34. Wer hätte gedacht, das Soldaten solche Diven sind?

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Der restliche Tag verging wie im Flug. Es wurde gescherzt, ein kleiiiiin wenig gestritten, Jean wurde von Ruby fast der Kopf abgerissen und Ruby beschloss für sich Connie Englisch beizubringen. Der wiederum wusste noch nichts von seinem Glück. Also ein ganz normaler Nachmittag. Zumindest bis wir ihnen sagten, was wir heute Abend noch vorhatten.

Hätten wir geahnt, dass neunzig Prozent unserer Freunde beinahe durchdrehte, nur weil wir ihnen sagten, dass wir ihnen heute noch zeigen wollten wie die Jugend unserer Welt einen draufmachte, hätten wir es ihnen vielleicht später gesagt, aber so? So hüpften allesamt, bis auf die zwei Ackermans, auf und redeten irgendwas über fertig machen und zu wenig Zeit. Irritiert sahen wir ihnen nach wie sie sich auf den Weg nach oben machten. Wie konnten drei Stunden zu wenig Zeit sein?

„What was that?", entfuhr es Ruby als sie wieder in unsere drastisch reduzierte Gruppe blickte. „Ähm, ich glaube, da kam die unterdrückte Eitelkeit durch", versuchte ich dieses Ereignis irgendwie zu erklären. Meine beste Freundin sah mich skeptisch an und zog eine Augenbraue hoch. „Wieso unterdrückt?" Einen Moment schauten wir uns ernst an, ehe wir in Gelächter ausbrachen. Unterdrückt war wirklich ein guter Scherz. In der ein oder anderen Weise ließ jeder von ihnen seine Eitelkeit durchblitzen.

Bis wir uns beruhigt hatten, hatte sich Levi mit einem abschätzigen „Tz" verabschiedet. Da nun nur noch Mikasa vor uns saß, sahen wir sie erwartend an und ich fragte grinsend: „Und was ziehst du später an?" Einige Sekunden schwieg die schwarzhaarige. Sie blinzelte nicht, sie atmete nur einmal kaum merklich durch und machte sich mit der Ausrede „Ich sollte mich auch fertig machen" aus dem Staub.

Ruby und ich sahen uns an, ehe ich meinte: „So eine Beleidigung", und Mikasa abermals nachschaute. Ruby folgte meinem Blick ebenfalls. „Schon, oder?"
„Sie hat sich nicht einmal Mühe gegeben", und sah wieder zu Ruby.  Sie sah weiterhin in Richtung Eingang und erklärte: „Soooooo, then I'm gonna change my clothes too." Damit stand sie auf und ging, ohne sich umzudrehen, auf die Terassentür zu. Ungläubig blickte ich ihr nach wie sie weiterging und ging und ging und ging und ... „Hey, du lässt mich hier nicht einfach so sitzen!" Ich sprang auf und eilte ihr hinterher.

Die Antwort der Person, die ich einst als Freundin bezeichnete, war: „Na ja schon. Sieht man doch." Sie hielt dabei natürlich nicht an. Neben ihr herlaufend, schlug ich ihr leicht auf den Arm und schmollte: „Du bist echt doof." Daraufhin fing sie an wie eine Hyäne zu kichern. Sie war ECHT doof ... nur leider konnte ich ihr so gar nicht böse sein. Wie ich immer sage: ich bin zu verständnisvoll.

Augenverdrehend schloss ich hinter uns die Verandatür und folgte Ruby ins Schlafzimmer. Während sie in ihren Sachen wühlte, stand ich im Türrahmen und sah ihr dabei zu. Sie warf die Hälfte auf das Bett und die andere ließ sie links liegen wie Annie Berthold.

Sie hielt sich ein schwarzes Kleid vor und drehte sich zu mir: „Was hältst du davon?" Es war schön, aber vielleicht etwas zu warm zum Ausgehen mit den halblangen, engeren Ärmeln. „Mmmh, eher nicht", war deshalb meine absolut unfachmännische Meinung.

