5. Selfless Care

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Beschwingt und immer noch an den Händen haltend, liefen Magnus und ich durch die belebte Innenstadt und begutachteten dabei die fragwürdige Mode so mancher Boutiquen. Ich versuchte die verdutzten Blicke der anderen Passanten zu ignorieren, denn Magnus schienen sie ebenso wenig zu kümmern. Er ging so offen mit seiner Sexualität um, sodass er mir damit selbst Mut machte und mich darin bestärkte, dass nichts falsch daran war, auf diese Weise für einen Mann zu empfinden.

Magnus erzählte mir allerhand Dinge aus seinem Leben und seinem Alltag, wie es bei ihm auf der Arbeit lief und womit er seine Freizeit am liebsten verbrachte. Er erzählte mir außerdem, dass er als Modeberater in einer kleinen Boutique für ausgefallene Herrenmode arbeitete. Ich hörte regelrecht seine Begeisterung für die Tätigkeit und die Liebe zu seinem Job aus seiner Stimme heraus. Im Anschluss fragte ich ihn was er sonst noch für Interessen hatte. Freudig berichtete Magnus, dass seine größte Leidenschaft neben shoppen gehen, die Fotografie war. Am liebsten fotografierte er Menschen und die Dinge in der Natur. Ich mochte die Art, wie er sich ausdrückte. Immer sehr gewählt und höflich, fast so als stammte er aus einer anderen Zeit. Dabei schenkte er mir immer wieder dieses umwerfende Lächeln, in das ich schon jetzt völlig vernarrt war.

Ich bewunderte Magnus ein wenig für sein unbeschwertes Leben, auch wenn ich mir vorstellen konnte, dass es nach dem Tod seiner Mutter alles andere als rosig für ihn war. Solch ein Verlust würde immer seine Spuren und Narben bei uns hinterlassen, dennoch durfte man nicht aufhören sein Leben bestmöglich zu leben. Wir alle hatten doch nur dieses eine.

Vielleicht würden auch meine Eltern irgendwann erkennen, dass sie mich in ihrem Leben brauchten. Ich war doch immerhin ihr Sohn. Weshalb konnten sie nicht einfach akzeptieren, wie ich bin? Wen kümmert es, welchem Geschlecht ich zugeneigt war? Aufgrund meiner Homosexualität war ich doch kein anderer Mensch geworden, sondern immer noch Alec, einfach nur Alec.

"Alexander ist alles in Ordnung? Du bist so still. Bedrückt dich etwas?", erkundigte sich Magnus mit besorgter Stimme. Ich hatte gar nicht gemerkt, wie meine Gedanken schon wieder abgedriftet waren. Seid ich vorhin den Brief meiner Eltern im Briefkasten entdeckt hatte, fragte ich mich die ganze Zeit was sie mir wohl auf diesem Weg mitteilen wollten. War der Brief von beiden, oder vielleicht von Mom? Plagte sie das schlechte Gewissen, oder folgten weitere Vorwürfe und Erniedrigungen. Ich hätte den Brief einfach herausholen können und mir somit Gewissheit verschafft, aber wollte ich das überhaupt?

Magnus verdiente die Wahrheit zu erfahren. Er sollte keineswegs denken, dass mir unser erstes Date nicht gefallen würde. Ich hatte mich so auf diesen Tag gefreut. Am liebsten würde ich Magnus zeigen wie sehr. Obwohl ich keinerlei Erfahrung mit Männern hatte, spürte ich den permanenten Drang in mir Magnus zu berühren, zu küssen und einfach nahe zu sein.

"Es ist nur... Ich wünschte, ich hätte so ein gutes Verhältnis zu meinen Eltern wie du es zu deinem Vater hast. Ich bewundere dich dafür, dass dein Leben geordnet ist und du es so gestalten kannst, wie du möchtest. Aus dir spricht die pure Lebensfreude. Mein Leben dagegen ist ein einziges Chaos. Der Bruch meiner Eltern, meine Geschwister, die ich nur noch selten zu Gesicht bekomme und mein Traum vom Studium, der in unerreichbare Ferne gerückt ist. Ich fühle mich einfach, als ob ich seit geraumer Zeit in einer Sackgasse stecke."

