're gone", stellte Ruby trübselig fest. „Auf nimmer Wiedersehen", setzte ich in der gleichen Stimmung nach. Wir seufzten gleichzeitig und trugen die Matratze wieder nach drinnen, um sie wieder wegzuräumen. Danach gingen wir in den ersten Stock und begannen die Bettwäsche abzuziehen. Als wir im Matratzenlager anfingen, schmiss sich Ruby auf eine Matratze drauf und nuschelte in die Decke, deren Geruch sie inhalierte: „Die Decke riecht nach Connie." Ich zog eine Augenbraue hoch. „War das nicht Erens ...?", setzte ich an. „Don't destroy my dream!", wurde ich angefaucht, woraufhin ich entschuldigend die Hände hob und geradeso verhindern konnte zu sagen, dass Träume zerstören mein Hobby war.

Nachdem wir die Bettwäschen fertig abgezogen und in die Waschmaschine geworfen hatten, trugen wir die Matratzen wieder zurück in den Keller und sahen uns in der Wohnung um. Abgesehen von der Kleidung, die sie hiergelassen hatten und dem vollen Geschirrspüler, den wir ebenfalls eingeschalten hatten, deutete nichts daraufhin, dass hier einmal jemand anderes sein Domizil hatte. Im Gegenteil. Die Wohnung war so sauber, dass vermutlich nicht einmal die Polizei einen Hinweis darauf finden würde, wer hier wohnte. Och man, so sauber würde die Wohnung nie wieder sein.

Den restlichen Tag verbrachten wir auf der Couch und schauten uns irgendeinen Blödsinn im Fernsehen an. Zum Kochen waren wir zu faul, weshalb wir uns einfach eine Pizza bestellten. Der Tag war richtig deprimierend. Außerdem entdeckten wir am Abend die Liste mit den Dingen, die wir ihnen eigentlich noch sagen wollten. Vergessen. Noch deprimierender.

Im Laufe der Woche versuchten wir uns abzulenken. Deswegen begannen wir aus Jux einfach mal eine Regelliste zu schreiben. Zurzeit hatte wir zehn Verhaltensregeln, die man in der Attack on Titan-Welt befolgen sollte.

1.       Halte Levi davon ab, sein Schwert am Schlachtfeld zu putzen.
2.       Störe Levi niemals beim Kämpfen.
(Und nein, die Regeln widersprechen sich nicht. Weil wenn Levi sein Schwert putzt, kann er nicht kämpfen.)
3.       Um Kämpfe untereinander zu vermeiden: Nenne Jean niemals Pferdefresse, Zebrafresse oder Giraffenfresse.
4.       Baggere Connie niemals vor Ruby an ... oder überhaupt jemals. (Ruby weiß alles!)
5.       Fasse niemals Rubys Kaffee an. MEINS!
6.       Mit Essen spielt man nicht. (Gilt auch für Titanen!)
7.       An Rubys Geburtstag wird NICHT „Happy Birthday" gesungen!
8.       Erwähne in Hanjis Nähe niemals Titanen.
9.       Streite mit Sasha niemals über Essen.
10.   Lege dich nicht mit Mikasa an. (Vor allem nicht, wenn es um Eren geht ... Es sei denn, du hast das Bedürfnis das Atmen einzustellen.)

Es stand auch die Regel „Hinterfrage Erwins Pläne, wenn er gruslig vor sich hin grinst." zur Debatte, aber die hatten wir dann doch wieder verworfen. Zudem hatte sich Ruby diese Woche ihre Haare schwarz gefärbt und ich war beim Friseur und hatte mir die Spitzen blondieren lassen.

Wir machten die Woche darauf einen AoT-Marathon und  heulten uns nach der Hälfte der ersten Staffel gleich mal die Augen aus dem Kopf, weil wir so ja an unsere Freunde erinnert wurden, die NICHT MEHR DA WAREN! Gedanklich rumschreien macht's jetzt aber auch nicht besser, meinte eine sarkastische Stimme in meinem Kopf. ICH WEIß!

„Schade, dass wir sie nicht einfach mal so besuchen können", schniefte meine Freundin, während wir uns langsam beruhigten und aneinander gekuschelt dem Ending lauschten. Wie vom Blitz getroffen fuhr ich hoch. IDEE! Im Laufschritt auf dem Weg in den Keller rief ich über meine Schulter: „Pack alles zusammen! Wir verreisen!" Im Keller holte ich die zwei größten Koffer und schleppte sie nach oben, wo Ruby noch immer verdattert in die Gegend schaute. „Na los! Wir reisen ihnen nach!", gab ich meiner Freundin einen Schubs und schon hetzte sie in der Wohnung umher und suchte sich alle zusammen, was sie mitnehmen wollte. Keine Sekunde später tat ich es ihr gleich.

Am Ende des Tages hatten wir zwei Koffer und eine Reisetasche voll mit diversesten Hygieneartikeln, Gewürzen, Taschentüchern, Rubys Kaffee und Haarfarbe, sowie ein wenig Kleidung, Knabberzeug, einen kleinen Auto-DVD-Player mit DVDs und insgesamt zwanzig geladenen Powerbank, die wir uns noch besorgt und zusammengesucht hatten. So standen wir mit unserem Gepäck am Dach und sahen auf die Matratze, die wir wieder hochgeschleppt hatten hinunter. Wenn es nicht funktionierte, würde uns die Matratze zwar eine etwas weichere Landung bieten, allerdings würden wir vermutlich ohnehin von unserem Gepäck zerquetscht werden.

Wir warfen uns einen Blick zu und ich fragte: „Zusammen?" Ruby nickte: „Zusammen." Ich begann zu zählen: „Eins." Ruby fuhr fort: „Zwei." Zusammen sagten wir „Drei" und sprangen mit zugekniffenen Augen vom Dach.

Hart kam ich auf dem Boden auf. Der Koffer war auf meinen Arm gefallen. Ich öffnete meine Augen und schaute auf eine Menschenmenge, die uns verdutzt anschaute. Hurra, es hat geklappt! Ich wollte mich aufrichten und stöhnte schmerzerfüllt. Aua. Mir tut alles weh. Umständlich rappelten Ruby und ich uns auf als uns auch schon ein Gewehrlauf vor die Nase gehalten wurde.„Keine Bewegung!"

Attack on Titan becomes reality 2 - Willkommen in der RealitätWo Geschichten leben. Entdecke jetzt