Ruby nahm sich ein anderes Kleid und fragte erneut, was ich davon hielt. Ich sah mir das schwarze Kleid genauer an. Es hatte nur Trägerärmel und einen schwingenden Rock. Ich legte den Kopf schief und meinte: „Schaut gut aus. Zieh's doch einmal an." Mit einem kurzen Nicken zog sie sich um und ging zum Spiegel im Gang. Sie drehte sich hin und her, ehe sie skeptisch ihrem Spiegelbild entgegenblickte und sich wieder zu mir drehte. „Das ist jetzt vielleicht eine ungünstige Frage, aber: Sehe ich in diesem Kleid fett aus?"

Ich sah mir meine Freundin abwägend an und schüttelte den Kopf: „Nein. Nein absolut nicht. Ich finde mein brauner Gürtel würde wunderbar dazu passen." Böse schaute mich Ruby an und äußerte sich beleidigt: „Könnten wir bitte beim Thema bleiben?" Ich hob abwehrend die Hände und erwiderte mit einem leicht sarkastischen Unterton: „Entschuldigung."

Mich ignorierend betrachtete sie sich abermals im Spiegel und ging kopfschüttelnd wieder ins Schlafzimmer, um sich etwas Anderes zu suchen. Sie probierte bestimmt zwei Stunden lang sämtliche Kombinationen aus, die ihre Kleidung hergab, bis sie sich endlich für einen einfachen schwarzen Rock und einem kurzärmligen gestreiften T-Shirt mit einer Oversize-Weste entschieden hatte. Na endlich! Normalerweise braucht das Mädchen doch auch nicht so lange. Ouuuhhh! Sie wollte sich bestimmt für Connie hübsch machen. Wie süüüüüß.

„So, dann gehen wir uns mal schminken", meinte Ruby und ging ins Bad. Ich wollte mich nun auch daran machen, mir zu überlegen, was ich anziehen sollte, da ertönte Rubys Stimme erneut hinter mir. „Darf ich dich dann schminken?" Ich machte eine Kehrtwende und blickte in Ruby fragendes Gesicht. Einmal durchatmend verdrehte ich die Augen und antwortete: „Wenn du unbedingt willst." Ein breites Grinsen erschien auf ihrem Gesicht und sie verschwand wieder aus der Tür.

Kopfschüttelnd wandte ich mich wieder dem Wandschrank zu und durchsuchte nun ebenfalls meine Sachen. Zehn Minuten später entschied ich mich für ein knielanges dunkelblaues Kleid, welches mit Blumen bedruckt war. Meine Haare ließ ich offen, da ich einfach keine Lust zu irgendetwas hatte. Also wartete ich nur noch darauf, dass Ruby mir ihr Make-up in die Visage klatschen konnte.

Als Ruby mit sich selbst fertig war und nun MEIN Gesicht vollpinseln durfte, glaube ich, hatte sie mehr Freude als auf dem Konzert ihrer Lieblingsband. Sie brauchte etwa eine Viertelstunde. Danach durfte ich mich im Spiegel betrachten. Ich sah nicht schlecht aus mit den leicht roten Lippen und dem dezenten Lidschatten.

Erwartungsvoll beobachtete Ruby mich und wartete auf meine Reaktion. „Sieht ganz gut aus. Muss ich leider sagen." Mit einem „Hey!" schlug sie nach mir und fragte gespielt beleidigt: „Was heißt hier leider?" Nun begann ich zu lachen und versuchte möglichst ernst zu sagen: „Nein, es sieht wirklich gut aus." Nach wie vor in ihrer Rolle erwiderte sie: „Das möchte ich auch meinen." Wir sahen uns noch einen Moment an, ehe wir beide erneut zu Lachen anfingen.

„Was ist denn hier los?", wurden wir von der Tür aus mit einem belustigten Ton gefragt und somit aus unserem Lachen gerissen. Connie stand am Türrahmen gelehnt in einer eleganten, schwarzen Jean und einem hellgelben Hemd. Selbst seine Schuhe waren polierte Lackschuh. Junge, Junge, ... so ein Aufzug hatte schon was. Ruby würde mir den Hals umdrehen für diesen Gedanken.

Attack on Titan becomes reality 2 - Willkommen in der RealitätWo Geschichten leben. Entdecke jetzt