Als Magnus neben mir abrupt stehen blieb, hätte ich mich schon wieder dafür ohrfeigen können, dass ich ihm erneut die Ohren vollheulte. Vielleicht hätte ich einfach nichts sagen sollen. Magnus konnte mir bei alldem sowieso nicht helfen, dennoch tat es gut darüber zu sprechen.

Beschämt darüber, dass ich die Stimmung ruiniert hatte, blickte ich zu Boden und wartete darauf, dass mir Magnus auf höfliche Weise mitteilte, dass er nichts mehr mit mir zu tun haben wollte. Ich könnte es verstehen.

Doch statt dieser Reaktion bekam ich Verständnis und Einfühlungsvermögen von ihm. Magnus umfasste zärtlich meine Hände und sprach dann zu mir mit ruhiger Stimme: "Alexander, du hörst mir jetzt genau zu. Niemand, wirklich niemand hat ein perfektes Leben oder eine Bilderbuchfamilie. Wir alle haben unsere Päckchen im Leben zu tragen. Wir dürfen uns von diesem Ballast nur nicht runterziehen lassen. Du bist so ein wundervoller Mensch, Alexander. Lass dir bloß von niemanden etwas anderes einreden. Du magst doch deinen Job im Café und deine Chefin gehört zu deinen besten Freunden. Du kannst dich immer auf sie verlassen, hast du mir erzählt. Weißt du, wie viele Menschen überhaupt niemanden in ihrem Leben haben? Sei dankbar dafür. Vielleicht läuft gerade nicht alles planmäßig für dich, aber solange du ein Ziel vor Augen hast, gibt es immer einen Grund dafür zu kämpfen. Ich weiß nicht, ob ich so stark wie du gewesen wäre, wenn mich meine Eltern nach meinem Outing vor die Tür gesetzt hätten. Du bist stärker, als du selbst glaubst, Alexander. Hab Vertrauen in dich. Du bist nicht allein. Ich bin für dich da, immer. Komm zu mir, sprich mit mir, wenn deine Gedanken sich im Kreis drehen. Wir finden eine Lösung. Und falls du dachtest, ich würde mich wegen deinem chaotischen Leben, wie du sagtest, abwenden, muss ich dich leider enttäuschen. So schnell wirst du mich nicht mehr los", machte Magnus seinen Standpunkt mehr als deutlich.

Seine Worte berührten mich zutiefst. 'Wie konnte ein Mensch nur so perfekt sein?'Magnus war wirklich unglaublich. Auch ich würde ihn keineswegs wieder kampflos gehen lassen. "Danke, dass du das gerade gesagt hast, Magnus. Du hast keine Ahnung, wie viel mir das bedeutet", entgegnete ich aufrichtig, nachdem ich meine Stimme wiedergefunden hatte. Sehnlich zog ich Magnus in meine Arme und drückte ihn ganz fest an mich.

"Ich würde alles für dich tun Alexander, nur damit es dir gut geht", flüsterte Magnus mir ins Ohr und sorgte dafür, dass mein Herz vor Liebe überquoll. 'Selbstlosigkeit ist die höchste Form von Liebe' hatte ich einmal gelesen. Auch wenn es für Magnus mit Sicherheit noch zu früh war von solchen Gefühlen zu sprechen, für mich gab es keine Zweifel: Ich hatte mich bereits in diesen wunderbaren Mann verliebt, der so plötzlich in mein Leben getreten war.

Eine gefühlte Ewigkeit und doch zu kurz, standen Magnus und ich Arm in Arm mitten auf dem Gehweg und ließen die dutzenden Passanten einfach an uns vorbeiziehen. Die ganze Welt stand in diesem Augenblick für mich still. Ich wollte, dass es nie endete. "Gehen wir noch zu mir, Alexander? Ich könnte uns etwas kochen. Zudem habe ich eine exquisite und aufgefüllte Getränkebar. Ich glaube, wir könnten heute beide mal einen ordentlichen Drink vertragen", schlug mir Magnus grinsend vor, nachdem er sich von mir löste. "Klingt gut. Lass uns gehen."

Searching for LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt